Was Marken und Manager von Niki Lauda lernen können

Niki Lauda, eine Ikone des Rennsports, ein echter Typ, ein Mensch mit Ecken und Kanten, ist tot. Die Welt trauert um eine große Persönlichkeit und ein wahres Vorbild. Wie meinte der verstorbene Karl Lagerfeld so treffend: Persönlichkeit fängt dort an, wo der Vergleich aufhört. Niki Lauda war einzigartig. Eine Hommage.
Eine beeindruckender Persönlichkeit, aber auch eine Marke: Der Mann mit der roten Kappe und dem von Verbrennungen gezeichneten Gesicht.

Niki Lauda hat als Rennfahrer und Mensch viele Höhen und unendliche Tiefen erlebt. Das Leben ist eben keine Gerade, weder für Menschen noch für Marken. Doch wie er damit umgegangen ist, ist ein Lehrstück für Manager. Ein paar aus meiner Sicht wesentliche Aspekte möchte ich hervorheben:

Niki Lauda hat nach seinem tragischen Unfall 1976 in der Nordschleife des Nürburgrings eine Grenzerfahrung gemacht und dem Tod ins Auge geschaut. Er musste lange um sein Leben kämpfen. Nur 42 Tage nach seinem Unfall saß er wieder im Cockpit seines Ferraris und wurde in Monza sensationell Vierter – mit Verband und blutendem Kopf. Aufhören und aufgeben war für ihn keine Alternative. Geben wir vielleicht alle zu schnell auf, wenn etwas nicht funktioniert oder uns der Gegenwind zu stark ins Gesicht bläst? Never give up! Das ist die Botschaft. Aus Niederlagen lernt man mehr als aus Siegen. Man darf sich davon nur nicht aus der Spur bringen lassen.

Professor Franz-Rudolf Esch

Niki Lauda war ehrlich und übernahm Verantwortung. Als er bei seinem letzten Rennen in Japan bei heftigem Regen nach der zweiten Runde aus dem Auto stieg und das Rennen beendete, verlor er die Weltmeisterschaft an seinen Rivalen James Hunt. Aber er blieb sich selbst treu: Statt den Weg in die Box mit einem technischen Defekt zu begründen, wie vom Rennstall vorgeschlagen, nannte er den Reportern den wahren Grund: Seine Angst, ein zweites Drama wie am Nürburgring zu erleben. Sind wir immer so ehrlich zu uns selbst oder zu anderen oder suchen wir lieber den leichten Weg der Ausrede?

Niki Lauda war ein begnadeter Rennfahrer, er war schnell, aber er war kein Hasardeur. Er ging kalkulierbare Risiken ein. Er fuhr nicht nur mit begnadeter Begabung, sondern auch und vor allem mit Hirn. Wie sieht es mit kalkulierbaren Risiken im Management und bei Marken aus? Lassen wir uns hier vielleicht zu leicht durch wohlklingende Ansätze und Opportunitäten verführen und investieren in Dinge, die wenig bis nichts bringen, statt analytisch und kalkuliert das zu betreiben, was für die Marke gut ist?

Niki Lauda war besessen von den Details. Er war ein Meister der Vorbereitung und ein Meister des technischen Verständnisses, um sein Auto auf Bestleistung zu trimmen. Natürlich müssen Manager den Überblick bewahren. Dennoch muss man sich die Frage stellen, ob wir bei den ganzen Anforderungen und der zunehmenden Komplexität die Liebe zu den Details verlieren, die am Ende des Tages den Unterschied machen. Wir wissen: 70 Prozent der Unternehmen scheitern an der Umsetzung und nicht an der Strategie.

Niki Lauda war hartnäckig und diszipliniert. Er blieb dran, auch wenn es weh tat, als Rennfahrer und als Unternehmer. Als sein Flugzeug 1991 auf dem Weg von Hongkong über Bangkok nach Wien abstürzte, suchte er so lange nach der Ursache, bis er beweisen konnte, dass der Fehler bei Boeing lag und nicht bei Lauda Air. Wie diszipliniert und hartnäckig sind wir in der Verfolgung unserer Ziele?

Niki Lauda hatte immer „skin in the game“. Als Rennfahrer stieg er in das Rennauto ein, obwohl er wusste, dass jedes Jahr zwei von 25 Rennfahrern sterben. Als Unternehmer stand er ebenfalls zu seiner Verantwortung. Wie sähe die Welt aus, wenn jeder Manager gleichermaßen „skin in the game“ hätte, so wie ein Unternehmer? Und wie die Entlohnungssysteme oder sollte man besser die Beteiligungssysteme an Gewinnen und Verlusten sagen?

Niki Lauda hatte immer eine klare Vision, die er erreichen wollte. Als er sich von seinen Eltern losgesagt hatte, weil diese ihn nicht bei seiner Karriere als Rennfahrer unterstützen wollten, formulierte er diese klar und meinte sinngemäß, dass sie es bereuen würden, wenn er Weltmeister würde und auf den Titelblättern der Zeitungen zu sehen wäre. Wir nennen dies „vivid description“. Wie steht es um Ihre Vision? Wie heißt es so schön: Ohne Ziel kein Weg.

Niki Lauda blieb sich immer selbst treu. Er war immer er selbst, auch wenn er sich über die Jahre entwickelt hat: als Rennfahrer, als Unternehmer, als Mensch. Wie viele Manager und Marken bleiben sich selbst treu und entwickeln sich aus dem Kern ihrer Persönlichkeit wirklich weiter? Wenige, wenn man den Ergebnissen von Havas folgt, wonach 77 Prozent der Marken verzichtbar sind.

Niki Lauda war reflektiert: Er sah sich und das was er tat mit kritischer Distanz. Ansonsten hätte er nicht gesagt, dass Rennfahrer „Egoistenschweine“ sind oder von der kleinen Welt der Zirkusaffen gesprochen. Diese kritische Reflektion half ihm sicherlich dabei, das Richtige zu tun und die kritische Distanz zu dem was er tat zu bewahren. Wie oft schauen wir mit einem neutralen Auge, dem eines Außenstehenden, auf das, was wir tun?

Wir alle verbinden mit Niki Lauda ein Bild: Der Mann mit der roten Kappe und dem von Verbrennungen gezeichneten Gesicht: direkt, kauzig, auf dem Punkt, schonungslos und doch ein Mensch. Von wie vielen Marken haben wir ein solch klares Bild? Und das Kriterium für die Klarheit des Markenbildes war sicherlich nicht, dass er besonders „sexy“ oder „zeitgemäß“ und „modern“ daherkam, aber eben authentisch. Und genau das machte ihn so attraktiv.

Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch ist Gründer von ESCH. The Brand Consultants in Saarlouis und Direktor des Instituts für Marken- und Kommunikationsforschung an der EBS Business School in Wiesbaden.