KI im Marketing bei Ritter Sport

Ritter Sport hat mit Hilfe von ChatGPT bereits eine KI-Sorte entwickelt. Franziska Kleinhans, Head of Global Marketing, im Kurzinterview. Teil 3 der Serie Künstliche Intelligenz im Marketing.
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Franziska Kleinhans ist Head of Global Marketing bei Ritter Sport. (© Ritter Sport)

Frau Kleinhans, in welcher Weise setzt Ritter Sport KI bereits ein? 

Aktuell nutzen wir generative KI zur Ideengenerierung von Sorten und Konzepten. Zudem testen wir diverse Anwendungsbereiche, vor allem im Pre-Campaigning und im kreativen Prozess. Dies erfolgt sowohl intern in agilen, interdisziplinären Teams als auch in Zusammenarbeit mit unseren Agenturpartnern. Die spielerische Auseinandersetzung mit neuen Themen und das Experimentieren gehören zu unserer Unternehmenskultur. Wir möchten, dass unsere Mitarbeiter*Innen immer wieder außerhalb unserer etablierten Prozesse nach Neuem suchen, um relevante Trends zu bewerten und für unseren Marketingmix zu evaluieren. 
 

Haben Sie vor, Ihren Mitarbeitenden ethische Leitlinien zum Einsatz von generativer KI an die Hand zu gegeben oder gibt es schon welche? 

Ja, wir sind uns der ethischen Dimension des Einsatzes von generativer KI bewusst und planen Leitlinien, um sicherzustellen, dass die KI keine diskriminierenden oder unethischen Ergebnisse erzeugt. Eine unserer „Daumenregeln“ für den täglichen Einsatz lautet: „Sprich mit der KI wie mit einem Kollegen/einer Kollegin“. Dies bezieht sich sowohl auf inhaltliche, aber eben auch ethische Aspekte. Darüber hinaus gibt es Leitlinien zum Datenschutz. Zudem sind wir uns unserer Markenwerte bewusst. Daher gehen wir auch sehr bewusst mit dem Thema KI um, insbesondere wenn es um den kreativen Bereich der Markenführung von Ritter Sport und die Kommunikation nach außen geht. Unsere Konsument*innen vertrauen Ritter Sport, daher sind Transparenz, Authentizität und Glaubwürdigkeit für uns wichtige Markenwerte. KI in der Bild- oder Textgenerierung werden wir deshalb nur einsetzen, wenn wir explizit und transparent darauf hinweisen. 

 
Würden Sie eine persönliche Erfahrung, die Sie mit (generativer) KI gemacht haben, mit uns teilen? 

Ein schönes aktuelles Beispiel kommt aus unserem Ritter-Sport-Newsroom-Team, das bereits eine erste Sorte von ChatGPT für Ritter Sport entwickelt hat und in unserer Schokowerkstatt zur internen Verkostung testweise produzieren ließ. Diese Sorte besteht aus den Geschmacksrichtungen Hummus-Aprikose-Minze. Das Thema stieß in unserer Social-Media-Community auf großes Interesse und sorgte für viel Engagement und positive Resonanz. Dies zeigt uns, dass wir mit dem Thema und der Art und Weise, wie wir ChatGPT hier genutzt haben, den Nerv der Zeit getroffen haben. 

Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich sagen, dass KI eine hohe Zeit- und Kostenersparnis bei einer Vielzahl an täglichen Anwendungsgebieten im Marketing bietet. Allerdings ist es dabei essenziell wichtig, sich intensiv mit dem Thema Prompten auseinanderzusetzen und die Spezifika der einzelnen Tools zu beachten (Stichworte: Trainingsalter, Rechtslage bei der Nutzung). Außerdem sollten die Ergebnisse der KI sorgfältig überprüft werden, um Qualität, Relevanz und rechtliche/ ethische Aspekte sicherzustellen. 

 
Aus heutiger Sicht: Welche Aufgaben im Marketing wird die KI zuerst übernehmen? 

Im Bereich der generativen KI werden das zunächst Aufgaben sein, die auf der automatisierten Generierung von Inhalten basieren, etwa für personalisierte Produktbeschreibungen oder Social-Media-Posts. Textanwendungen wie ChatGPT können auch bei Aufgaben wie Brainstorming, Content-Planung/-Generierung und vielen weiteren inhaltlich klaren Themenbereichen unterstützen oder diese sogar ersetzen. Bild-/Ton-/Video-Programme können gerade im Bereich Pre-Campaigning/Campaigning unterstützen und klassische Bilddatenbanken ersetzen oder ergänzen, insbesondere für Mood- und Storyboards, Animatic-Erstellung und Kurzfilme. 

Zudem werden wir wohl zukünftig viele repetitive Aufgaben, die bisher händisch getätigt werden mussten, nun per Spracheingabe erledigen lassen, so dass wir uns noch mehr auf unsere fachlichen Kernkompetenzen konzentrieren können. In meinem Team arbeiten Markenstrateg*innen, Brand Manager*innen, Designer*innen und Inhouse Content Creator Hand in Hand. Anhand unserer ersten Erfahrungen sehen wir, dass KI in kreativen Prozessen effizient unterstützen und so bisherige technische Barrieren überwinden und Themen beschleunigen kann.  

 
In welchen Bereichen oder für welche Tätigkeiten wird es immer das menschliche Hirn brauchen? 

Zentrale Aufgabenbereiche wie die strategische Entscheidungsfindung, die Planung von Marketingkampagnen, die Sicherstellung eines konsistenten Markenauftritts und Aufgaben wie Qualitätssicherung, Überwachung des Outputs sowie Beziehungsmanagement intern und extern erfordern menschliches Denken, Erfahrung, emotionale Intelligenz und menschliche Empathie. Diese Fähigkeiten können nicht von einer KI ersetzt werden. Wir sehen die Synergie aus effizient eingesetzten KI-Tools und menschlicher Expertise daher als leistungsstarken Enabler an, der es uns ermöglicht, die Aufmerksamkeit noch mehr auf die wichtigen Themen zu lenken, um an den richtigen Stellen noch schneller zum Ziel zu kommen. 

Das Interview wurde schriftlich geführt


Alle bisher erschienenen Folgen dieser Interviewserie mit Markenentscheider*innen zu KI lesen Sie hier:

Folge 1: KI im Marketing bei SAP, Gespräch mit Kerstin Köder
Folge 2: KI im Marketing bei Burger King, Gespräch mit Klaus Schmäing

(tht, Jahrgang 1980) ist seit 2019 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Davor war er zehn Jahre lang Politik- bzw. Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung. Der Familienvater hat eine Leidenschaft für Krimis aller Art, vom Tatort über den True-Crime-Podcast bis zum Pokalfinale.