Warum wir uns an den Anblick humanoider Roboter im stationären Handel gewöhnen sollten

Noch ist der Anblick humanoider Roboter im stationären Handel exotisch. Doch es gibt gute Gründe, warum sie in Zukunft regelmäßig zum Einsatz kommen können. Roboter Pepper wurde in einerm Einkaufzentrum eingesetzt und sorgte für eine erhöhte Kundenzufriedenheit, unterhielt und informierte zugleich.

Wenn Sie einem humanoiden Roboter beim Einkaufen begegnen: Würden Sie einen Bogen um ihn machen oder auf ihn zugehen? Dieser Situation waren die Besucher des Stuttgarter Einkaufszentrums „Das Gerber“ ausgesetzt. Damit waren sie Teil der Feldstudie „Robotics in Retail“ der Münchner E-Commerce Beratung elaboratum.

Pepper kann Paradigmen brechen

Während seines insgesamt sechstägigen Einsatzes bot der humanoide Roboter „Pepper“ den Besuchern des Einkaufszentrums vier verschiedene Gesprächssituationen an: Sie konnten mit ihm in einfachen Gesprächen Informationen über eine Veranstaltung im Kaufhaus erhalten, wurden nach ihrer Kundenzufriedenheit befragt und konnten ein kurzes Spiel mit ihm spielen oder ein Selfie machen. Mit diesem bewusst einfachen Szenario wurde die Akzeptanz für humanoide Roboter im Handel getestet.

Das Ergebnis der Befragung von 257 Einkaufszentrumsbesuchern

Etwas mehr als die Hälfte der Besucher aller Altersstrukturen hat dabei aktiv und direkt mit Pepper interagiert, die andere Hälfte passiv die Interaktion zwischen Besucher und Pepper beobachtet. Der Anteil der Männer und Frauen, die mit Pepper interagierten, war fast gleich groß. Obwohl sich Männer signifikant als technologieaffiner einschätzten, empfanden die Frauen mehr Spaß im Gespräch mit dem Roboter. „Gerade Handelsunternehmen, deren Sortiment überwiegend aus technischen Produkten und deren Kundengruppe zu einem Gros aus Männern besteht, könnten mit Pepper auch mehr weibliche Kunden begeistern“, schlussfolgert Studienautor Patrick Meyer. Pepper konnte die Kundenzufriedenheit anonym erfragen und Kunden parallel unterhalten bzw. informieren. Jeder zweite Kunde empfand Pepper in der dargestellten Situation als nützlich bzw. sehr nützlich. Schlägt Pepper dann noch vor, das gewünschte Produkt gleich online für den Kunden zu bestellen, werden stationärer Handel und Onlinehandel im Sinne eines bestmöglichen Kundenerlebnisses miteinander verknüpft.

Weniger Scheu vor Kritik

Weiteres Ergebnis: Während nur jeder dritte Befragte einem Roboter mehr Informationen mitteilen würde als einem menschlichen Gegenüber, würde bereits jeder zweite Kritik lieber einem Roboter als einem Menschen gegenüber äußern. „Das eröffnet dem Handel interessante Perspektiven. Händler, die ihre Kunden befragen, möchten ehrliche Antworten, um daraus lernen zu können. Pepper als Plattform, der gegenüber Kunden anonymisiert Kritik äußern können, verfügt hier über einen psychologischen Vorteil. Denn es fällt offensichtlich vielen schwer, einem Menschen gegenüber ehrliche Kritik direkt zu äußern“, analysiert Patrick Meyer.

Navigation und Information als Servicevorteil

In dem Feldversuch hat sich gezeigt, dass die Servicekombination aus „Navigation und Information“ sowie ein humanoider Roboter als Publikumsmagnet das Potenzial haben, Kunden in den stationären Handel zu holen und ihnen ein positives Einkaufserlebnis zu bieten. Trotzdem: Die menschliche Beratung durch Verkaufspersonal ist und bleibt ein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal des stationären Handels. Nur jeder fünfte Kunde empfand die Interaktion mit Pepper als sehr persönlich.

Zur Studie: Die Studie „Robotics in Retail“ von elaboratum New Commerce Consulting untersucht Einsatzmöglichkeiten, Akzeptanzkriterien und Erfolgsfaktoren von humanoiden Robotern. Dazu wurde der Roboter Pepper vom 09.-14.10.2017 im Stuttgarter Einkaufszentrum „Das Gerber“ unter 100 Prozent realen Bedingungen getestet. In vier verschiedenen Gesprächssituationen wurde geprüft, wie gut die Technologie von den Einkaufenden angenommen wird und wie praxistauglich sie bereits ist.