KI übernimmt – und was macht der Mensch im Marketing? 

Nach dem ersten Experimentieren gilt es für Marketer nun, Künstliche Intelligenz zu operationalisieren. Dafür bedarf es einer Strategie, die klar darauf einzahlt, Wettbewerbsvorteile zu erzielen, meint unser Gastautor.
Sebastian Küpers ist Chief Transformation Officer bei der Plan.Net Group.
Sebastian Küpers ist Chief Transformation Officer bei der Plan.Net Group. (© Plan.Net Group)

Arbeitsabläufe automatisieren und Prozesse effektiver gestalten – für mehr Effizienz. So lautet das Motto vieler Marketer bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz (KI). Das beste Beispiel hierfür ist die Content Supply Chain: In zahlreichen Unternehmen wurden bereits die verschiedensten KI-Tools rund um Bild-, Video- und Textgeneration getestet. Mit ihrer Hilfe lässt sich nun viel schneller Content produzieren. Der Ansatz ist richtig: Mitarbeitende sollten so weit wie möglich von repetitiven Aufgaben entlastet werden, damit sie Zeit gewinnen, ihre Arbeitsbereiche auszubauen und zukunftsorientiert weiterzuentwickeln.  

Die Frage, die sich Marketingverantwortliche dabei stellen müssen, lautet: Wo soll der Produktivitätsgewinn hinfließen? Denn allein effizienter zu werden und Kosten einzusparen, machen Unternehmen auf lange Sicht weder zukunfts- noch wettbewerbsfähig. Wertschöpfender wäre es, die frei gewordenen Kapazitäten in Customer Experiences zu investieren und so für konkrete Wettbewerbsvorteile zu sorgen. Deshalb sollte sich eine KI-Strategie im Marketing nicht allein an der Effizienz der zu verrichtenden Aufgaben orientieren.  

Zukunftsfähige Potenziale freisetzen  

KI-Tools sind bestenfalls entlang der gesamten Wertschöpfungskette einzusetzen, beispielsweise bei Recherchen, Analysen, bei der Content-Produktion, der Media-Planung, Kampagnen-Umsetzung und beim Reporting. Sie sind auch hilfreich beim Managen von Marketing-Tools wie Content-Management-, Personalisierungs- und Business Intelligence-Systemen.  

Damit keine Insellösungen entstehen, ist es von Vorteil, ein interdisziplinäres Team aus Marketingexpert*innen und technischen Fachleuten zu bilden. Zunächst sollte dieses für eine solide Dateninfrastruktur sowie für hochwertige Datenquellen sorgen, koordiniert KI-Tools und -Plattformen auswählen, die gut miteinander kommunizieren und in der Lage sind, gemeinsam an Daten zu arbeiten.  

Parallel dazu definiert das Team die wichtigsten Anwendungsfälle, um die Belegschaft von zeitintensiven, repetitiven Aufgaben zu entlasten. Anschließend starten erste Pilotprojekte, anhand derer die Effektivität der eingesetzten Tools getestet und mit den vorher definierten KPIs abgeglichen werden.  

Eine KI-affine Belegschaft entwickeln 

Es gilt, Mitarbeitende zu befähigen, die neuen KI-Tools auch wirklich gewinnbringend einzusetzen. Das bedeutet, Vorbehalte ab- und zugleich Kenntnisse aufzubauen sowie die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen dem gesamten Team zu fördern. Darüber hinaus sollten Führungskräfte für einen verantwortungsvollen und ethischen Umgang mit der Technologie sorgen. Daher beantwortet eine KI-Strategie auch Fragen zum Datenschutz, zum Copyright, zu Bias oder Fehlfunktionen der Algorithmen, stellt interne KI-Richtlinien auf und treibt die KI-Governance im Unternehmen voran.  

Einen KI-Workflow über die gesamte Wertschöpfungskette zu legen, wird stetig Produktivitätsgewinne freisetzen. Deshalb sollten sich Marketingverantwortliche parallel die Customer Journey ansehen und Anwendungsfälle definieren, wo ihre Marke bessere Erlebnisse bieten kann. Dazu gehören Fragen wie: Was bedeutet KI für die unterschiedlichsten Touchpoints? Wie können Conversational Interfaces und Assistenten wirkungsvoll für Interaktionen mit Kund*innen eingesetzt werden? Wie lassen sich Kundendaten sinnvoll mit KI-Tools nutzbar machen? Was ist heute schon möglich? 

Use Case: KI-gesteuerter Chatbot  

Ein daraus resultierender Use Case kann dann wie folgt aussehen: Ein KI-gesteuerter Chatbot navigiert potenzielle Kund*innen über Sprache durch die Fahrzeugkonfiguration, berät persönlich und hilft, passende Felgen und andere Materialien auszusuchen. Dabei weiß die KI, dass es sich bei den Interessenten um ein gutsituiertes, junges Ehepaar handelt, das gerne mit dem Auto verreist, Luxus, Komfort und Blautöne liebt. So sparen sich Kund*innen das Durchklicken durch die verschiedensten Konfigurationsmöglichkeiten und erhalten das Gefühl, dass sie genauso kompetent und individuell auf ihre Bedürfnisse hin beraten werden wie in einer Niederlassung.  

Dabei gilt, die verschiedensten Anwendungsfälle auszuprobieren, zu testen und zu messen, inwieweit der KI-Einsatz einen positiven Impact darauf hat, wie lange Kund*innen auf der Webseite verbringen, sich mit der Marke und den Produkten beschäftigen und mehr kaufen.  

Mit dieser Strategie investieren Marketingverantwortliche in Maßnahmen, die ernsthafte Wettbewerbsvorteile garantieren und die Chancen der KI-Transformation voll ausschöpfen. Darüber hinaus gibt ein solcher Ansatz einen klaren Kompass vor und verhindert, dass sich Marketers in den ständig neuen und revolutionären KI-Entwicklungen verlieren.