Brand Monitoring: ein Überblick und sieben Tipps

Ob für Markensicherheit, Krisenprävention, Reputation, Wettbewerberbeobachtung oder Trendscouting: Ein Brand Monitoring ist für Marken unverzichtbar geworden. Lag die Aufmerksamkeit früher auf Social-Media-Kommentaren, werden nun auch Bilder, Videos und Podcasts für das Brand Monitoring interessant.
Da die Einsatzmöglichkeiten von Monitoring-Lösungen sehr vielfältig sind, müssen die Ziele im Vorfeld klar definiert werden. (© Unsplash/Tobias Tullius)

Corona hat vieles verändert. Nicht nur, dass viele Unternehmen ihre Vertriebsstrategien ändern und verstärkt auf E-Commerce umschwenken mussten. Wer in dieser turbulenten Zeit seinen Kund*innen nicht zuhörte, setzte schnell aufs falsche Pferd. Nicht so Clarins: Hochwertige Kosmetikprodukte sind das Markenzeichen des französischen Luxusunternehmens. Als die Umsätze aus dem stationären Geschäft pandemiebedingt wegbrachen, fokussierte sich die Marke auf den E-Commerce und nutzte Social Media, um den Kund*innen digitale Erlebnisse zu bieten. Mit verschiedenen Tools von Hootsuite wurde die Strategie umgesetzt. Mithilfe von Brandwatch, dem Social-Listening-Partner von Hootsuite, hat Clarins Kund*innengespräche im Zusammenhang mit seiner Marke analysiert und dabei festgestellt, dass die ursprünglich geplante Kommunikation nicht mehr relevant war.

Während des Lockdowns sank das Interesse an Make-up rapide, da die Menschen in Sachen Hautpflege zu den Basics zurückkehrten. Die gesammelten Daten haben auch gezeigt, dass sich die Präferenzen der Kund*innen verschieben, sodass der ursprünglich geplante Content ins Leere gelaufen wäre. Stattdessen waren nun Inhalte gefragt, mit denen Kosmetik vermarktet werden konnte, die auf die Auswirkungen von Stress zugeschnitten sind.

Nicht zuletzt aufgrund solcher Erkenntnisse konnte die Marke passende Maßnahmen einleiten, unter anderem eine Videoberatung und ein Beauty-Coaching über Instagram-Stories im DIY-Charakter. Auf der Grundlage von Trend-Konversationen in Suchmaschinen und Social-Media-Kanälen wurde außerdem eine wirksame Social-Media-Werbestrategie entwickelt. Die Kombination der Maßnahmen war erfolgreich. Indem das Unternehmen den Kund*innen zugehört hat, sich schnell anpasste und seine Taktik änderte, konnte es trotz Schließung der Geschäfte neue Einnahmequellen im Internet auf- und ausbauen.

Shoppinggewohnheiten rücken in den Fokus

In der Zeit vor Corona haben Marken ein Social­Media-Monitoring und -Listening üblicherweise für Image- und Trendanalysen eingesetzt. Nachdem im stationären Handel aber coronabedingt Umsätze einbrachen, sind auch für klassische Marken die Shoppinggewohnheiten stärker in den Blickpunkt gerückt. Dabei spielen Influencer*innen eine wichtige Rolle im Social Web. Sie sind in der Regel Meinungsmacher*innen und Multiplikator*innen zugleich. Vor allem YouTube-Stars und beliebte Instagrammer*innen beeinflussen die Kaufentscheidungen ihrer Follower*innen.

Moderne Monitoring-Lösungen helfen mittlerweile Marken dabei, passende Influencer*innen zu identifizieren. Durch das Monitoring wird automatisiert ermittelt, welche Influencer*innen über gewünschte Themenumfelder berichten. Die Anzahl der Posts, das Sentiment der Inhalte und die Reichweite sind gute Anhaltspunkte für die Auswahl der passenden Partner. Ebenso können Marken mithilfe solcher Tools die geleistete Arbeit bestehender Influencer*innen-Kooperationen beurteilen. Die harten Zahlen zeigen, wer berichtet und wie die Resonanz darauf ausfällt. Durch das Monitoring zuvor definierter Kriterien lässt sich schnell herausfinden, mit welchen Influencer*innen eine Zusammenarbeit erfolgreich ist und mit welchen nicht.

Tipps und Produktinfos begehrt

Warum es so wichtig ist, in diesen Zeiten das Ohr ganz nah an den Social-Media-Konsument*innen zu haben, zeigt auch eine aktuelle Studie des ECC KÖLN. Demnach hat Corona zu einem starken Anstieg der Followerzahlen geführt. Jede*r fünfte der befragten Social-Media-Nutzer*innen (22 Prozent) gab an, seit der Krise mehr Händler- und Herstellerseiten zu folgen – unter den Jüngeren waren es sogar 38 Prozent. Altersübergreifend wurden dabei insbesondere Instagram (48 Prozent) und TikTok (44 Prozent), aber auch Facebook (34 Prozent) angesteuert. Gesucht wurden vor allem Informationen zu neuen Produkten, Rabatten oder auch Tipps und Tricks rund um die Produktnutzung.

