Fünf Fragen an Johanna Gollnhofer

Johanna Gollnhofer ist Direktorin des Instituts für Marketing und Customer Insight an der Universität St. Gallen. Im Interview spricht sie darüber, ob Nachhaltigkeit für Konsument*innen wichtig ist.
Nachhaltigkeit Konsum und Konsument*innen: Johanna Gollnhofer
Johanna Gollnhofer ist Professorin für Marketing an der Universität St. Gallen. (© Hannes Thalmann)

Frau Gollnhofer, Sie haben ein Buch über das Verhältnis von Marketing und Nachhaltigkeit geschrieben. Funktioniert das Prädikat nachhaltig als Verkaufsargument? 

Es gibt etwa 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung, die nachhaltigen Konsum befürworten und praktizieren. Das Problem ist, dass das Marketing oft nur die überzeugten Bio-Fans anspricht und die breite Masse übersieht, die zwar Nachhaltigkeit wichtig findet, aber am Regal dann doch nicht nachhaltig kauft. 

Wie erreicht man die breite Masse?  

Die breite Masse tickt anders. Sie findet das Thema Nachhaltigkeit oft nicht ansprechend und weiß nicht, was nachhaltige Produkte sind. Wir müssen nachhaltige Produkte und Dienstleistungen attraktiver machen und dürfen uns nicht nur auf die Bio-Fans beschränken. Es geht darum, Nachhaltigkeit so zu kommunizieren, dass sie für die breite Masse attraktiv wird, ohne dass die Menschen das Gefühl haben, auf etwas verzichten zu müssen. 

Wird der Begriff Nachhaltigkeit nicht verwässert, wenn alle Nachhaltigkeitsprodukte in der Breite anbieten?  

Der Begriff ist bereits verwässert. Es gibt so viele unterschiedliche Interpretationen und Erwartungen an Nachhaltigkeit. In der Kommunikation und Werbung gewinnt man nicht unbedingt mit dem Wort Nachhaltigkeit die Herzen der breiten Masse. Es geht darum, den Mehrwert und die Vorteile der Produkte in den Vordergrund zu stellen, ohne sich ausschließlich auf das Label nachhaltig zu verlassen.  

Also würden Sie sagen, dass der Begriff Nachhaltigkeit in der Kundenkommunikation vermieden werden sollte?  

Ja, zumindest in der Werbung. In Nachhaltigkeitsberichten und in der Kommunikation mit Stakeholdern, die sich explizit für Nachhaltigkeit interessieren, hat der Begriff natürlich weiterhin seinen Platz. Aber um die breite Masse zu erreichen, sollten wir uns auf die positiven Aspekte der Produkte konzentrieren, die über das Label nachhaltig hinausgehen.  

Wie können Marken dann Glaubwürdigkeit im Bereich Nachhaltigkeit aufbauen?  

Glaubwürdigkeit entsteht durch Transparenz, ehrliche Kommunikation und echte Fortschritte in Richtung Nachhaltigkeit. Marken müssen zeigen, dass sie sich ernsthaft bemühen, ihre Produkte und Prozesse nachhaltiger zu gestalten. Das erfordert oft einen langfristigen Ansatz und die Bereitschaft, in nachhaltige Innovationen zu investieren. 

(amx, Jahrgang 1989) ist seit Juli 2022 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Er ist weder Native noch Immigrant, doch auf jeden Fall Digital. Der Wahlberliner mit einem Faible für Nischenthemen verfügt über ein breites Interessenspektrum, was sich bei ihm auch beruflich niederschlägt: So hat er bereits beim Playboy, in der Agentur C3 sowie beim Branchendienst Meedia gearbeitet.