Grüne Kreisläufe 

Ressourcensparend und klimaneutral? Mit einer Initiative gegen Greenwashing verstärkt die EU den Druck auf Unternehmen, solche Werbeversprechen einzuhalten. Das DIN hat die Normungsroadmap Circular Economy vorgestellt, und ein Regensburger Start-up setzt sich für plastikfreie Malerutensilien ein.
Laut einer Studie sind 53 Prozent der Angaben zur Umweltverträglichkeit eines Produkts substanzlos oder irreführend. (© Unsplash/Rodrigo Kugnharski )

Eigentlich sollte dieser Newsletter mit der ersten in Deutschland produzierten plastikfreien Farbwanne beginnen. Dann aber kam aktuell die Meldung, dass die EU zwei neue Insektenprodukte als Lebensmittel zugelassen hat: Larven des Getreideschimmelkäfers und pulverisierte Heimchen. Grille schlägt Farbwanne (zu Letzterer weiter unten mehr).  

Insekten-Food ist gut für Gesundheit und Weltklima und außerdem ein hochinteressantes neues Geschäftsfeld. Der Ernährungswissenschaftler Florian Schweigert hat ein ganzes Buch über „Chancen und Vorzüge des alltäglichen Insektenverzehrs“ verfasst und hält es für ein „Nahrungsmittel der Zukunft“. Die Herausforderungen fürs Marketing sind allerdings gewaltig. In der nächsten Print-Ausgabe der absatzwirtschaft, die am 3. Februar erscheint, wird zu lesen sein, wie der Ekelfaktor entsteht und was Hersteller*innen ihm entgegensetzen können. 

Gesetzentwurf gegen Greenwashing 

Die EU ist seit Jahresbeginn auch sonst sehr aktiv. Für Aufregung sorgt in der Branche insbesondere der Plan der Kommission, gegen Greenwashing vorzugehen. Das war bereits im Rahmen des Green Deals angekündigt worden, nachdem eine Studie ergeben hatte, dass 53 Prozent der Angaben zur Umweltverträglichkeit eines Produkts substanzlos oder irreführend sind. Der Gesetzentwurf, der mehreren Nachrichtenagenturen, darunter Reuters, nun vorliegt, hat es in sich. 

Demnach dürfen Marken künftig Beschreibungen wie „klimaneutral“ oder „enthält recycelte Materialien“ nicht mehr ohne Belege verwenden; vielmehr soll grüne Werbung anhand eines 16-Punkte-Katalogs auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden. Überdies sollen Unternehmen, die mit positiven Effekten werben, zugleich negative benennen müssen. Allein diese Ankündigung dürfte der Kreislaufwirtschaft einen enormen Schub verleihen. Ganz so schnell wird die Umsetzung der Gesetzesinitiative aber wohl nicht gehen, schon weil der Kriterienkatalog noch fehlt.

Standards für kreislauffähige Produkte

Wer auch immer mit der undankbaren Aufgabe betraut werden wird, diesen zu entwickeln, könnte von einem Projekt profitieren, das ganz woanders angesiedelt ist. Vergangene Woche stellte das Deutsche Institut für Normung (DIN) seine Normungsroadmap Circular Economy vor. Ziel ist es, Standards für kreislauffähige Produkte zu entwickeln, um zum Beispiel belastbare Aussagen über die Qualität von Rezyklaten oder die Beschaffenheit von Textilabfällen treffen zu können. Das greift tief in Wertschöpfungsprozesse ein und wird große Bedeutung für die Unternehmenspraxis haben. Mehr als 200 Normungsbedarfe haben die Fachleute allein in Bereichen wie Kunststoffe, Verpackungen und Elektrotechnik identifiziert. Die komplette Roadmap und eine Zusammenfassung stehen hier zum Download

Circular Economy auch in Davos ein Thema 

Auch das Weltwirtschaftsforum hat sich mit Kreislaufwirtschaft beschäftigt und in Davos das White Paper „Circular Transformation of Industries“ vorgelegt. Aufschlussreich sind besonders die Fallstudien, sei es die Kooperation von Ralph Lauren mit einer Second-Hand-Plattform oder die Wiederaufbereitung der Batterien von Elektroautos durch Volkswagen-Tochter PowerCo. Überhaupt spielte Nachhaltigkeit in Davos eine große Rolle, was über dem Ukrainekrieg und seinen Folgen fast unterging. Aber auch das gab es: Industriecluster, die klimaneutral werden wollen; eine Selbstverpflichtung von Immobilienkonzernen, bis 2030 ihren CO2-Ausstoß zu halbieren; eine Kapitalspritze von 1,75 Millionen Schweizer Franken für Unternehmen, die Wasserknappheit bekämpfen

Kompostierbare Farbwanne aus Regensburg 

Von den Höhen der Schweizer Alpen ins bodenständige Niederbayern, denn da war sie ja noch, genau, die Farbwanne Made in Germany. Hergestellt aus Naturfaser und Altpapier und angeblich sogar kompostierbar (sofern die Farbreste ebenfalls kompostierbar sind). Die Innovation stammt vom Regensburger Start-up MissPompadour, einem B2C-Portal für Farben und Lacke, das sich dafür einsetzt, bis 2025 alle Plastikfarbwannen aus dem Handel zu verbannen.  

Die junge Firma ist ein schönes Beispiel dafür, wie man sich auf einem gut besetzten Markt differenzieren kann, denn an sich herrscht ja kein Mangel an Wand- und Möbelfarben. Indem sie auf Nachhaltigkeit setzen, Beratung per WhatsApp und E-Mail anbieten und konsequent Social Media bespielen, haben sich die Gründer*innen trotzdem einen USP erarbeitet, mit stolzen 127.000 Follower*innen auf Instagram

Eine gute Woche noch, und behalten Sie die Zukunft im Blick! 

(mat) führte ihr erstes Interview für die absatzwirtschaft 2008 in New York. Heute lebt die freie Journalistin in Kaiserslautern. Sie hat die Kölner Journalistenschule besucht und Volkswirtschaft studiert. Mag gute Architektur und guten Wein. Denkt gern an New York zurück.