Das Monitoring kann das gesamte öffentliche Internet abdecken

Entsprechend nahm auch die Kommunikation über Marken und ihre Produkte im Social Web zu. In den Communitys äußern Konsument*innen ungehemmt ihre Wünsche, Lob, Kritik und Kaufabsichten oder zeigen Interesse an bestimmten Themen. Meinungen über Produkte und Marken werden geteilt. Gute, aber auch schlechte. Letztere können schnell zu einem Shitstorm anwachsen. Viele große Marken haben dies bereits erlebt. Ein wirksames Mittel dagegen sind umfassende Informationen und schnelle Reaktionen. So ermöglichen nahezu alle Social-Monitoring-Lösungen automatische E-Mail-Alarme oder dass sofort Push-Mitteilungen an die Markenverantwortlichen geschickt werden, sobald ein bestimmtes Thema häufig diskutiert und geteilt wird. Je stärker Marken nun selbst zu Onlinehändlern werden, desto wichtiger ist es, die Meinungen und Bewertungen zu Produkten und Dienstleistungen in das Social-Media-Monitoring einzuschließen. Dabei muss das Monitoring nicht auf die sozialen Medien beschränkt bleiben. In der Regel kann das gesamte öffentliche Internet abgedeckt werden, inklusive Blogs, Foren und Bewertungsplattformen. Spielt der Handel für eine Marke eine direkte Rolle, sollte auch ein Review-Monitoring in eine technische Gesamtlösung einbezogen werden.

Die Positionierung der Wettbewerber wird in diesem Zusammenhang ebenfalls interessanter und kann am besten automatisiert beobachtet werden. Die S.I.E Solutions, ein Spezialist für Digitalisierung und Systemintegration, nutzt zum Beispiel ein Monitoring (Echobot), um über aktuelle Kund*innenkommentare sowie die Geschehnisse im eigenen Marktumfeld informiert zu sein. Insbesondere während der ersten Phase der Pandemie wollte das Unternehmen über die wichtigsten Neuigkeiten der Kund*innen im Bilde bleiben und so Anknüpfungspunkte für Gespräche vorweisen. Während zuvor noch händische Recherchen und hoher personeller Aufwand zur Aufbereitung der Medienbeobachtung nötig waren, liefert die Software nun eine fertige Zusammenstellung der gewünschten Themen und Medien. Ausgewählte Artikel werden mit einem Klick an alle Mitarbeitenden versendet. In Kombination mit zwei weiteren Tools des gleichen Dienstleisters erhält das Unternehmen automatisiert einen kompletten Markt- und Wettbewerbsüberblick.

Markenliebe messbar machen

Obwohl sich der Fokus vieler Marken nun auf den Handel verschiebt, dürfen Image und Branding nicht vernachlässigt werden. Sie bleiben weiterhin enorm wichtige Aspekte, die Unternehmen im Netz im Blick behalten müssen, denn wenn das Markenbild stimmt, können Konsument*innen leichter für den Kauf begeistert werden. Die Social-Listening-Plattform Talkwalker hat kürzlich die bei Nutzer*innen beliebtesten Marken der Welt ermittelt und die „Love Brands“ gekürt. Also Marken, zu denen Menschen eine positive Verbindung haben. Mehr als 1200 Marken weltweit wurden anhand verschiedener Kriterien im Web analysiert, unter anderem flossen die Engagement-Rate und das Sentiment der Verbraucher*innen in Social Media und in den News ein, ebenso ein prozentualer Anteil der Erwähnungen, die zur Kategorie „Freude“ gehören oder bestimmte Schlüsselwörter enthielten. Das Ergebnis: Die in der DACH-Region im Web beliebtesten Marken sind demnach Obi, Sennheiser und Rossmann. Der Vorteil: Verbraucher*innen bleiben Marken nicht nur eher treu, wenn sie eine starke emotionale Verbindung zu ihnen haben: Wer eine Marke liebt, empfiehlt sie auch mit größerer Wahrscheinlichkeit weiter.

Doch eine positive Verbindung zwischen Menschen und Marken äußert sich nicht nur in Texten. Bilder und Videos dominieren das Web und transportieren Emotionen weit besser als aneinandergereihte Worte. Entsprechend sollten und werden auch Bilder und Videos mittlerweile in das technische Brand Monitoring eingeschlossen. Auf diese Weise sind Unternehmen im Social Web in der Lage, zum Beispiel Beiträge zu finden, in denen Fotos mit ihrem Markenlogo gepostet werden, ohne dass der Markenname im Begleittext erwähnt wird.

