Ein Neubeginn ist immer eine Chance? Im Fall des Amtsantritts von Donald Trump fällt es schwer, das zu glauben, jedenfalls wenn es um die Umwelt geht. Schließlich hat der 47. Präsident der USA umgehend die Mitgliedschaft der USA im Pariser Klimaabkommen gekündigt und eine nahezu unbeschränkte Förderung fossiler Energien ausgerufen. Das American-German Institute (AGI) – ein renommierter, in Washington beheimateter Thinktank – glaubt trotzdem an Chancen für eine transatlantische Kooperation: beim Carbon Management.
Vereinfacht gesagt, ist unter dem Begriff die Abscheidung und permanente Speicherung von CO2 zu verstehen. Es gibt verschiedene Methoden dafür. Viele Expert*innen glauben, dass sich nur mit ihnen Klimaneutralität erreichen lässt. Das allein wird einen Klimaskeptiker wie Donald Trump wohl nur „minimal“ beeindrucken, meinen die Analyst*innen des AGI. Aber: Die Technologie verspricht gute Geschäfte – und dieses Argument zieht bei Trump immer.
Während nämlich die Entwicklung der Technik noch am Anfang steht, steigt die Nachfrage, weil viele Unternehmen, selbst Ölkonzerne, auf diese Weise ihre Klimabilanz verbessern wollen. Exxon zum Beispiel hat sich als CO2-Lagerplatz unlängst ein fast 110.000 Hektar großes Gelände in Texas gesichert. Überdies ist das Einspritzen von CO2 in Bohrlöcher laut AGI eine in den USA verbreitete Methode, um die Ausbeute von Öl und Gas zu steigern, das ließe sich womöglich ausbauen. „Drill Baby drill“ könnte so unversehens eine Umweltkomponente bekommen – manchmal ist das Leben paradox. Vielleicht lässt sich die neue US-Regierung ja auch noch von anderen grünen Projekten überzeugen, wenn ihr der Business Case plausibel erscheint.
Nachhaltigkeitskampagnen weniger beliebt
Hierzulande ist die Skepsis gegenüber Trump besonders ausgeprägt. Was nicht heißt, dass sich deutsche Konsument*innen konsistent grün positionieren. Zum Jahresauftakt veröffentlichte die Agenturgruppe Pilot ein Stimmungsbarometer, das vielen Marketingverantwortlichen Kopfzerbrechen bereiten dürfte: Gesundheit, Gelassenheit und Optimismus, das sind die Themen, um die sich die Deutschen 2025 vor allem kümmern wollen.
Sorgen machen sie sich zwar auch, über den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die eigenen Finanzen, das Kriegsrisiko und den Klimawandel (in dieser Reihenfolge). Werbung jedoch soll vor allem Spaß machen und Aufbruchstimmung vermitteln – die Beliebtheit von Kampagnen, die Umweltschutz oder einen positiven Beitrag zur Gesellschaft thematisieren, verzeichne „signifikante Rückgänge“, so Marktforschungsleiter Daniel Daimler. Für ihn ist das Stimmungsbild ein „interessantes Spannungsgefüge zwischen der lebensweltlichen Realität der Menschen und der Art und Weise, wie sie Kommunikation in ihren Alltag einfügen“. Er rät Marken, dieses Gefüge mit „echten Mehrwerten aufzulösen“. Leichter gesagt als getan.
Fleischlos essen macht Spaß – die Botschaft kommt an
Immerhin, es gibt ein Vorbild, den Food-Bereich. Essen und Trinken macht den meisten Menschen Spaß; umso schöner, wenn es sich mit gutem Gewissen, dabei aber ohne nennenswerte Abstriche beim Genuss tun lässt. Vegane Lebensmittel haben sich in den vergangenen Jahren qualitativ so stark verbessert, dass viele Hersteller den Nachhaltigkeitsaspekt bei der Vermarktung nicht mehr in den Vordergrund stellen. Stattdessen wird mit optimistischen Botschaften ein heiteres Lebensgefühl bedient: Iglo präsentiert seine neuen Brokkoli-Käse-Küchlein in der Reihe „Green Cuisine“ in Emoij-Form, als Herzchen, Sternchen oder Smiley. Die Drogeriekette dm stellte diesen Monat gleich 20 vegane Lebensmittel als Limited Edition in die Regale, preiswert und in poppigem Design. Es ist ja schließlich Veganuary.
Über 2000 Produkt-Launches im Veganuary
Der erste Monat des Jahres etabliert sich zunehmend als Launch-Zone für fleischlose Produkte. Nach Angaben der gemeinnützigen Organisation, die den Veganuary erfunden hat, wurden im Januar 2024 über 2100 neue vegane Produkte auf den Markt gebracht. In diesem Jahr dürfte ihre Zahl noch steigen, mit Nutella Plant-Based gab es bei Ferrero zugleich eine Sortimentserweiterung, die sich als Kassenschlager erweisen dürfte. Wie sich beim Veganuary-Launch Greenwashing vermeiden lässt, können Sie hier nachlesen.
Kundenbindung mal anders: Rapunzel vermittelt Blind Dates
Neuland betritt zu Jahresbeginn auch die Naturkostkette Rapunzel: Sie versucht sich als Partnervermittlung. Kein Scherz. Am Valentinstag können einsame Herzen ein Blind Date in der „Rapunzel Welt“ buchen, einem Besucherzentrum mit Museum und Bio-Restaurant im schwäbischen Legau. Für 45 Euro wird ein „magisches Kennenlern-Erlebnis“ versprochen, Drei-Gänge-Menü mit Weinbegleitung inklusive. Krönender Abschluss ist eine Single-Party in der hauseigenen „Müsli-Disco“. Wenn das nicht zu Kundenbindung führt.
Eine gute Woche noch, und behalten Sie die Zukunft im Blick!