Alles hat seinen Preis

Personalkosten und Inflation üben Druck auf die Margen von Agenturen aus. Dem könnten sie begegnen, indem sie Kosten reduzieren oder beim Umsatz zulegen und die Preise erhöhen – wie andere auch.
Larissa Pohl, GWA-Präsidentin und CEO von Wunderman Thompson in Deutschland
Larissa Pohl schreibt in dieser Kolumne über den Einfluss der KI auf die Berufswelt. (© Cecil Arp, Montage: Olaf Heß)

Agenturchef*innen sprechen aktuell auffällig oft über Geld. Fachkräftemangel und inflationsbedingte Kostensteigerungen setzen das Ertragsmodell unter Druck. Womit sich Agenturen aber schwertun, ist das eigentlich Naheliegendste, nämlich die Preise zu erhöhen. In Zeiten, in denen sogar Discounter ihre Preise anheben, muss man sich die Frage stellen, warum das so ist.

Eine Antwort mag im Rollenverständnis der Agenturen liegen. Agenturen verstehen sich vielleicht zu sehr als Dienstleister. Sie schaffen ein sehr wertvolles Produkt für ihre Kund*innen. Und Agenturen lieben ihre Arbeiten – meistens. Aber zur Geschichte gehört genauso, dass sie Wirtschaftsunternehmen sind. Und wenn die monatlichen Rechnungen und Gehaltsschecks steigen, dann muss die Agentur an der Erlösseite tätig werden.

Diese kaufmännische Perspektive sollte sich dann auch in der entsprechenden Position in Verhandlungen zeigen. Der Einkauf ist auf Preisnachlässe gepolt, aber so verständlich das ist, so wenig dürfen Agenturen dem in der jetzigen Situation nachgeben. Hier hilft professionelle Verhandlungsführung, aber auch die Erkenntnis von der Begehrlichkeit der Agentur.

Überhaupt scheint mir die Verhandlungsbasis der Agenturen besser, als diese vielleicht selbst glauben. Sie erbringen eine wichtige und komplexe Dienstleistung, nach der unternehmensseitig hoher Bedarf besteht. Und die Auswahl an Agenturen mag groß erscheinen, ist sie aber nicht, wenn man alle Kriterien berücksichtigt. Tatsächlich werden aktuell viele Pitch-Anfragen agenturseitig abgelehnt, weil der angebotene Prozess oder die Bezahlung nicht attraktiv sind. Verpackt wird die Absage dann mit fehlender Kapazität. Häufig ist es aber genau die wirtschaftliche Betrachtung.

Offenbart man diese, stößt man oder frau häufig auf Unverständnis oder sogar Verärgerung. Agenturen wären also qua Marktposition durchaus in der Lage, Preiserhöhungen durchzusetzen.

Mit Preisunterbietungen erreichen Agenturen allenfalls Kurzfrist-Ziele.

Noch immer dominiert die Bezahlung nach Stundensätzen. So sehr sich dieses Modell wegen seiner Praktikabilität bewährt haben mag, ob es wirklich immer das richtige ist, bezweifele ich. Agenturen schaffen, gemeinsam mit ihren Kund*innen, bedeutende Werte, profitieren aber von diesen Wertzuwächsen häufig nicht, weil sie sich nur für ihren Input bezahlen lassen. Ebenso profitieren sie nicht von Effizienzen in der Agentur. Agenturen sollten aktiv alternative Vergütungen diskutieren. Mit Preisunterbietungen erreichen Agenturen allenfalls Kurzfrist-Ziele. Solange Unternehmen immer auf jemanden verweisen können, der das vermeintlich Gleiche „deutlich günstiger“ anbietet, hat die ganze Branche ein Problem. Es ist jetzt ein guter Zeitpunkt, diese Abwärtsspirale aufzuhalten. Als Branche. Gemeinsam mit unseren Kund*innen.

Larissa Pohl ist Präsidentin des Gesamtverbands Kommunikationsagenturen GWA und CEO von Wunderman Thompson in Deutschland. Als Kolumnistin schreibt sie über die Zusammenarbeit von Unternehmen und Agenturen.

Larissa Pohl ist GWA-Präsidentin und Europe Lead für Coca-Cola bei WPP.  Die Kolumnistin schreibt im Wechsel mit Franziska Duerl und Roland Bös über die Zusammenarbeit von Unternehmen und Agenturen.