Wie Baumärkte von Corona profitieren

Blumen, Dünger, Rasenmäher – die Deutschen haben noch nie so viel Geld für Garten und Balkon ausgegeben wie 2020. Die Branche spricht von einem auf lange Sicht nicht zu schlagenden Rekord. Vor allem Baumärkte und Gartenbaubranche profitieren.
Hornbach
Baumärkte wie Hornbach verzeichnen während der Corona-Pandemie Rekordumsätze. (© Hornbach)

Viele Haushalte haben in Zeiten von Homeoffice und Reisebeschränkungen mehr Geld für Garten und Balkon ausgegeben. Die deutsche Gartenbaubranche konnte ihre ursprünglichen Erwartungen im Corona-Jahr 2020 nach vorläufigen Zahlen deutlich übertreffen. Mit einem Umsatzplus von mehr als neun Prozent hätten die Betriebe „einen vermutlich auf lange Sicht nicht zu schlagenden Rekordumsatz von rund 20,7 Milliarden Euro“ erzielt, teilte der Industrieverband Garten (IVG) am Dienstag in Düsseldorf mit.

Kräftig gewachsen ist nach den IVG-Zahlen 2020 der Online-Handel mit Gartenprodukten. Er legte um gut 31 Prozent zu und kam auf einen Marktanteil von 6,9 Prozent. Dieses Jahr durften Blumengeschäfte und Gartenmärkte in allen Bundesländern am 8. März wieder öffnen. Mancherorts durften die Händler schon früher ihre Türen für Kunden aufmachen.

Corona stärkt Trend zum Cocooning

Ein Beispiel für den Aufschwung der Garten- und Heimgerätebranche ist der finnische Werkzeughersteller Fiskars, der sich inmitten der Corona-Krise auf dem deutschen Markt durchsetzen will. „Auch wenn das Jahr 2020 anders verlaufen ist als erwartet, ist es uns gelungen, die Marke Fiskars weiter zu stärken“, sagte unlängst Christoph Lergenmüller, PR & Communications Manager EMEA South von Fiskars, im Interview mit absatzwirtschaft.

Im Corona-Jahr 2020 stieg der Umsatz der Fiskars Group über alle Geschäftsgebiete hinweg immerhin leicht auf 1,122 Milliarden Euro. 2019 setzte Fiskars 1,090 Milliarden Euro um.

Die Zielgruppe von Fiskars sind Garten-Enthusiasten, die in der Erde knien und den Pflanzen beim Wachsen zuschauen wollen. (Quelle: Fiskars)

Schon vor der Pandemie habe Fiskars laut Lergenmüller „einen wachsenden Trend zum Cocooning beobachten“ können, also dem Rückzug ins eigene Zuhause. Zudem werde „Do-it-yourself“ (DIY) immer bedeutsamer. „Der coronabedingte Lockdown hat beide Entwicklungen noch einmal verstärkt. Viele Menschen haben die Wochen und Monate daheim genutzt, um Projekte in Haus und Garten umzusetzen“, nennt der Fiskars-Manager die Erfolgsfaktoren.

Corona beflügelt Online-Handel

Ähnliches wie Lergenmüller von Fiskars berichtete der absatzwirtschaft jüngst auch Philipp Möller, Geschäftsführer des DIY-Markts HORST: „Ich glaube, dass Corona bereits vorhandene Tendenzen bestärkt. Zum einen mehr Online-Handel. Zum anderen aber auch: Es wird hinterfragt, brauche ich das jetzt wirklich schon wieder neu oder kann ich dieses Kleidungsstück, diesen Gegenstand nicht noch länger benutzen? Und beim Neukauf darauf achten, dass es ein wertiges, langlebiges Produkt ist.“

Philipp Möller, Geschäftsführer von HORST, profitiert während Corona vom DIY-Trend.

Dabei dürfe man laut Möller „nicht übersehen, dass Corona vielen ja auch so zusetzt, dass sie jetzt mehr auf den Preis achten müssen“. Er sagt: „Gerade Selbermachen hat ja auch mit Preissensibilität zu tun! Und diese Aspekte: selber machen und wissen, wo es herkommt – das ist etwas, was durch Corona meiner Meinung nach verstärkt wird.“

Baumärkte sind die Gewinner

Es überrascht somit nicht, dass den Angaben des IVG zufolge Bau- und Heimwerkermärkte zu den großen Gewinnern im Geschäftsjahr 2020 zählten. Allein deren Umsatz mit Pflanzen und Gartengeräten legte um 16,5 Prozent zu. Mehr als ein Viertel (27,1 Prozent) des Gesamtumsatzes der Branche entfalle inzwischen auf die Baumärkte. Traditionelle Gärtnereien und der Blumenfachhandel hätten dagegen nur hoch einen Marktanteil von 13,7 Prozent.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes erzielten Gartenmärkte 2020 preisbereinigt 0,9 Prozent mehr Umsatz als im Vorjahr. Das Geschäft mit Blumen, Pflanzen, Sämereien und Düngemitteln habe von einer Erholung nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 profitiert, teilte die Behörde am Dienstag in Wiesbaden mit.

Hornbach eilt von Rekord zu Rekord

„Das Frühjahr ist die wichtigste Jahreszeit für Bau- und Gartenmärkte. Läuft das Geschäft im März, April und Mai nur schleppend, kommt es auch im Gesamtjahr nicht mehr richtig auf Touren“, sagt Karsten Kühn, Marketingvorstand von Hornbach. Entsprechend vertieften sich seine Sorgenfalten zunächst, als im März 2020 immer mehr Märkte für Privatkunden schließen mussten. „Mehr als jeder dritte Hornbach-Markt war dicht, teils wochenlang“, erinnert er sich.

In der Rückschau erscheinen ihm die damaligen Sorgen „kurios“. Kein Wunder: Hornbach verzeichnete 2020 das erfolgreichste Frühjahrsquartal in der Geschichte des Unternehmens – mit einem Umsatzwachstum von knapp 18 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum. Im Laufe des Jahres 2020 verkündete Hornbach weitere Rekordumsätze und Gewinnsteigerungen.

Hornbach-Marketingvorstand Kühn: „Während der Corona-Pandemie wurde der Cocooning-Trend noch einmal dynamisiert.“ (Quelle: Hornbach)

Kühn beruft sich beim Erfolgsrezept genau wie Möller und Lergenmüller unter anderem auf den Cocooning-Trend, der aus seiner Sicht während der Corona-Pandemie noch einmal „dynamisiert“ wurde. Er sagt: Viele Menschen „zogen aus dem ‚Machen‘ positive Energie und wirkten so dem drohenden ‚Lagerkoller‘ entgegen“.

(he, Jahrgang 1987) – Waschechter Insulaner, seit 2007 Wahl-Hamburger. Studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften und pendelte zehn Jahre als Redakteur zwischen Formel-1-Rennstrecke und Vierschanzentournee. Passion: Sportbusiness. Mit nachhaltiger Leidenschaft rund um die Kreislaufwirtschaft und ohne Scheuklappen: Print, live, digital.