Der Wink mit dem Goldenen Zaunpfahl

Viele Unternehmen nutzen Gender-­Marketing, um potenzielle Kund*innen besser zu erreichen. Der Negativpreis „Der Goldene Zaunpfahl“ soll auf die Absurdität dieser Marketingstrategie aufmerksam machen. Er wird in diesem Jahr zum siebten Mal verliehen.
Negativpreis Gender-Marketing
Argumente für Gender-Marketing gibt es viele. Doch sind es auch gute? (© Der Goldene Zaunpfahl)

Noch immer gibt es zahlreiche Produkte in zweifacher Ausführung. Einmal für Jungs und einmal für Mädchen. Die Vergabe des Goldenen Zaunpfahls soll Unternehmen anregen, ihre Marketingstrategie zu überdenken. Der Preis soll auf paradoxes Gender-Marketing aufmerksam machen und eine öffentliche Diskussion anstoßen. Menschen sollen darüber ins Gespräch kommen und unbewusste Vorurteile und ihr Geschlechterrollenverständnis reflektieren und hinterfragen.

Der Preis für absurdes Gender-Marketing wurde von Almut Schnerring, Sascha Verlan und Anke Domscheit-Berg ins Leben gerufen. Almut Schnerring und Sascha Verlan veröffentlichten 2014 ihr Buch „Rosa-­Hellblau-Falle: Für eine Kindheit ohne Rollenklischees“ und schreiben gemeinsam für ihren gleichnamigen Blog. Beide setzen sich sowohl beruflich als auch privat unter anderem mit den Themen Geschlechtergerechtigkeit, Rollenstereotype und Zugehörigkeit auseinander.

Klischees gibt es zur Genüge

Über das ganze Jahr verteilt können Beiträge beim Team des Goldenen Zaunpfahls eingereicht werden. Klischees gibt es zur Genüge: Ob es die Mutter am Herd und der Vater am Grill ist oder der Sohn mit Schwert und die Tochter mit Puppen spielend. Beispiele kann jeder über die Internetseite oder in den sozialen Medien unter dem Hashtag #goldenerzaunpfahl posten. Alle Einsendungen werden im sogenannten „Gruselkabinett“ gesammelt. Ein Blick hinein zeigt: Den Rollenklischees sind keine Grenzen gesetzt. Hier ist alles zu finden, von den Tassen für „echte Helden“ und dem Duschgel für „kleine Prinzessinnen“ über Minibesen- und Staubsauger für junge Mädchen bis hin zum „Managermüsli“.

Aus den Einreichungen werden sieben Beiträge, die sogenannten „Unrühmlichen 7“, von einer Jury nominiert. Diese bestimmt dann den Gewinner des jeweiligen Jahres. Die Jury wird jedes Jahr neu aus Akteur*innen und Stiftungen aus­gewählt, die sich mit Rollenbildern beschäftigen.

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Nominiert für den Negativpreis für Gender-Marketing 2022: Die Sterbegeldversicherung ANNA. ©Der Goldene Zaunpfahl

Gekürte Gewinner

Die ersten „Gewinner“ des Negativpreises im Jahr 2017 waren zwei Bücher des Klett-Verlags: „Geschichten für Jungs zum Lesenlernen“ und „Geschichten für Mädchen zum Lesenlernen“. 2018 macht der Barbie-Experimentierkasten von Kosmos das Rennen. 2019 gewann ein Onlinespiel für Mädchen namens „Toilette putzen“. Auf dem Vorschaubild ist eine Hand mit rosa Handschuh zu sehen. Sie hält eine rosa Klobürste und putzt eine Toilette, deren Deckel welche Farbe hat? Richtig: rosa.

Die Marke Topmodel landete 2020 auf dem ersten Platz und ein Jahr darauf die gesamte Produktpalette der Drogeriemarktkette dm. Hier gibt es zahlreiche Produkte in zweifacher Ausführung: Von Duschgel für Traumwölkchen vs. Monsterwellen, Prinzessinnen vs. Piraten, Zaubersauber vs. Superhelden bis hin zu Lätzchen und Trinkflaschen für kleine Kinder, die die klassischen Rollenbilder aufrechterhalten. Preisträger 2022 war das Onlinespiel „Bibi und Tina: Reiterferien“. Darin besitzt man sein eigenes Pferd und erledigt Aufgaben auf dem Reiterhof. Doch wo liegt das Problem? Die Erstellung der Avatare ist geprägt von Rollenklischees. Es ist gar nicht möglich, einen männlichen Charakter auszuwählen, geschweige denn einen nichtbinären.

Gewinner Goldener Zaunpfahl
Der Gewinner des Negativpreises für Gender-Marketing 2018. ©Der Goldene Zaunpfahl

Reaktionen der Unternehmen

In den letzten Jahren sei es vermehrt zum Austausch mit den jeweiligen Unternehmen gekommen, so Sascha Verlan. 2017 sah das noch anders aus. „Im ersten Jahr sind wir komplett ignoriert worden“, sagt der Mitgründer des Preises. Manche Unternehmen reagieren mittlerweile auf Nominierungen, jedoch meist nicht öffentlich. So soll die dm-Geschäftsführung auf ihre Nominierung im Jahr 2021 mit der Begründung reagiert haben, dass sie die Kaufentscheidung ihren Kund*innen überlassen wollen und sie sich bei der Gestaltung ihres Sortiments an den Bedürfnissen ihrer Kunden und Kundinnen orientieren würde.

Die Verleihung des Negativpreises 2023 findet im November erneut in den Räumlichkeiten des Kabarett-Theaters Distel in Berlin statt. Welches Unternehmen in diesem Jahr den ersten Platz ergattert, wird sich zeigen.

Das Bullshit-Bingo des Goldenen Zaunpfahls. ©Der Goldene Zaunpfahl

(img, Jahrgang 2000) ist seit November 2022 Werkstudentin in der Redaktion der absatzwirtschaft. Sie ist in Bochum aufgewachsen und wohnt nun aufgrund ihres Sozialwissenschaftsstudiums in Düsseldorf. Neben ihrer Begeisterung für abstrakte Kunst besitzt sie ebenfalls eine Leidenschaft dafür, sich den unterschiedlichsten Themen zuzuwenden und darüber zu schreiben.