Warum heißt die Marke so? Heute: Ohropax

Diese deutsche Marken-Ikone bietet bekanntlich Lärmschutz für die Ohren, in den ersten Jahrzehnten vornehmlich aus Wachs. Leicht paradox ist, dass diese Marke mit dem "Frieden" im Namen (lateinisch "pax") seinen Durchbruch dem Krieg verdankt.
Ohropax
Die Marke Ohropax – inspiriert durch die griechische Mythologie. (© Imago)

1907 gründete Max Negwer eine Fabrik für „pharmazeutische und kosmetische Spezialitäten“ in Berlin und brachte ein Jahr später die erste Packung „Ohropax Geräuschschützer“ auf den Markt. Das waren sechs Wachskugeln in einer Blechdose, die für den damals recht hohen Preis von einer Goldmark angeboten wurden. Der Name, der in deutsch-lateinischer Symbiose „Frieden für die Ohren“ ausdrücken soll, hatte sich Negwer selbst ausgedacht; er meldete ihn 1911 als Marke an.

Am Anfang verlief der Verkauf eher schleppend, bis ein Freund der Familie, Generalleutnant Freiherr von Dinklage, dem Kriegsministerium das Produkt empfahl. 1916, mitten im ersten Weltkrieg, führte das Deutsche Heer Ohropax ein.

Odysseus und die Sirenen

Der eigenen Firmengeschichte zufolge ließ sich Negwer durch die griechische Mythologie (Odysseus und die Sirenen) zu den Ohrstöpseln aus Wachs inspirieren. Zu seinem Freundeskreis gehörte auch eine gewisse Jenny Preis. Diese hatte zuvor schon ein Gebrauchsmuster für einen „Antiphon“ Geräuschschutz angemeldet, welches sie auf Lizenzbasis Negwer zur Verfügung stellte und damit die Grundlage für Ohropax lieferte.

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Das Unternehmen, das 1924 nach Potsdam zog, konzentrierte sich bald einzig und allein auf die Produktion von Ohropax. 1943 starb Max Negwer und seine Frau Erna übernahm den Betrieb, der nach 1945 verstaatlicht wurde.  Die Unternehmerfamilie floh in den Westen und begann neu, zunächst in Bad Homburg und seit 1991 in Wehrheim im Taunus.

Ohropax als Gattungsmarke

Heute ist das Unternehmen immer noch in Familienbesitz und produziert neben dem weiterhin angebotenen Klassiker aus Wachs inzwischen auch Lärmdämpfstöpsel aus Schaumstoff und anderen Materialien. Der Markenname ist seit langem zum Gattungsbegriff für Ohrstöpsel geworden, was rechtlich die Marke schwächen kann, aber letztendlich ein Luxusproblem darstellt, das sich viele andere Markenartikler wünschen würden.

Der Artikel ist im Rahmen der monatlichen Kolumne „Warum heißt die Marke so?“ auch in der Print-Ausgabe der absatzwirtschaft erschienen. Einzelne Ausgaben oder ein Abo der absatzwirtschaft können Sie hier bestellen.

Dr. Bernd M. Samland ist Gründungsgeschäftsführer von Endmark und verantwortet damit seit 25 Jahren die Entwicklung von mehr als 1800 Markennamen. Er ist Fachbuchautor und Lehrbeauftragter am Management Center Innsbruck (MCI), an der TU Graz und an der Universität zu Köln. Im Juli 2020 erschien sein neues Buch "Naming für erfolgreiche Marken".