KI im Marketing bei InnoGames 

Wie KI zu seinem täglichen Begleiter wurde und welche rechtliche Frage zur KI für ihn am spannendsten ist, verrät Felix Janzen, CMO bei InnoGames, im Interview. Teil 19 der Serie Künstliche Intelligenz im Marketing.
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Felix Janzen ist CMO beim Spieleentwickler und Publisher InnoGames. (© InnoGames)

Herr Janzen, wofür haben Sie KI zuletzt persönlich eingesetzt? 

KI wird mehr und mehr zu meinem täglichen Begleiter. Insbesondere ChatGPT ersetzt in vielen Bereichen bereits Google. Zum Beispiel, wenn ich nach Antworten auf bestimmte Fragen suche. Ich lasse mir außerdem Texte und Webseiten zusammenfassen und mich bei der Erstellung und Überarbeitung von Texten unterstützen. In erster Linie geht es mir um Zeitersparnis. Die gesparte Zeit verbringe ich dann mit meiner Familie. Womit wir schon bei einem Kernpunkt wären: KI spart uns Zeit, die wir in andere Dinge investieren können.  

In welcher Weise setzt InnoGames KI im Marketing ein? 

Im Bereich „Marketing Art“ verwenden wir Tools wie Midjourney bei der Erstellung von 2D Artworks. Hier sind die eingesetzten Ressourcen pro Creative deutlich geringer als bei unserer herkömmlichen Vorgehensweise. Aber: Es bedarf immer noch einer manuellen Überarbeitung. Zum einen, weil jedes Artwork unsere Standards erfüllen muss. Da liefern Midjourney & Co. noch nicht konsistent genug ab. Zum anderen, weil auch im Gaming ein einheitliches, wiedererkennbares Branding mitentscheidend für den Erfolg ist. Und ob etwas für aus menschlicher Sicht einheitlich und wiedererkennbar ist, entscheidet immer noch am besten ein Mensch. Aktuell testen wir verschiedene KI-Tools für die Erstellung von Videos. Da die Erstellung deutlich komplexer ist als die von Artwork, nutzen wir sie aber eher experimentell. Für Voice Overs haben wir sie allerdings auch schon konkret angewendet.  

Für die Erstellung marketingwirksamer Texte nutzen wir KI-basierte Chat-Tools als Startpunkt, beispielsweise für die Beschreibung von Game Features, Updates im AppStore und die Formulierung von Suchmaschinenanzeigen sowie alle dazugehörigen Übersetzungen. Die generierten Texte werden dann noch von unseren Spezialisten überarbeitet. Im Suchmaschinen-Marketing helfen uns KI-Tools dabei, schneller relevante Keywords für unsere Kampagnen zu finden. Wenn es an die Kampagnenoptimierung geht, nutzen wir hingegen eher die Tools unserer Partner. Nicht wenige stellen dafür bereits eigene KIs bereit. Wir sind da sehr offen für Tests, da auch in der Optimierung die Nutzung von KI immer weiter fortschreiten wird. Nicht zuletzt nutzen wir die Chat Tools als „Brainstorm Buddies“, um Ideen für neue Kreativkonzepte oder Briefings für Agenturen zu erstellen.  

Welche rechtlichen oder ethischen Fragen zur KI sind Ihrer Meinung nach noch ungeklärt? 

Bei der Bildverarbeitung ist das Urheberrecht noch unklar. Die Bilder werden anhand detaillierter Beschreibungen erstellt und individualisiert, allerdings beziehen die meisten Tools den Content aus dem Web. Darüber hinaus sind Dateneinspeisung und Privatsphäre Themen, bei denen es mehr Klarheit braucht. Der Erfolg des Outputs hängt sehr stark vom Input ab und für den werden zum Teil auch große Mengen personenbezogene Daten benutzt. Wer gewährleistet dort den Datenschutz? Der Input muss durch klare rechtliche Vorgaben und gemeinsame ethische Leitlinien geregelt sein.  

Ein größeres Thema ist die zumeist fehlende Transparenz. Entscheidungsfindungsprozesse sind oft schwer nachzuvollziehen. Das wirft viele ethische Fragen auf. Mit Blick auf die weitere Entwicklung der KI – also, wenn diese ein gewisses Maß an Komplexität und „Bewusstsein“ erreicht hat – werden wir uns zum Beispiel irgendwann mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob eine KI eine eigene Rechtsperson mit eigenen Rechten sein kann und wie viel Kontrolle wir dieser neuen Technologie in unserer Gesellschaft überlassen wollen. 

