Studien im Marketing: Ohne Empathie keine Erkenntnisse

Werbetreibende orientieren sich gerne an den Erkenntnissen aus Studien und Analysen. Doch welche sind wirklich hilfreich und welche kosten nur Geld? Kernaufgabe aller, die mit Studien arbeiten, ist es, Komplexität zu reduzieren, um Insights im Daten-Ozean zu erkennen, findet unsere Gastautorin Alison Segar von der Kreativagentur McCann.
Alison Segar ist Chief Strategy Officer von McCann Deutschland. (© McCann)

Von Alison Segar

Studien und Datenquellen gibt es wie Sand am Meer: Von Media-Studien wie AWA oder B4P über internationale Branchenlösungen wie Contagious, Economist, Harvard Business Review oder den Global Web Index zu Forschungsinstituten wie Rheingold oder Zukunftsinstitut. Auch Case-Studies können veranschaulichen, die Business Probleme der Kunden zu verstehen. Zeitlose Klassiker wie das Buch von Les Binets „Marketing In the Era of Accountability“, der ebenfalls Daten zu Marktsituation, Kampagnen und Ergebnisse liefert, sollte man als Grundlage immer im Hinterkopf behalten. Und Byron Sharps „How brands grow“ ist ein provokatives Buch, das uns auffordert, Erkenntnisse stets zu hinterfragen.

Die Menge an verfügbaren Daten hat unsere mentale Kapazität längst überschritten. Kernaufgabe aller, die mit Studien arbeiten, ist es deshalb, Komplexität zu reduzieren, um Insights im Daten-Ozean zu erkennen.

Provokante Fragen setzen Anreize

Natürlich hilft es, erst einmal, gezielt die Headline und die Zusammenfassung einer Studie zu überfliegen. Liefert sie eine frische und menschlich relevante Perspektive auf das Thema? Provokante Fragen bringen Menschen dazu, ihre Meinung zu überdenken und überraschend interessante Antworten zu triggern. Industrien, die zwischen Lobbyarbeit und Marktforschung changieren, können oft zu selbst-referentiellen Studienergebnissen kommen.

Bei der Analyse müssen wir den nüchternen Tabellen mit dem Blick der Empathie begegnen. Es hilft alles, das die Psyche der Konsumenten neu und frisch beleuchtet: Interessante Denkstrukturen, neue Touchpoint-Möglichkeiten und Journey-Momente. Alle erhobenen Daten sind nur dann wertvoll, wenn daraus erst neue Beobachtungen und dann Aktionen abgeleitet werden können.

Tech-Spezialisten vs. klassische Marktforscher

Eine klare Visualisierung der Ergebnisse durch Infografiken oder Illustrationen vereinfacht die Weiterverarbeitung erheblich. Was Design und Usability von Daten angeht, haben Tech-Unternehmen wie zum Beispiel Yougov und Google Think die klassische Marktforschungs-Branche überholt. Mit ihren interaktiven Dashboards kann man hier aus der Masse der Daten handhabbare, und individuelle Charts bauen.

Generell bilden Studienergebnisse viel zu oft die Gesellschaft, den Ist-Zustand und Mehrheitsmeinungen ab. Die wenigsten deutschen Studien bieten beispielsweise die Möglichkeit, „divers“ als Geschlecht auszuwählen. Das ist eine Festschreibung, die heute nicht mehr aktuell ist. Und das ist mit einer der Gründe, warum wir bei McCann eigene Untersuchungen, die Truth Studies, erheben. Wir wollen vorausschauend sein, verantwortungsvoll die Zukunft mitgestalten. Das ist eine große Verantwortung für alle, die Studien erstellen.