Aldi Nord und Süd: „In der Vergangenheit haben sie sich den ‚Luxus‘ geleistet, alle Abteilungen doppelt zu haben“

Aldi Nord und Aldi Süd arbeiten darauf hin, mehr Gemeinsamkeiten als Barrieren zu schaffen. Mit einem großen Vorteil für beide Unternehmen: Kosteneinsparung. Die Marktführer können und müssen an vielen Stellen effizienter werden, um ihre Marktstellung nicht zu verlieren. Dafür sind Verbündete von Vorteil.
Essen / Mülheim a.d.R. (13.11.2017) Pünktlich zur Vorweihnachtszeit schalten ALDI Nord und ALDI SÜD gemeinsam im deutschen Fernsehen TV-Werbung. Die Weihnachtskampagne umfasst erstmals eine Kombination aus einem Imagespot sowie mehreren Produktspots. (© Aldi 2017)

Sie schalten gemeinsame TV-Werbespots, bauen ihr Biosortiment auf und die Läden gleichzeitig um, setzten auf gemeinsame Kommunikationsstrategien und gemeinsame Logistik. Aldi Nord und Aldi Süd scheinen sich, was strategische Maßnahmen angeht, immer näher zu kommen – und sich zu verbünden, im hart umkämpften Lebenmitteleinzelhandel: „Der LEH ist in Deutschland weiterhin eng umkämpft. Daher ist es für alle Teilnehmer wichtig, Wettbewerbsvorteile zu finden und zu nutzen. Aldi Süd und Nord haben ein vergleichsweise ähnliches Angebot (Produkte, Standorte, Preispolitik, etc.) haben sich aber in der Vergangenheit den ‚Luxus‘ geleistet, alle Abteilungen doppelt zu haben“, erklärt Oliver Roll im asw-Interview. Roll leitet R&P Management Consultants, hat für zahlreiche internationale Unternehmen Marketing- und Pricingprojekte geleitet und ist Professor für Betriebswirtschaft und internationales Marketing.

Viele Gemeinsamkeiten

Das „Manager Magazin” hatte berichtet, dass alle Sortimente und Abläufe aufeinander abgestimmt werden sollen – das gehe aus einem siebenseitigen Protokoll einer Sitzung von hochrangigen Managern von Aldi Nord und Aldi Süd am 23. November 2017 hervor. Gemeinsam erbrachte Leistungen im Einkauf und in den „Dienstleistungsabteilungen Qualitätswesen, Corporate Responsibility, Werbung, Logistik usw.” sollen zu Kosteneinsparungen führen. Weitere Ziele seien es, den Abstimmungsaufwand und strukturelle sowie personelle Doppelungen zu reduzieren, damit die Effizienz gesteigert werden könne. Auch die Läden sollen schöner und größer werden, dafür investieren beide Märkte zurzeit Milliarden Euro.

Durch die Kooperation lassen sich an mehreren Stellen signifikante Potenziale ausbauen: „Das Einkaufsvolumen verdoppelt sich, wodurch noch bessere Einkaufspreise möglich werden. Gleichzeitig müssen alle Verhandlungen nur einmal geführt werden, was die Effizienz steigert.“ Auch bei den Themen Digitalisierung und Pricing, lässt sich einiges optimieren: „Weil shopping digitaler wird, sind die daraus resultierenden Innovationen und Investitionen deutlich einfacher zu verarbeiten, wenn Sie von beiden Unternehmen gemeinsam getragen werden können.“ Im Pricing war Aldi in vielen Produktgruppen bereits der Preisführer. „Der erstmalige vergebene Rabatt auf ein Produkt zeigt aber, dass Aldi auch hier neue Wege gehen möchte. Je stärker die Marktmacht, desto eher sind Angriffe auf die etablierte Konkurrenz – wie auf die Drogeriemärkte – möglich.“ Insgesamt zeigen sich gleich mehrere Vorteile, die dazu beitragen können Aldis Marktposition weiter zu stärken. Die wichtigste Veränderung: Der Bereich Marketing & Communication.

Peter Wübben übernimmt Aldi-Süd-Marketing

Mit dem Start von Peter Wübben werden Silos eingerissen: Das bisher eigenständige Marketing ist nun Teil des Geschäftsbereichs Marketing & Communications. Wübben wird Geschäftsführer und ist für Customer Relationship Management (CRM), Unternehmenskommunikation & Public Affairs, Absatzwerbung, Kreativmarketing und Branding zuständig. Gerade die Bedeutung des CRM im Marketing wächst also deutlich und auch das Marketing selbst spielt eine wichtigere Rolle als bisher. Aldi Süd und Aldi Nord hatten erst vor rund zwei Jahren die gemeinsame Werbung für sich entdeckt. „Im Marketing müssen alle Kampagnen nur noch einmal geplant werden. Gleichzeitig werden auch nationale Fernsehwerbungen möglich, was bei einem Unternehmen, das nur im Süden, bzw. im Norden ansässig ist, nicht sinnvoll wäre“, so Roll.

Historisch ein Meilenstein, der erst nach dem Tod der beiden Gründer langsam in Gang kam: Karl und Theo Albrecht hatten 1961 ihr gemeinsames Unternehmen in zwei selbstständige Firmen – Aldi Nord und Aldi Süd – aufgeteilt. Der „Aldi-Äquator“ verläuft quer durch Deutschland, von der bayerisch-thüringischen Grenze bis in den Süden Sachsens. Ein Aufbrechen der Grenzen zwischen beiden Unternehmen ist zwar zu spüren, zu einer Fusion soll es aber nicht kommen: „Eine Fusion ist weder aus der Kooperation folgend noch aus sonstigen Überlegungen geplant oder beabsichtigt”, betonten die Unternehmen letzte Woche.