Niemand mag schlechte Werbung

Muss Werbung kreativ sein? Sie soll doch vor allem verkaufen. Was in der Branche oft als Widerspruch etabliert wird, ist in Wahrheit keiner, meint unser Kolumnist.
Martin Eggert
Martin Eggert, Geschäftsführer Beratung: „Schlechte Werbung mag keine*r. So einfach ist das.“ (© David+Martin)

„In einer Besenkammer ist kein Platz zum Denken“, sagt Michael Caine als Professor Stephen Miles im Blockbuster „Inception“. Und obwohl sich jede*r Markenverantwortliche für die eigene Marke das Standing wünscht, wie es sich Hornbach, Old Spice oder Nike erarbeitet haben, tut kaum eine*r etwas dafür. Stattdessen ist das Denken oft klein und beengt, das Briefing lässt wenig Raum für Mut und Kreativität.

Wenn wir als Agentur so einen Brief aus der Besenkammer bekommen, prüfen wir ihn noch einmal ehrlich auf sein Kreativpotenzial – und sagen im Zweifel lieber ab. Wir glauben nicht an diese Art der Werbung, sondern möchten für starke Kreation stehen, die Menschen bewegt. Das ist kein Selbstzweck, denn wir sind eine Agentur und leisten Dienst. Ja, wir möchten mit Marken arbeiten, die sich selbst und ihr Dasein ernst nehmen. Die aber auch uns und unser Dasein ernst nehmen. Und obwohl wir das gar nicht als Widerspruch sehen, folgt dieser Haltung ein gewisser Selektionsprozess auf Kunden- und auf Talentseite. Wir würden sagen: Wegen dieser Haltung haben wir die spannenderen Kund*innen, wegen dieser Haltung kommt zu uns das bessere Talent. Und nur so können wir letztendlich Kreation machen, die berührt, die aufwühlt, die verändert.

Und wie steht es nun ums Verkaufen? Erst mal: Wir verstehen, dass Werbung und Kommunikation auch verkaufen müssen. Wir wissen, dass Markenverantwortliche nicht primär für Mut an der Marke, sondern für konstanten Absatzerfolg bezahlt werden. Viele Entscheidungen sind deshalb angstgetrieben, aber aus Angst entsteht eben selten Gutes oder gar Großes. Das gibt’s nicht ohne Risiko. Eine Marke so gegen die Gewohnheit zu entwickeln, wie wir es gemeinsam mit Fielmann, Guhl oder Hannoversche machen, ist nicht der Weg des geringsten Widerstands. Es ist mutig. Und warum ist es richtig, sich für mehr gute Werbung einzusetzen? Das ist leicht. Gute Werbung mag jede*r. Man lacht oder weint mit ihr und über sie, wird zum Neudenken und Anders-Handeln angeregt. Sie darf wiederkommen, denn man sieht sie gern. Und was man mag, das kauft man. Schlechte Werbung mag keine*r. So einfach ist das.

Deshalb hat reine Preis- und Vorteilskommunikation auch noch keinem oder keiner geholfen. Es gibt viele Mahnmale in unserer Branche, eines der bekanntesten ist sicherlich Praktiker. Keine Kreativität, dafür reine Preiskommunikation. Praktiker ist seit 2013 insolvent. Und auf der anderen Seite? Eine Schokolade, in der man das Gute entdecken kann. Ein kleiner Junge, der im Ballettstudio aus der Reihe tanzt und einer Generation von Kindern und ihren Eltern Selbstbewusstsein gibt. Eine Familie, die im Morgenlicht im Bett liegt und schläft, gleich einem Stillleben. Ehrliche, einzigartige, kreative Werbung fernab von allen Kategorie-Codes. Weil erfolgreiche Markenarbeit aus Differenzierung statt Gleichmacherei entsteht. Und weil zu kommunizieren, was wirklich wichtig ist, unsere Form der Kreativität ist. Die wichtigen Dinge aber sind eben immer fragil, sie bergen Risiko. Deshalb müssen wir mutig sein. Denn nur Mut wird mit Erfolg belohnt.

Martin Eggert gründete David+Martin – eine Agentur, die für Kreativität und viel Haltung steht.

Martin Eggert gründete David+Martin – eine Agentur, die für Kreativität und viel Haltung steht. Der Kolumnist schreibt im Wechsel mit Nadja Bergelt-Stephan über Agentur-Kunden-Beziehungen.