Homeoffice und mobiles Arbeiten: neue Erkenntnisse

Mehr Freizeit oder viele Überstunden? Zum mobilen Arbeiten – etwa im Homeoffice – gehen die Meinungen auseinander. Viele Beschäftigte und Unternehmen haben während der Corona-Pandemie damit erstmals ihre Erfahrungen gemacht. Studien liefern neue Erkenntnisse.
Homeoffice
Die Corona-Krise hat den Wandel der Arbeitswelt beschleunigt. Was macht das mit uns? (© Imago)

Für manche ist es ein Fluch, für andere ein Segen: Mehr als ein Drittel der Beschäftigten in Deutschland arbeitet laut dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) mittlerweile mobil, viele davon im Homeoffice. Die Corona-Krise hat den Wandel beschleunigt. Was macht das mit uns? Jüngst veröffentlichte Studien liefern neue Erkenntnisse.

Was sind das für Studien?

Der DGB befragt seit 2007 einmal im Jahr Beschäftigte zur Qualität ihrer Arbeitsbedingungen und erstellt den sogenannten DGB-Index „Gute Arbeit“. Die Befragung von mehr als 6000 Beschäftigten aller Branchen, Berufe, Einkommens- und Altersgruppen, Regionen und Betriebsgrößen fand von Januar bis Mai 2020 statt.

Beschäftigte, die coronabedingt ins Homeoffice wechseln mussten, wurden bei dieser Umfrage nicht berücksichtigt. Im Auftrag des Digitalverbands Bitkom hat „Bitkom Research“ eine repräsentative Studie durchgeführt, die ebenfalls am Dienstag veröffentlicht wurde. Dabei wurden 1503 Erwerbstätige ab 16 Jahren im Zeitraum Oktober und November 2020 telefonisch befragt. Bei dieser Umfrage ging es explizit um die Tätigkeit im Homeoffice als eine Form des mobilen Arbeitens.

Was ist mobiles Arbeiten und wer arbeitet mobil?

Die häufigste Form des mobilen Arbeitens findet laut DGB nicht im Homeoffice statt, sondern „vor Ort“, etwa bei Kunden oder Patienten.

  • Drei Viertel der mobilen Beschäftigten sind „multimobil“, das heißt sie arbeiten in mehr als einer ortsflexiblen Form.
  • Mehr als ein Drittel der Beschäftigten in Deutschland arbeitet laut DGB an wechselnden Orten.

Durch das coronabedingte Homeoffice ist mobiles Arbeiten verbreiteter und bekannter geworden. Laut DGB arbeiten Männer fast doppelt so häufig mobil wie Frauen. Eine ungleiche Verteilung zeigt sich auch entlang der Qualifikationen und des Einkommens. Generell gilt: Je höher der berufliche Status, desto häufiger wird mobil gearbeitet.

Steigert Homeoffice die Produktivität und Zufriedenheit im Job?

Wie aus der Homeoffice-Studie des Digitalverbands Bitkom hervorgeht, schätzt …

  • … rund jeder Vierte seine Produktivität im Homeoffice deutlich höher ein, jeder Dritte etwas höher.
  • Ein weiteres Drittel meint, dass die Produktivität im Vergleich zur Büroarbeit konstant ist.
  • Die Arbeitszufriedenheit im Homeoffice ist für jeden Fünften deutlich höher und für jeden Vierten etwas höher.
  • Rund 20 Prozent sind weniger zufrieden, ein Drittel sieht keine Unterschiede zur Büroarbeit.

Was sehen Beschäftigte als Vorteile von Homeoffice und mobiler Arbeit?

Mobile Beschäftigte berichten laut DGB über größere Gestaltungsspielräume bei ihrer Arbeit. Sie können ihre Tätigkeit selbstständiger planen und freier einteilen.

  • Laut Digitalverband Bitkom empfinden acht von zehn Beschäftigten weniger Stress, da der Arbeitsweg entfällt.
  • Sechs von zehn bemerken eine generell bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben.
  • Weitere genannte Vorteile sind die Möglichkeit eines gesundheitsbewussteren Lebensstils und weniger Störungen durch Kollegen.

Was sehen Beschäftigte als Nachteile von Homeoffice und mobiler Arbeit?

Mobile Beschäftigte berichten laut DGB, dass im mobilen Arbeiten von ihnen deutlich häufiger erwartet wird, auch außerhalb der normalen Arbeitszeit erreichbar zu sein.

  • Laut Bitkom beklagt mehr als die Hälfte beklagt den reduzierten Kontakt mit Kollegen.
  • Für jeden Fünften ist es auch ein Problem, weniger Kontakt mit Vorgesetzten zu haben.
  • Wer nicht im Homeoffice arbeitet, obwohl er dies dürfte, nennt dafür als Hauptgrund eine mangelhafte technische Infrastruktur.

Wann wird mobiles Arbeiten zur Gefahr?

Mobiles Arbeiten ist laut DGB überdurchschnittlich häufig mit sehr langen Arbeitszeiten und unbezahlter Arbeit verbunden.

  • Mehr als zehn Prozent aller Beschäftigten kommen der DGB-Befragung zufolge häufig nicht auf die im Arbeitszeitgesetz vorgeschriebene Ruhezeit von mindestens elf Stunden zwischen Arbeitsende und Arbeitsbeginn – in den mobilen Arbeitsformen ist die Einschränkung dieser Erholungsphase noch weiter verbreitet.
  • Ein Drittel der Beschäftigten wird auch in der Freizeit gedanklich von der Arbeit eingeholt.
  • Ein Viertel aller Beschäftigten berichtet von häufigen Schwierigkeiten, Arbeit und Privatleben zeitlich miteinander in Einklang zu bringen.

Welchen Einfluss hat die Corona-Pandemie auf die mobile Arbeit?

Nach Bitkom-Berechnungen werden auch nach Ende der Corona-Pandemie sehr viel mehr Menschen im Homeoffice arbeiten als zuvor.

  • Mehr als jeder Dritte werde den Arbeitsort flexibel wählen.
  • Vor der Pandemie war Homeoffice den Angaben zufolge eher die Ausnahme. Lediglich drei Prozent der Berufstätigen (1,4 Millionen) arbeiteten ausschließlich im Homeoffice, weitere 15 Prozent (6,3 Millionen) teilweise.

he/dpa