Deutsche-Bank-Marketingchef: „Effizienz wird ein Meta-Thema“

Teil 7 und Schluss unserer Serie "Knopf an 2019 - Kopf an, 2020": Im exklusiven Gastbeitrag erklärt Tim Alexander, Chief Marketing Officer für das Privat- und Firmenkundengeschäft der Deutschen Bank, wozu das Kreditinstitut ein Kundenerlebnislabor braucht und wieso das Marketing nach zwei Jahren Aufbau- und Experimentierarbeit nun die Schlagzahl erhöhen will.
Tim Alexander: "Kundenbedürfnisse, rationale wie emotionale, differenzieren sich immer schneller und feiner." (© Deutsche Bank)

Von Tim Alexander, Chief Marketing Officer für das Privat- und Firmenkundengeschäft, Deutsche Bank

2019 – von Customer Centricity zur Customer Obsession

Marketing ist kundenzentriert. Klingt wie eine Binsenweisheit, ist so einfach aber nicht und war es auch nicht in 2019. Denn Kundenbedürfnisse, rationale wie emotionale, differenzieren sich immer schneller und feiner. Die Digitalisierung ist ein starker Treiber dieser Entwicklung. Ein weiterer ist die umfassende Emanzipierung der Kunden. Mit dem Handy als Zepter in der Hand herrscht König Kunde 24/7. Unter diesen Bedingungen wird es für das Marketing immer schwerer, die Unternehmensanliegen und -angebote mit den Kundenbedürfnissen zu synchronisieren.

Mit dem Handy als Zepter in der Hand herrscht König Kunde 24/7″

Um dieser Rolle im Privatkundengeschäft der Deutschen Bank mit zwei starken Hauptmarken, nämlich Deutsche Bank und Postbank, mehr als 19 Millionen Kunden und rund einer Million Filialbesuchen täglich gerecht zu werden, haben wir in 2019 unser Human Centered Marketing weiter ausgebaut. Hier betreiben wir Marktforschung, erarbeiten Kundeninsights, entwickeln bruchlose Kundenerlebnisketten und ein überzeugendes Kundenerlebnis. Neue Methoden und Formate wie Customer Safaris, bei denen wir Kunden und Interessenten in ihrem Alltag begleiten, und agile Co-Kreative-Ansätze haben geholfen, den Wirkungsgrad des Human Centered Marketings zu erhöhen. Dennoch ähnelten die Anstrengungen für mehr Kundenorientierung auch im letzten Jahr dem Bohren dicker Bretter: Ohne Ausdauer, Gestaltungsauftrag und Siloabbau gelingt das nicht. Gleichwohl haben wir die nächste Stufe gezündet.


Vita: Tim Alexander

Tim Alexander ist seit Juli 2017 Marketingchef der Deutschen Bank. Die Aufgabe, das Image des größten deutschen Kreditinstituts aufzupolieren, hat er selbst bei seinem Antritt als „Ironman“, die härteste Form des Triathlons, bezeichnet. Vor seinem Engagement in Frankfurt hat der Werbekaufmann und Betriebswirt bereits das Marketing von Telekommunikationsanbietern wie der Schweizer Swisscom und Telefonica Deutschland verantwortet. Außerdem arbeitete der 44-Jährige für die Daimler AG sowie für die Agenturen Saatchi & Saatchi und Grey.


Von der Kundenzentrierung wollen wir zur Kunden-Obsession gelangen. Dafür haben wir unter anderem ein Kundenerlebnislabor eingerichtet. Es besteht aus Installationen in den Filialen sowohl der Deutschen Bank als auch der Postbank, sowie aus Kundenwohnzimmern und einem Datenraum. Das Labor macht deutlich, wie der Kunde die Bank erlebt – und diese Kundenkontaktpunkte entwickeln wir weiter. Außerdem nutzen wir das Labor, um anderen Bereichen der Bank zu zeigen, wie unsere Kunden unsere Produkte und Prozesse sehen – damit wir diese mit Fachbereichen wie Produktmanagement, IT und Operations weiterentwickeln können. So lösen wir gleichzeitig unseren Anspruch ein, ein kraftvoller Transmissionsriemen für den kulturellen und inhaltlichen Wandel der Deutschen Bank zu sein.

