Die zehn Wege der Markendehnung

Markendehnung kann eine Ideenquelle für neue Angebote sein, die Marke mit neuer Energie aufladen, sie stärken und ein kostensparender Weg zum Aufbau einer Marke sein. Als Plattform für neues Wachstum nutzt sie die Reputation und Glaubwürdigkeit einer bestehenden Marke. Nicht immer ist Markendehnung die optimale Lösung, in den meisten Fällen sollte sie aber in die Diskussion über die Markenstrategie und neue Produkte einbezogen werden.

Wichtig ist, geeignete Produktkategorien für eine Markendehnung zu identifizieren, die von den Markenassoziationen profitieren und diese ihrerseits positiv beeinflussen können. Die meisten Unternehmen analysieren zunächst die Assoziationen und sammeln dann Ideen, für welche Produktkategorien diese relevant sein könnten. Ein systematischerer Ansatz führt über die zehn Wege der Markendehnung, die sich bei der Analyse erfolgreicher Markendehnungen herauskristallisiert haben.

Ed Tauber, ein Freund von mir, gilt als Begründer der Markendehnung. Bereits im Jahr 1988 analysierte er in einer wegweisenden Studie 275 erfolgreiche Markendehnungen. Seine Schlussfolgerung: Die meisten von ihnen ließen sich einem von sieben verschiedenen Ansätzen zur Markendehnung zuordnen. Parham Santana, eine auf Markendehnung spezialisierte Agentur, hat die Studie im vergangenen Jahr gemeinsam mit Tauber wiederholt – mit einer größeren Stichprobe von 500 erfolgreichen Beispielen aus der Praxis. Die neuere Analyse ergab zehn verschiedene Wege der Markendehnung. Jeder der einzelnen Fälle passte zu mindestens einem der Ansätze. Die Studie liefert weitere Erkenntnisse über die strategische Markendehnung – Einsichten, die die Suche nach erfolgversprechenden Produkten effizienter gestalten und auf ein solideres Fundament stellen.

Die zehn Wege sind:

1. Veränderung der Form, Beispiele: Starbucks Frappuccino, Snickers-Eiskremriegel, Spielwerkzeug von Black & Decker, Nutella Dipping Sticks, Tetrapacks von Landliebe Milchgetränke.
2. Transfer eines Bestandteils, Beispiele: Schuhe von Dr. Scholl, Aspirin Complex, Nivea Bodylotion, Fertigkuchen von Dr. Oetker.
3. Transfer eines Nutzenelements, Beispiele: Eiskremriegel von Weight Watchers, Kellogg’s AllBran, Schmutzradierer von Meister Proper.
4. Transfer von Expertise, Beispiele: Rasenmäher von Honda, Zara Home, Philips Senseo Kaffeemaschine, Rotes Kreuz Erste Hilfe Verbandskästen.
5. Begleitprodukte, Beispiele: Davidson-Bekleidung, Möbelpolitur von Steinway, Kaffee von Dunkin‘ Donut, Zahnbürsten von Colgate, iTunes.
6. Nutzung der Kundenbasis, Beispiele: Adidas-Uhren, Walt Disney Parks, Hugo Boss Parfum, Tchibo Reisen.
7. Transfer des Lifestyle, Beispiele: Küchengeräte/Sonnenbrillen von Porsche, Wasserkessel von Alessi, Lederschuhe von Ferrari, Chucks von Converse, iPhone von Apple.
8. Nutzung der Expertise einer prominenten Persönlichkeit, Beispiele: Jane Fonda Fitness DVD, Wandfarben und Tapeten von Ralph Lauren, Jamie Oliver Kochbuch.
9. Übertragung des Lifestyle einer prominenten Persönlichkeit, Beispiele: Schmuck von Cindy Crawford, Coco Chanel Parfume, Skibekleidung von Willy Bogner, Brillen von Tom Ford.
10. Veränderung des Wettbewerbs durch Veränderung des Markenimages, Beispiele: Converse, Apple, Mini Cooper, Ray-Ban, Audi.

Ideen – selbst gute – sind natürlich nur ein erster Schritt in einem häufig komplexen Entscheidungsprozess (siehe weitere Ausführungen hierzu in meinem Buch Brand Portfolio Strategy). Zwei Aspekte veranschaulichen diese Komplexität:

1. Die Entscheidung über eine Markendehnung sollte möglichst in einem breiteren strategischen Kontext getroffen werden, der mehrere Jahre überspannt. Gesamtentscheidungen über ein ganzes Konzept von Markendehnungen sind außerdem besser als Einzelentscheidungen. Die „nächste Erweiterung“ lässt sich vielleicht nur rechtfertigen, wenn man den Nutzen der zusätzlichen oder veränderten Assoziationen berücksichtigt.

2. Das neue Produkt muss eine spezifische Lösung für ein reales Kundenbedürfnis bieten. Empirische Untersuchungen belegen, dass Nachahmerprodukte selten Erfolg haben – selbst Markenprodukte. Zu den großen Gewinnern zählen nur die wirklich unverwechselbaren Produkte – Produkte, die neue Subkategorien definieren, weil der Kunde sie einfach haben muss. Auch eine sinnvolle Markendehnung wird sich nur mit einem überzeugenden Angebot am Markt durchsetzen.

Über den Autor: David Aaker gilt als der Guru der Markenstrategie – Er hat das Markenwertmodell „Aaker Model“ erfunden und über 100 Artikel und 15 Bücher veröffentlicht. Als Vice Chairman berät David Aaker zudem exklusiv die Kunden von Prophet. Als Ehrenprofessor an der Haas School of Business, University of California, Berkeley, bekam er vier Karriere-Auszeichnungen, einschließlich des Paul D. Converse-Preises im Jahre 1996 für seine herausragende Arbeit zur Weiterentwicklung des Marketing.