Welche Aufgaben im Marketing könnte die KI in Zukunft noch übernehmen? 

Das Marketingumfeld ist bekanntlich extrem dynamisch. Deshalb ist es besonders schwer, Entwicklungen vorherzusagen. Entsprechend beschränke ich mich lieber auf die kurz- und mittelfristige Sicht. Da halte ich vor allem die Verarbeitung großer Datenmengen und die Generierung von Ergebnissen und Schlüssen aus diesen Daten für eine sehr wichtige zukünftige Aufgabe der KI. Tatsächlich würde das in vielen Bereichen Vorteile bringen, so zum Beispiel bei der Kampagnenoptimierung, da hier sehr viele Parameter über den Erfolg entscheiden. Ein anderer Bereich, der stark profitieren würde, wäre die Wettbewerbsanalyse. Genauer gesagt könnte die KI aus den Bewegungen des Marktes konkrete Schlussfolgerungen für das eigene Business ziehen und damit den Entscheidungsprozess maßgeblich unterstützen.  

Ein anderes großes Anwendungsfeld der Zukunft ist die Vorhersage des Nutzerverhaltens. Dies würde uns erlauben, Angebote noch genauer an die Bedürfnisse der Kunden anzupassen. Hier ist in den letzten Jahren zwar schon viel passiert und zahlreiche Firmen testen entsprechende Tools. Die Weiterentwicklung der KI in Bezug auf Komplexität wird aber auch hier noch eine deutliche Verbesserung der Vorhersagen bringen und dadurch die Effizienz von Marketingmaßnahmen weiter steigern. 

Wo liegen die Grenzen, also für was wird es immer das menschliche Hirn brauchen? 

Da fallen mir vor allem zwei Punkte ein: Erstens wäre da die Kreativität. Die KI kann kreative Prozesse unterstützen, aber die Impulse für kreatives Denken werden immer vom menschlichen Gehirn ausgehen. Der zweite Punkt ist das Überschreiten von Grenzen. Eine KI wird sich immer in dem ihr bekannten Rahmen bewegen und bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Wir Menschen wissen aber: Manchmal muss man komplett neue Wege gehen, um sich weiterzuentwickeln.  

Das Interview wurde schriftlich geführt

Alle bisher erschienenen Folgen dieser Interviewserie mit Markenentscheider*innen zu KI lesen Sie hier:     

Folge 1: KI im Marketing bei SAP, Gespräch mit Kerstin Köder     

Folge 2: KI im Marketing bei Burger King, Gespräch mit Klaus Schmäing     

Folge 3: KI im Marketing bei Ritter Sport, Gespräch mit Franziska Kleinhans     

Folge 4: KI im Marketing bei Obi, Gespräch mit Christian von Hegel     

Folge 5: KI im Marketing bei Mercedes-Benz, Gespräch mit Bettina Fetzer     

Folge 6: KI im Marketing bei Tonies, Gespräch mit Claudia Lührs     

Folge 7: KI im Marketing bei Afri Cola, Gespräch mit Sven-Eric Frisch     

Folge 8: KI im Marketing bei Henkel, Gespräch mit Sarah Manseck     

Folge 9: KI im Marketing bei Nestlé, Gespräch mit Daniel Marschollek     

Folge 10: KI im Marketing bei Rossmann, Gespräch mit Petra Czora    

Folge 11: KI im Marketing bei Samsung, Gespräch mit Mike Henkelmann    

Folge 12: KI im Marketing bei Frosta, Gespräch mit Hinnerk Ehlers  

Folge 13: KI im Marketing bei Tchibo, Gespräch mit Kristina Büttner  

Folge 14: KI im Marketing bei der Gothaer, Gespräch mit Thomas Heindl 

Folge 15: KI im Marketing bei Rewe, Gespräch mit Elke Wilgmann 

Folge 16: KI im Marketing bei Otto, Gespräch mit Nicolai Johannsen 

Folge 17: KI im Marketing bei Covestro, Gespräch mit Dickon Purvis 

Folge 18: KI im Marketing bei Nivea, Gespräch mit Nadine Bartenschlager und Catherine Niebuhr 

(tht, Jahrgang 1980) ist seit 2019 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Davor war er zehn Jahre lang Politik- bzw. Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung. Der Familienvater hat eine Leidenschaft für Krimis aller Art, vom Tatort über den True-Crime-Podcast bis zum Pokalfinale.