Wie Unternehmen ihre Stimme nutzen können

Die Outdoor-Bekleidungsmarke Patagonia setzt sich für den Stopp der Grundschleppnetzfischerei in Europa ein. Beth Thoren, Director of Environmental Campaigns, erklärt, wie das Unternehmen die Kampagne aufgebaut hat.
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Beth Thoren arbeitet als Director of Environmental Campaigns EMEA bei Patagonia. (© privat (Montage: Olaf Heß))

Habt ihr schon einmal einem Wal in die Augen geschaut? Ich schon. Diese unvergessliche Begegnung geschah während meines Sabbaticals mit der Sea Shepherd Conservation Society. Wir waren auf See, als mir plötzlich ein Wal von der Größe eines Sattelschleppers fast zum Greifen nahekam.

Bis zu dem Moment hatte ich die feste Absicht, nach der Auszeit in die Business-Welt zurückzukehren, aus der ich gekommen war. Aber in diesem Augenblick wusste ich: Ich kann nicht länger zusehen, wie die Natur und damit auch unsere Zukunft mutwillig zerstört werden. Seitdem ist der Umweltschutz der Mittelpunkt meiner Arbeit.

Die Kraft der Community nutzen und die Meere schützen

Die Grundschleppnetzfischerei ist eine große Gefahr für die Meere: Bei der Fangtechnik werden schwere, bis zu 46 Meter breite Netze über den Meeresboden gezogen. Das Aufwühlen des Meeresbodens verursacht pro Jahr einen riesigen CO2-Ausstoß. Hinzu kommt die Zerstörung des Meeresbodens, der für viele Tiere als Nahrungsquelle dient, sowie riesige Mengen an Beifang, die bei diesem Verfahren „ungewollt“ gefangen werden.

Patagonia nutzt die Kraft der Community, mit dem Ziel, diese Praktik zu beenden und eine nachhaltige Fischerei zu fördern. Auf der Website informieren wir über das Thema, über Newsletter, Social Media oder lokale Events machen wir auf das Problem aufmerksam und ermöglichen allen, über eine Petition ihren Beitrag zu leisten.

Auch unsere Stores nehmen eine Schlüsselrolle ein:  Wir nutzen die Fläche und Schaufenster, um das Thema Meeresschutz in den Vordergrund zu stellen und klären bei Info-Abenden im Geschäft unsere Community auf. Diese Community ist nicht selbstverständlich, sondern über die Jahre mit viel Aufwand und Fürsorge gewachsen. Denn: Wir brauchen Menschen, denen die Natur genauso am Herzen liegt wie uns.

Kampagnen mit Wirkung: Tipps zur Umsetzung

Bei all unseren Kampagnen hinterfragen wir stets, wie groß der Nutzen für den Planeten ist. Dafür sind wir auf das Feedback der Community sowie den Expert*innen von NGOs, die uns immer wieder auf Missstände hinweisen, angewiesen. Wir prüfen genau, welchen messbaren Impact eine Kampagne haben kann – und planen dazu auch immer einen langen Atem ein. So unter anderem auch bei unserer Kampagne “Artifishal”, die sich seit 2019 für die Zukunft von Wildfischen und ein gesundes Ökosystem einsetzt. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Unterstützung von kleinen Fischereibetrieben, die mit ansehen mussten, wie die Fische und die Lebensgrundlagen in ihren Gemeinden durch die industrielle Fischerei verschwunden sind.

Unternehmen haben die Chance, ihre Stimme für den Umweltschutz einzusetzen. Sie stehen in der Verantwortung, die Natur zu schützen, anstatt sie für ihre Gewinne auszubeuten, zu verschmutzen und zu zerstören. Führungskräfte müssen verstehen: Der langfristige Erfolg eines Unternehmens hängt von einer gesunden Natur und einem gesunden Klima ab. Entscheidungsträger*innen sind Vorbilder.

Sie sollten Überzeugungsarbeit leisten und Argumente liefern, die bei Mitarbeiter*innen und Kund*innen im Sinne des Naturschutzes auf Resonanz stoßen. Sie sollten ihre Zeit und ihr Fachwissen für eine positive Verbesserung einsetzen und sich gleichzeitig im Dialog mit den Regierungen für Wirtschaften entlang der planetaren Grenzen einsetzen.

Damit eine wirkungsvolle Kampagnenarbeit gelingen kann, ein einige Tipps:

  • Hört auf die Expert*innen und baut einen Dialog mit eurer Community auf, unterstützt diese, aktiv zu werden
  • Fokussiert euch auf Maßnahmen, die einen wirklichen Impact auf die Natur und das Klima haben
  • Holt intern alle mit an Bord, Teil der Mission zu sein
  • Stellt das Thema in den Vordergrund
  • Habt einen langen Atem und feiert die Etappensiege

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Der Einsatz lohnt sich. Ich erinnere mich noch gut an den Moment auf dem Schiff vom Sea Shepard, als ich die Verbindung zu dem Wal herstellte und ich das Gefühl bekam, ein Teil von etwas Großem zu sein. Ich wusste: Es gibt einen wichtigen Platz für mich – diesen kleinen Menschen.

Natürlich werden nicht alle von uns mit dem ehrfürchtigen Blick eines Wals belohnt, aber, dass was die Natur uns zurückgeben kann, ist von unschätzbarem Wert. Gerade auch Führungskräfte sollten im Hinterkopf behalten, dass unternehmerische Entscheidungen im Sinne der Natur letztlich auch Mitarbeiter*innen und Kund*innen überzeugen und alle zusammen eine gemeinsame Zukunft sichern. Lasst uns dafür gemeinsam im Rahmen unserer Möglichkeiten kämpfen.