Nachhaltig und „phygital“: Das sind die Konsumtrends 2022

Wie hat die Pandemie die Konsument*innen, ihre Wertvorstellungen und ihr Kaufverhalten verändert? Und welche Trends werden das Jahr 2022 prägen? GfK-Expert*innen geben einen datenbasierten Ausblick, welche Themen 2022 beschäftigen werden.
Für nachhaltige Produkte gibt es 2022 laut GfK Wachstumschancen – und zwar stationär wie digital. (© Imago)

Nachhaltigkeit ist und bleibt der wichtigste Trend: 74 Prozent der Deutschen machen sich laut GfK wegen Umweltverschmutzung Sorgen, 69 Prozent fürchten den Klimawandel. Über zwei Drittel (68 Prozent) fordern von Unternehmen, sich möglichst umweltbewusst zu verhalten, zum Beispiel durch den Einsatz umweltfreundlicher Materialien. Gerade für die jüngeren Millenials werde auch soziale Nachhaltigkeit ein zunehmend wichtiger Faktor.

„Die Zahl an Konsument*innen des Typs ‚Glamour Green‘ wächst“, sagt Petra Süptitz, Consumer-Insights-Expertin bei GfK. „Dieser Zielgruppe ist Nachhaltigkeit zwar sehr wichtig, sie will dafür allerdings nicht verzichten. Stattdessen bedeute „Öko“ eine „neue Coolness“: „Glamour Greens tragen Shirts mit Öko-Statements, posten in sozialen Medien zum Thema Nachhaltigkeit und kaufen Produkte, die einen bewussten Lebensstil mit Lebensfreude und Status verbinden“, sagt Süptitz.

Die „Glamour Greens“ werden damit laut GfK eine immer wichtigere Zielgruppe für Unternehmen. Zugleich steige in der Gesellschaft der Anteil an Menschen, die gerne umweltfreundlich handeln würden, aber nicht genau wissen, wie. Hier können sich laut GfK Unternehmen positionieren, „indem sie dieser Gruppe Informationen, Unterstützung und die richtigen Produkte anbieten“.

Bio wird Mainstream

Der Trend in Richtung Nachhaltigkeit spiegelt sich GfK-Einschätzungen zufolge auch im Bereich Fast Moving Consumer Goods wider. Veganes ‘Plant Food‘ sei 2021 der wichtigste Trend in diesem Markt gewesen. Fleisch- und Käseersatzprodukte verzeichneten ein Umsatzplus von 44 Prozent; pflanzliche Milchersatzprodukte stiegen um 36 Prozent. Bio-Lebensmittel verzeichneten ein Umsatzplus von 14 Prozent – allerdings von einer deutlich höheren Basis startend als andere Produktgruppen. Auch Bio ist laut GfK im Mainstream-Markt angekommen und wird auch 2022 weitere Marktanteile gewinnen.

„Interessant sind die Änderungen bei Marktteilnehmer*innen, die wir 2021 beobachten konnten“, sagt Robert Kecskes, Handelsexperte bei GfK. „Unter den Herstellermarken beobachten wir häufig eine Dreieckskonstellation: Marktführer, traditioneller Hauptkonkurrent und Neuling. Die Neulinge setzen die etablierten Marken derzeit stark unter Druck. Getragen wird dieser Trend von den Glamour Greens. Da die neuen Marken das Zusammenspiel von Verantwortung und Lebensfreude verkörpern, sind sie bei dieser Zielgruppe sehr beliebt.“

Die spezifische Ansprache verschiedener Zielgruppen sei schließlich entscheidend für den Erfolg von Marken: Werte wie Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung sollten laut GfK dementsprechend zielgruppengenau kommuniziert werden.

Technikprodukte: Wachstum möglich

Der Markt für technische Konsumgüter wird sich 2022 laut GfK im Umsatz stabil bis leicht positiv entwickeln. Das Wachstum komme dabei allerdings von höheren erzielten Durchschnittspreisen, nicht von wachsenden Stückzahlen. Die höheren Durchschnittspreise würden im nächsten Jahr durch drei Trends beeinflusst:

  1. Premiumisierung
  2. gestiegene Preisen aufgrund von fehlender Verfügbarkeiten
  3. generell durch Inflation

Für nachhaltige Produkte gibt es GfK zufolge aber Wachstumschancen: „Haushaltsgroßgeräte wie Waschmaschinen oder Kühlschränke haben den Markt durch gute Wachstumsraten in 2020 und 2021 auf ein hohes Niveau gehoben. Wachstumschancen hat dieser Markt im Bereich der Energieeffizienz, da Nachhaltigkeit auch bei technischen Produkten eine immer wichtigere Rolle spielt“, sagt Alexander Dehmel, Experte für Marktdaten bei GfK.

Die Marktentwicklung hänge jedoch auch mit der Entwicklung der Pandemie zusammen: Wird es beispielsweise weitere Lockdowns geben? Und werden stationäre Einzelhändler*innen weiter Bindungsverluste mit Konsument*innen hinnehmen müssen?

„Phygital“ lautet das Zauberwort im Handel

Klar ist: Die weiteren Corona-Entwicklungen sind für den Handel entscheidend. Während der Pandemie verzeichnete der Online-Handel laut GfK ein Wachstum von 56 Prozent. Omnichannel-Händler*innen übertrafen dies mit einem Wachstum von beinahe 80 Prozent und einer höheren Conversion Rate als reine Onlinehändler sogar noch.

„Während der Pandemie haben 83 Prozent aller Konsument*innen ihr Einkaufsverhalten geändert. Selbst sehr alte Menschen haben sich mit Online-Shopping auseinandergesetzt“, sagt Oliver Schmitz. Die Zukunft des Handels ist demnach laut des GfK-Experten für Handelsthemen „eindeutig phygital“.

Die Trendstudie „GfK Consumer Life“ wird jährlich mit über 30.000 Verbraucher*innen in mehr als 25 Ländern durchgeführt und liefert unter anderem detaillierte Informationen zu allen Aspekten des Lebens der Menschen, einschließlich ihrer Wünsche, persönlichen Werte, künftigen Weltanschauungen und Sorgen, Lebensstile und Konsumverhalten.

Im „GfK Consumer Panel Deutschland“ werden Verbraucherdaten für Einkäufe des täglichen Bedarfs von 30.000 Haushalten erfasst. Das GfK Consumer Panel bildet so nach eigenen Angaben „das reale Einkaufsverhalten der Privathaushalte kontinuierlich und repräsentativ ab“.

(he, Jahrgang 1987) – Waschechter Insulaner, seit 2007 Wahl-Hamburger. Studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften und pendelte zehn Jahre als Redakteur zwischen Formel-1-Rennstrecke und Vierschanzentournee. Passion: Sportbusiness. Mit nachhaltiger Leidenschaft rund um die Kreislaufwirtschaft und ohne Scheuklappen: Print, live, digital.