Kraft braucht immer auch Richtung, um positiv zu wirken. Da hilft unser Marketingmix-Modell, das wir erfolgreich eingeführt haben. KI-basiert und somit lernend ermöglicht es unter Berücksichtigung von rund 1000 internen und externen Variablen eine ganze Reihe von Dingen: die optimale Budgetallokation auf Brand-, Produkt- und Kanalebene zu finden, die Anzahl von Abschlüssen und Leads zu maximieren, strategische Planung und Erfolgsschätzung über alle Ebenen und relevante Produktgruppen zu bewerkstelligen, Budget- und Strategieänderungen in Hinblick auf ihre Auswirkungen zu simulieren sowie Maßnahmen zu messen, um daraus Handlungsempfehlungen für künftige Aktivitäten abzuleiten.

2020 – verstetigen, vereinfachen, vertiefen

Kulturell und inhaltlich wandeln wollen wir uns auch als Marketing-Organisation. Unser strategisches Ziel lautet bis 2022 einer der innovativsten Marketing-Bereiche in Deutschland zu sein. Mit einer prozessorientierten Aufstellung („Hear“, „Create“, „Deliver“ plus „Empower“ und „Enable“) haben wir in diesem Sinne im letzten Jahr begonnen, das Fundament für ein innovatives und ganzheitliches Kundenmanagement zu legen. Diese Aufstellung wollen wir im neuen Jahr weiterentwickeln. Ein Baustein dafür ist auch, dass wir unseren Net-Promotor-Score-Ansatz (NPS) und somit den Fokus auf die Weiterempfehlungsrate als universellen KPI ausbauen – ein strategisches Fokusthema für 2020.

Wir setzen dabei auf Skalierung und Industrialisierung. Nach der Aufbau- und Experimentierarbeit der letzten zwei Jahre wissen wir nun, was wie geht. Also wollen wir jetzt die Schlagzahl erhöhen, effizienter werden und für einen höheren Durchlauf an Themen und Aufgaben sorgen. Effizienz wird auch deswegen ein Meta-Thema für uns sein, weil unsere Geschäfts- und Marketingziele anspruchsvoll und das wirtschaftliche Umfeld gleichzeitig fordernd ist.

Ist das schlimm? Ich finde nicht. Als strategische Unternehmensfunktion tragen wir Mitverantwortung für das Geschäftsergebnis. Entsprechend managen wir unsere Budgets und Ressourcen. Ausgangspunkt dafür ist unser Marketingmix-Modell. Wir werden es weiterentwickeln und sind dadurch noch stärker in der Fokussierung.

Inhaltlich wird das Thema Nachhaltigkeit für uns weiter an Bedeutung gewinnen.“

Um erfolgreicher in der Neukundengewinnung zu werden und dabei insbesondere Zielgruppen unter 30 Jahren zu überzeugen, haben wir unser Persona-Modell 2019 weiterentwickelt. 2020 kommt’s zum Schwur: Wir rollen es aus und werden es erstmals in größeren Zusammenhängen nutzen, beispielsweise für unsere neue Kampagne.

Unsere Kampagnen wollen wir dabei schneller und effizienter erarbeiten und durch unsere neuen digitalen Möglichkeiten personalisieren. Inhaltlich wird das Thema Nachhaltigkeit für uns weiter an Bedeutung gewinnen. Von Baumpflanzaktionen für jedes aktivierte digitale Kunden-Postfach bis hin zur Initiative „The Mission“, bei der wir gemeinsam mit Studierenden Innovationsprojekte und Produkte für ein nachhaltiges Banking auf den Weg bringen. Zum Beispiel können wir mit unserer holistischen Kundensicht dazu beitragen, Transparenz über den individuellen CO2-Verbrauch zu bekommen. Ganz einfach in unsere Banking App integriert. Das macht uns zum modernen Begleiter unserer Kunden und zeigt den positiven Beitrag auf, den wir tagtäglich als Bank erbringen.


Weitere Gastbeiträge von Marketingentscheidern aus der Serie „Knopf an 2019 – Kopf an, 2020″:


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