Pragmatisch an die Spitze: die neue Chefin von Lufthansa Cargo

In der Corona-Pandemie ist Luftfracht zum einzigen Gewinnbringer der Lufthansa-Gruppe geworden. Für den Vertrieb der Kapazitäten war eine Managerin zuständig, die nun an die Spitze der Airline tritt.
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"Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass eine Frau eine solche Position bekleidet, aber wenn man sich so umschaut, ist es das natürlich nicht", sagt Lufthansa-Managerin Dorothea von Boxberg. (© Oliver Rösler/Lufthansa Cargo)

Dorothea von Boxberg ist erst die zweite Frau, die im Lufthansa-Konzern die Leitung einer Airline übernimmt. Allzu großes Aufheben will die 47-jährige Wirtschaftsingenieurin davon nicht machen, ist aber auf der anderen Seite zufrieden, wenn ihre Karriere andere Frauen inspiriert. Zum 1. März übernimmt von Boxberg die Leitung der in Pandemie-Zeiten so erfolgreichen Frachttochter Lufthansa Cargo – mit weltweit rund 4500 Mitarbeitern.

„Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass eine Frau eine solche Position bekleidet, aber wenn man sich so umschaut, ist es das natürlich nicht“, sagt die verheiratete Mutter dreier Kinder. Einzige Vorgängerin im Unternehmen ist Christina Foerster, die vor ihrem Sprung in den Konzernvorstand knapp zwei Jahre die belgische Tochter Brussels Airlines geleitet hat.

Keine Verfechterin einer Frauen-Quote

Eine knallharte Verfechterin einer Frauen-Quote für Führungspositionen ist die neue Cargo-Chefin nicht. „Unternehmen müssen aber unterschiedliche Führungsstile zulassen und Frauen gezielt fördern, um althergebrachte Benachteiligungen auszugleichen.“ Zum Beispiel werde Durchsetzungsvermögen häufig mit männlich-dominanten Verhaltensweisen gleichgesetzt. „Ich kann die Dinge aber auch regeln, ohne auf den Tisch zu hauen oder laut zu werden“, sagt die pragmatische Managerin.

Sie selbst habe auch in größeren Runden „immer ihre Meinung eingebracht“ und gleichzeitig zu den richtigen Zeitpunkten passende Coachings erhalten. Von Boxberg sieht aber auch den weiblichen Führungsnachwuchs gefordert. „Die jungen Talente müssen sich auch zeigen.“ Grundsätzlich gebe es bei den internen Stellenausschreibungen weniger weibliche Bewerber als männliche, auch weil Frauen die eigenen Fähigkeiten zu kritisch bewerteten.


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Über Umwege in die Luftfahrt

Zur Luftfahrt ist die studierte Wirtschaftsingenieurin auf Umwegen gekommen. Nach sechs Jahren Beratertätigkeit bei Boston Consulting in Stuttgart wechselte sie 2005 zum Airline-Bündnis Star Alliance nach Frankfurt und zwei Jahre später zum Platzhirsch Lufthansa.

Bei der Frachttochter Lufthansa Cargo arbeitet von Boxberg seit 2015, bereits seit August 2018 ist sie Mitglied des Vorstands und verantwortet neben dem weltweiten Vertrieb zusätzlich das Handling außerhalb der Hubs Frankfurt und München, das Produktmanagement und Produktentwicklung, das Revenue Management, die Netzplanung sowie das Plattformmanagement der Austrian Airlines und Eurowings.

Bewegte Zeiten für die Lufthansa

Nun übernimmt von Boxberg Lufthansa Cargo in bewegten Pandemie-Zeiten. In der von Corona tiefrot gefärbten Konzernbilanz glänzte die Cargo nach dem dritten Quartal 2020 einsam mit einem operativen Gewinn (bereinigtes EBIT) von 446 Millionen Euro. Neue Zahlen will der Konzern am 4. März berichten.

Das Geschäft mit der Luftfracht lohnt sich momentan mehr denn je: Frachträume sind eben ein knappes und teures Gut, wenn Tausende Passagierflüge mit ihren Beilademöglichkeiten abgesagt werden müssen. Der zunächst langsam angelaufene Transport von Corona-Impfstoffen ist dabei nur eine Facette, die mengenmäßig kaum ins Gewicht fällt. Auch in der aktuellen Lage helfen die Beiladungen, dass sich die wenigen Interkontinentalflüge mit Passagiermaschinen überhaupt rechnen. Rückgrat der LH Cargo mit rund 300 Destinationen weltweit ist aber die grundsanierte Frachterflotte mit derzeit 9 hoch-effizienten Boeing 777-Jets. Die vier noch vorhandenen MD-11 sollen im Laufe des Jahres ausrangiert werden.

Digitalisierung der Frachtprozesse als zentrale Aufgabe

Als zentrale Aufgabe sieht von Boxberg die weitere Digitalisierung der Frachtprozesse vor sich. Zu viel wertvolle Zeit gehe verloren, weil die beteiligten Partner erst mit Eintreffen der transportierten Güter die zugehörigen Daten erhalten. Außerdem steht der erst kürzlich von Konzern-Aufsichtsrat gebilligte Komplett-Umbau des Frankfurter Cargo-Centers an, über das rund 80 Prozent der Lufthansa-Fracht umgeschlagen werden. Planungen für einen 1,3 Milliarden Euro teuren Neubau hatte Lufthansa im Jahr 2016 gestoppt.

he/dpa