Podcast-Monitoring kommt

Auch neue Kanäle lassen sich immer besser analysieren. So hört rund die Hälfte aller Deutschen mittlerweile regelmäßig oder zumindest gelegentlich Podcasts. Diese Audioformate werden vor allem von jüngeren und gebildeteren Zielgruppen überdurchschnittlich häufig genutzt. Das ergab eine repräsentative Studie, die der Podcast-Vermarkter Julep und die Agentur Pilot jüngst erhoben haben. Diese hohen Nutzungszahlen legen nahe, dass Marken, die wissen möchten, was über sie gesprochen wird, künftig auch im wahrsten Sinne des Wortes „zuhören“ müssen und dieses Kommunikationsmedium „auf dem Monitor“ haben sollten. Auch bisher konnten bereits Podcasts in ein Brand Monitoring eingeschlossen werden. Doch dabei untersuchten die Anbieter lediglich die Shownotes, also die kurzen geschriebenen Erklärtexte zu einer Episode.

Erste Analyse-Tools sind in der Lage, auch gesprochene Inhalte zu durchsuchen

Erste Sprachanalysetechnologien sind nun in der Lage, auch gesprochene Inhalte zu durchsuchen. Noch stecken sie in den Kinderschuhen, aber man darf davon ausgehen, dass sie sich schnell entwickeln und verbreiten werden. In den USA hat beispielsweise die Telekommunikationsmarke Verizon damit schon gute Erfahrungen gesammelt. Anfang des Jahres berichteten mehrere Nachrichtenquellen in den USA, dass der Starinvestor Warren Buffett Verizon-Aktien gekauft hatte. Die Konversationen flachten dort schnell wieder ab. Mithilfe von Podcast-Monitoring wurde festgestellt, dass die Aktie noch Wochen nach den ersten Meldungen positiv besprochen wurde. Solche in Podcasts „versteckten“ Erwähnungen zu finden, ermöglicht es einer Marke, besser zu reagieren und die Kommunikation anzupassen. Eine andere Analyse im „Nintendo Switch Craft“-Podcast zeigte, dass eine Marke trotz vieler positiver Begriffe auch Erkenntnisse darüber erhalten kann, was für zukünftige Updates verbessert werden muss. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis ein Podcast-Monitoring im Rahmen eines automatisierten Brand Monitorings zu den Standardinstrumenten gehört. Erste Podcast-Monitoring-Lösungen schließen bereits deutschsprachige Podcasts in die Sprachanalyse ein. Diese Entwicklung gilt als wichtiger Schritt, um künftig umfassende und valide Stimmungsbilder zu erhalten und die Marketingeffizienz zu steigern.

7 Tipps: So schaffen Sie die Rahmenbedingungen für ein automatisiertes Brand Monitoring

  1. Da die Einsatzmöglichkeiten von Monitoring-Lösungen sehr vielfältig sind, müssen die Ziele im Vorfeld klar definiert werden.
  2. Identifizieren Sie alle Kanäle, in denen über Ihre Marke gesprochen wird.
  3. Wählen Sie eine passende Social-Monitoring-Lösung beziehungsweise einen entsprechenden Dienstleister und monitoren Sie die identifizierten Quellen kontinuierlich.
  4. Egal wo sie im Markt „zuhören“ möchten: Berücksichtigen Sie die Sprache Ihrer Kund*innen, wenn Sie Themen und Keyword-Listen festlegen.
  5. Rüsten Sie sich von Beginn an für Eventualitäten: Ablaufpläne für Krisenkommunikation oder für das Einbinden des Kundenservices sollten ausgearbeitet werden und bei Bedarf sofort abrufbar sein.
  6. Schauen Sie auch über den Tellerrand und schließen Sie Wettbewerber in das Monitoring ein – so können Sie Gefahren, aber auch Trends besser erkennen.
  7. Handeln Sie bei Bedarf unverzüglich: Automatische E-Mail-Alerts oder Push-Mitteilungen helfen Ihnen dabei, einen Shitstorm frühzeitig zu erkennen und eventuell zu unterbinden.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Januar-Printausgabe der absatzwirtschaft.

(kaz) ist Fachjournalist für digitales Marketing. Seit Mitte der Nullerjahre begleitet er mit seinen Artikeln die rasanten Entwicklungen der Online-Werbebranche. Der Maschinenraum der Marketing-Technologien fasziniert ihn dabei ebenso wie kreativ umgesetzte Kampagnen. Der freie Autor lebt und arbeitet in Berlin.