About-You-Chef Müller: „Bei fünf Prozent von dem, was möglich ist.“

Die absatzwirtschaft und der Deutsche Marketing Verband (DMV) haben Ende Mai fünf Unternehmen mit dem Marken-Award 2019 ausgezeichnet. Wir haben nach der Preisverleihung mit den Gewinnern gesprochen. Heute: Tarek Müller, Mitgründer und Co-CEO About You, über den Erfolg und die Zukunftsperspektiven des Fashion-Shops
Tarek Müller hält nichts von Modediktaten. (© About You)

Herr Müller, wie ist eigentlich der Markenname About You entstanden?
Tarek Müller: In unserem Markennamen About You spiegeln sich unsere Markenbotschaft „It’s all about you“ und unsere Markenhaltung wider: Statt ein Modediktat zu verhängen, möchte About You seine Kunden inspirieren und durch personalisierte Inhalte und Style-Vorschläge dabei unterstützen, sich selbst durch Mode auszudrücken.

Für welche Attribute steht die Marke?
Für unseren Online-Shop haben wir den Fokus auf drei USPs gelegt: Inspiration, Personalisierung und eine Mobile-­First-Strategie. Wir haben es uns zum Ziel gemacht, unsere Kunden mit vielfältigem Content und Style-Vorschlägen zu inspirieren, zu beraten und sie zum Online-Bummel einzuladen. Indem sich About You dem individuellen Stil jedes Kunden anpasst, entsteht durch Personalisierung für alle Kunden ein eigener Shop, der nur relevante Produkte, Trend- und Outfit-Vorschläge anzeigt. Zudem haben wir von Anfang an auf das Smartphone gesetzt. Mit Erfolg: Mittlerweile werden mehr als 75 Prozent der Einkäufe über mobile Endgeräte getätigt.

Die personalisierten Vorschläge basieren in erster Linie auf dem Surf- und Kaufverhalten der Nutzer. Inwiefern sind diese bereit, selbst Angaben zu ihrer Person oder ihren Stilvorlieben zu machen?
Wir haben früher versucht, viele Informationen direkt von den Nutzern zu bekommen. Wir haben aber gelernt, dass sie sich nur ungern mit Eingaben aufhalten, sie wollen sofort Empfehlungen. Daher fragen wir vom Kunden keine Daten mehr direkt ab – abgesehen von der Like- beziehungsweise Follow-Funktion, mit der er seine Favoriten markieren kann, so wie er es auch aus sozialen Netzwerken gewohnt ist und nicht als Mehraufwand empfindet.

Haben Sie die Personalisierungs­potenziale mittlerweile weitgehend ausgeschöpft?
Überhaupt nicht. Wir sind erst bei fünf Prozent von dem, was möglich ist. In zehn Jahren wird die virtuelle Anprobe zu Hause Standard sein.

Wie stellen Sie sicher, dass Sie ­Otto.­de, dem Shop Ihres Mehrheitsgesellschafters, nicht allzu sehr in die Quere kommen?
Ein „In-die-Quere-Kommen“ gibt es bei uns und den Online-Shops der Otto Group nicht. About You ist als Zukunftsprojekt der Otto Group aus der Vision entstanden, den Shopping-Bummel zu digitalisieren, das bis dato ungenutzte Segment des Fashion Discovery zu bespielen und die junge Zielgruppe der Digital Natives abzudecken. Wir haben damit eine Lücke im E-Commerce gefüllt, die bisher niemand belegt hatte.

About You hat sich mit einem speziellen „The Choice“-Shirt Mitte Mai für die Teilnahme an der Europawahl starkgemacht. Wie gut sind die T-Shirts gelaufen?
Wir sind sehr zufrieden mit der Resonanz auf die Kampagnenbotschaft. Seit unserer Gründung war es uns wichtig, eine klare Haltung zu zeigen – mit dieser Kampagne sind wir einen Schritt weitergegangen und wollten politisches Engagement zeigen. Pro Tag haben wir mehr als eine Million Besucher auf About You und konnten so potenzielle Wähler in einer jungen Zielgruppe erreichen, in der die Wahlbeteiligung sonst sehr gering ist.

Wo wird About You in fünf Jahren stehen?
Als eines der am schnellsten wachsenden E-Commerce-­Unternehmen in Europa wollen wir die Umsatzmilliarde erreichen. Zudem wollen wir in mehr als zehn europäischen Ländern aktiv sein und unseren Status als eine der größten Mode- und Lifestyle-Plattformen in Europa ausbauen, um mehr als 7,5 Millionen Kunden anzusprechen.   

Alle Sieger-Interviews und viele Bilder von der Gala in Düsseldorf finden Sie in unserer aktuellen Print-Ausgabe, die am 28. Juni erschienen ist und die Sie hier bestellen können.

absatzwirtschaft Archiv: Artikel zum Marken-Award

(kj, Jahrgang 1964), ewiger Soul- und Paul-Weller-Fan, hat schon für Tageszeitungen und Stadtmagazine gearbeitet, Bücher über Jugendkultur und das Frankfurter Bahnhofsviertel geschrieben und eine eigene PR-Agentur betrieben. 1999 zog es ihn aus dem Ruhrgebiet nach Frankfurt, wo er seitdem über Marketing-, Medien- und Internetthemen schreibt, zunächst als Ressortleiter bei „Horizont“, seit 2008 als freier Journalist und Autor. In der Woche meist online, am Wochenende im Schrebergarten.