Marken-Award 2019 – Die Finalisten: Der Name der Rose mit Seidensticker

Bis zur Verleihung des Marken-Award am 21. Mai in Düsseldorf stellen wir in loser Folge die zehn Finalisten in fünf Kategorien vor. Heute: Seidensticker entstaubt sein Markenprofil und findet mit globaler Ästhetik Anschluss an jüngere Zielgruppen. Damit ist das Unternehmen in der Kategorie „Bester Marken-Relaunch“ nominiert.
Jubiläumskampagne mit Hundertjährigen: Authentische Persönlichkeiten mit Anspruch an Ästhetik (© Seidensticker)

Man kann als Bekleidungshersteller verlässlich gute Qualität liefern, aber den Zug der Zeit verpassen. Bei Seidensticker erkannte man diese Gefahr vor vier Jahren: Die Strahlkraft der Marke hatte spürbar nachgelassen, das Profil war unscharf, das Image angestaubt. Zwar behauptete sich Seidensticker nach wie vor als Deutschlands bekannteste Hemdenmarke, aber die KPIs in puncto Markenpräferenz, Markenkauf und sogar Markenbekanntheit schwächelten doch. Zudem alterte die Marke mit ihrer Ü60-Stammkundschaft, junge Käufer wuchsen kaum nach.

Der Abwärtstrend war also dringend zu stoppen. Die Marke, so die Herausforderung, muss sich fit machen für einen stark veränderten, obendrein schrumpfenden Markt, der einerseits vom E-Commerce, andererseits von einem verschärften Wettbewerb am PoS geprägt ist.


Wenn Sie live beim Marken-Award dabei sein wollen, buchen Sie hier ihre Tickets.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden


Seidensticker entwarf einen facettenreichen Masterplan, der das Schiff wieder auf Kurs bringen sollte. Man beschloss eine konsequente Fokussierung auf Potenzialgruppen zwischen 20 und 49 Jahren sowie eine klare Positionierung. Die Botschaft: Seidensticker ist die führende europäische Hemden- und Blusenmarke im formellen und semiformellen Segment. Als wichtige Attribute der Markenpersönlichkeit definierten die Bielefelder „hochwertig“, „echt/authentisch“, „professionell“, präzise“, „innovativ“, „zeitgeistig“, „ikonisch“ und „stilvoll“. Seidensticker sollte vor allem wieder begehrlicher und emotionaler werden.

2017 ging es an die Umsetzung. Die Sublabels mit ihren verschiedenen Passformen wurden gestrichen, seitdem gibt es nur noch die Marke Seidensticker in fünf Passformen. Eine modernere, globale geprägte Ästhetik löste den konservativen Geschmack in der Kollektion ab. Die Models sind jung und kosmopolitisch – und entsprechend gekleidet. Im neuen Markenauftritt rückt wieder das visuelle Symbol der Marke, die bereits 1968 eingeführte „Schwarze Rose“, in den Blickpunkt. 2018 folgten ein EU-weiter Online-Shop sowie ein neues Ladenbaukonzept für die Seidensticker-Filialen. Um die junge Klientel zu erreichen, stärkte die Marke auch ihre Präsenz in den sozialen Medien. Seidensticker auf Instagram – das wäre vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen.

Seidensticker gewinnt viele jüngere Neukunden

Die Maßnahmen zeigen Wirkung. Der Umsatz der Marke Seidensticker steigt Jahr für Jahr an, es kommen viele Neukunden aus jüngeren Zielgruppen hinzu, die Effekte sind im klassischen Handel und im E-Commerce spürbar. Und auch in der Social-Media-Kommunikation schlägt sich Seidensticker deutlich besser. Die konsequente Stärkung der Kernmarke ist umso wichtiger, als das Unternehmen Ende 2019 die Masterlizenz für die Marke Camel Active abgeben muss. Der Verlust war wichtigster Auslöser für die schmerzliche Entscheidung, 120 Arbeitsplätze zu streichen und vier der 35 Ladengeschäfte zu schließen.

In diesem unruhigen Fahrwasser feiert die Marke in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag. In der Jubiläumskampagne haben doch wieder die Senioren ihren Platz, sogar die besonders alten: Die Motive zeigen Hundertjährige im weißen Klassiker mit der schwarzen Rose – mit natürlichen Falten, ausdrucksvollem Lächeln und wachem Blick. Ist das ein Bruch mit der neuen Positionierung? Überhaupt nicht, betont der geschäftsführende Gesellschafter Frank Seidensticker: „Unser Produkt steht für Offenheit und Ehrlichkeit, Qualität durch Erfahrung – ebenso für einen hohen Anspruch an Ästhetik und ein hohes Maß Authentizität. Die Kampagne spiegelt also unsere Werte wider.“

Diese Finalisten haben wir bereits vorgestellt:

Folge 1: Grüße aus der Kindheit von Ahoj-Brause („Beste neue Markendehnung“)

Folge 2: Ausflug in die City mit Toom („Beste neue Markendehnung“)

Folge 3: Alles ganz einfach mit MAN (Bester Marken-Relaunch)

(kj, Jahrgang 1964), ewiger Soul- und Paul-Weller-Fan, hat schon für Tageszeitungen und Stadtmagazine gearbeitet, Bücher über Jugendkultur und das Frankfurter Bahnhofsviertel geschrieben und eine eigene PR-Agentur betrieben. 1999 zog es ihn aus dem Ruhrgebiet nach Frankfurt, wo er seitdem über Marketing-, Medien- und Internetthemen schreibt, zunächst als Ressortleiter bei „Horizont“, seit 2008 als freier Journalist und Autor. In der Woche meist online, am Wochenende im Schrebergarten.