SAP-Co-Chefin Morgan hört auf – Klein künftig allein an der Spitze

Kurzes Intermezzo der ersten weiblichen Dax-Konzern-Lenkerin: Jennifer Morgan verlässt SAP. Ein halbes Jahr lang wurde der Softwarekonzern von einer Doppelspitze geführt, doch in der Corona-Krise erwies sich das Modell als untauglich. Nun soll es doch wieder ein Chef allein richten.
Kurzzeit-Tandem an der SAP-Spitze: Christian Klein und Jennifer Morgan (© Imago)

Mitten in der Coronavirus-Krise und nach nur einem halben Jahr an der Spitze des Softwareriesen gibt SAP-Co-Chefin Jennifer Morgan ihren Posten wieder auf. Ihr CEO-Kollege Christian Klein wird den Dax-Konzern künftig allein führen, wie SAP in der Nacht zum Dienstag mitteilte.

Die 48-jährige Morgan habe sich mit dem Aufsichtsrat einvernehmlich darauf verständigt, das Unternehmen zum 30. April zu verlassen. „Mehr denn je verlangt die aktuelle Situation von Unternehmen schnelles, entschlossenes Handeln und eine klare, hierbei unterstützende Führungsstruktur“, hieß es in einer Mitteilung.

Morgan war die erste Vorstandschefin eines Dax-Konzerns überhaupt. Die Amerikanerin ist seit 2004 bei SAP. 2017 übernahm sie im Vorstand die Verantwortung für das wichtige Cloud-Geschäft. Sie war im Oktober 2019 zusammen mit Klein an die Spitze des größten Softwareherstellers Europas aufgerückt, nachdem sich Vorgänger Bill McDermott überraschend zurückgezogen hatte.

Doppelspitze bewährtes Modell beim Softwareriesen aus Walldorf

Damals hatte SAP die Doppelspitze als bewährtes Modell und bestens geeignet für den Konzern dargestellt. Schon McDermott hatte das Unternehmen von 2010 bis 2014 in einer Doppelspitze zusammen mit Jim Hagemann Snabe geführt, bevor er alleiniger Vorstandschef wurde. Nun hieß es, man kehre früher als geplant zu einem alleinigen Vorstandschef zurück, um eine starke, eindeutige Führungsverantwortung sicherzustellen. „Der Grund war der Ausbruch der Krise“, sagte Klein. Einen genauen Zeitplan für die Rückkehr zum Einzel-CEO-Modell habe es nicht gegeben. Zugleich stellte er klar: „Das war keine persönliche Sache.“ Morgan und er seien sich einig gewesen, dass die Doppelspitze aktuell nicht geeignet gewesen sei.

Klein ist schon sein ganzes Berufsleben bei dem Softwarekonzern. Er ist seit 2018 Vorstandsmitglied und war bis zu seiner Beförderung auf den Chefsessel als Chief Operating Officer (COO) vom Stammsitz in Walldorf aus für das operative Geschäft verantwortlich.

Hoher Quartalsgewinn – Trotzdem Prognose für 2020 gekappt

Der 39-Jährige steht nun allein vor der Aufgabe, den Konzern durch die Corona-Krise zu führen. Trotz aller Schwierigkeiten hat SAP im ersten Quartal einen deutlichen Gewinn eingefahren. Zwischen Januar und März verdienten die Walldorfer 811 Millionen Euro. Vor einem Jahr war erstmals seit fast 17 Jahren ein Quartalsverlust in Höhe von 108 Millionen Euro angefallen, weil SAP viel Geld in einen Stellenumbau gesteckt hatte. Auch die aktienbasierte Mitarbeitervergütung fiel dieses Mal deutlich schwächer ins Gewicht, weil der Aktienkurs nicht mehr so stark zugelegt hat. Viele Mitarbeiter bei SAP werden auch gemäß steigender Kurse der eigenen Aktie vergütet.

SAP hatte bereits vorläufige Zahlen vorgelegt und wegen der Corona-Krise seine Jahresprognose zusammenstreichen müssen. Der Umsatz war im ersten Quartal noch um sieben Prozent auf 6,5 Milliarden Euro gestiegen, gegen Ende hatte der Konzern aber schon die Auswirkungen der Krise zu spüren bekommen. Eine bedeutende Zahl von Neuabschlüssen sei verschoben worden, was sich vor allem in einem erheblichen Rückgang der Erlöse aus dem Verkauf von Softwarelizenzen widergespiegelt habe, hieß es. Für das gesamte Jahr 2020 rechnet SAP nun mit einem Umsatz in der Größenordnung von 27,8 bis 28,5 Milliarden Euro und einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 8,1 bis 8,7 Milliarden Euro.

tht/dpa