Von Dänemark ins MET: Wie Lakritz zum Luxusprodukt wurde

Lakritz polarisiert – und doch schafft es ein dänisches Unternehmen, die Süßigkeit als Premium-Snack zu etablieren. Ein Gespräch mit CEO Fredrik Nilsson über die Kunst des Brandings, mutige Geschmacksexperimente und den unerwarteten Erfolg in den USA.
Lakrids by Johan Bülow ist die Marke, die Bülow 2007 mit 23 Jahren auf Bornholm gründete. (© Lakrids by Bülow)

New York, Metropolitan Museum of Art. Nach einem langen Rundgang durch die Sammlungen von Van Gogh, Klimt und Rothko steuere ich den Museumsshop des MET an. Zwischen kunstvollen Bildbänden und exklusiven Souvenirs entdecke ich etwas Unerwartetes: Ein Regal mit Lakritz – und zwar nicht irgendein Lakritz, sondern das dänische Lakrids by Bülow. In einem der renommiertesten Museen der Welt, auf einem anderen Kontinent, findet sich eine Süßigkeit, dessen Geschmack in Europa oft diskutiert wird. Wie hat es dieses Unternehmen geschafft, Lakritz als Luxusprodukt international erfolgreich zu machen?

Von der Nische zur Premium-Marke

„Wir sind heute eigentlich ein Schokoladenunternehmen mit einem Lakritz-Twist“, sagt Fredrik Nilsson, CEO von Lakrids by Bülow. Die Reise begann 2007 mit Johan Bülow, der Lakritz neu denken wollte: hochwertig, glutenfrei, ohne künstliche Farbstoffe und in Kombination mit Schokolade. Während viele klassische Süßwarenmarken Lakritz als traditionelles Produkt belassen, setzte Bülow auf eine Gourmet-Strategie.

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CEO Fredrik Nilsson (© Lakrids by Bülow)

Heute verkauft das Unternehmen seine Produkte in über 35 Ländern und erwirtschaftete 2024 einen Umsatz von 50,4 Millionen Euro, mit Deutschland als wichtigstem Markt. Mehr als 90 Prozent des Umsatzes entfallen inzwischen auf schokolierte Produkte – eine clevere Entscheidung, um Lakritz für ein breiteres Publikum zugänglich zu machen. „Verkostungen sind essenziell“, erklärt Nilsson. „Wer unser Lakritz einmal probiert, wird oft überrascht und bleibt dabei.“

Ein Geschmack, der auch Skeptiker überzeugt

Lakritz ist nicht für jeden. Besonders in Märkten außerhalb Skandinaviens ist Skepsis groß. „Je weiter wir uns von den nordischen Ländern entfernen, desto herausfordernder wird es“, gibt Nilsson zu. Doch statt sich davon abschrecken zu lassen, sieht er darin eine Chance. In den USA etwa sei schwarzes Lakritz kaum verbreitet, doch die Kombination mit Schokolade verändere das Geschmackserlebnis komplett.

Entscheidend für den Erfolg ist auch die Vielfalt: Neben klassischen Sorten setzt das Unternehmen auf besondere Kreationen wie Passionsfrucht, Chili oder salzige Erdbeere. „Wir experimentieren ständig in unserem Kreativlabor in Kopenhagen“, erzählt Nilsson. Kunden können sogar über die Community „Lakrids Lovers“ Einfluss auf die Produktentwicklung nehmen.

Das gesamte Lakritz wird in einer kleinen Fabrik in Hvidovre vor den Toren Kopenhagens hergestellt. Wer neugierig auf diesen Prozess ist, kann die Fabrik besichtigen und an einer Führung durch die Produktion teilnehmen.


Markenästhetik mit Verantwortung

Ein Premium-Produkt braucht auch eine Premium-Inszenierung. „Von Anfang an war uns bewusst, dass Storytelling eine zentrale Rolle spielt“, so Nilsson. Die Marke setzt auf eine klare Designsprache, ästhetische Verpackungen und hochwertige Social-Media-Kampagnen. Besonders gut funktionieren Inhalte, die den Herstellungsprozess in der dänischen Fabrik zeigen. Der Erfolg spricht für sich: Lakrids by Bülow ist heute nicht nur in Luxuskaufhäusern wie Harrods oder KaDeWe vertreten, sondern findet seinen Platz auch in handverlesenen Shops – wie dem Museumsshop des MET.

Neben Geschmack und Branding ist Nachhaltigkeit ein weiteres Kernthema der Marke. 2023 erhielt Lakrids by Bülow die B Corp-Zertifizierung, ein Meilenstein für nachhaltige Unternehmensführung. „Wir arbeiten täglich daran, unsere Produktion noch umweltfreundlicher zu gestalten“, betont Nilsson. Das betrifft sowohl die Rohstoffe als auch die Verpackungen – und ist für die Kunden ein wichtiger Kaufanreiz.

Vom dänischen Geheimtipp zur globalen Gourmetmarke

Dass Lakrids by Bülow heute weltweit als Luxusprodukt wahrgenommen wird, ist kein Zufall. Es ist das Ergebnis einer konsequenten Strategie: eine klare Markenführung, Produktinnovation, exzellentes Design und der Mut, ein polarisierendes Produkt in eine neue Dimension zu heben.

Und so bleibt die Frage, die mich im MET-Shop in New York beschäftigte, letztlich leicht zu beantworten: Warum ist Lakrids by Bülow hier? Weil es gelungen ist, aus einem Nischenprodukt eine Premium-Experience zu machen – eine, die nicht nur Lakritz-Liebhaber begeistert.

Im Volksmund heißt es, über Kunst lasse sich streiten – genau wie über den Geschmack von Lakritz. Eine weitere Verbindung zwischen dem MET und Lakrids by Bülow.

Anna Lena Hartmann (alh, Jahrgang 1997) ist seit August 2023 Werkstudentin bei der absatzwirtschaft. Im grünen Herzen Deutschlands aufgewachsen, lebt sie nun aufgrund ihres Germanistikstudiums in Leipzig. Zuvor verbrachte sie einige Jahre an der juristischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Ihr breites Wissens- und Interessenspektrum betrifft Themen wie Sport, Wirtschaft und Gesundheit.