Die Kontroverse um KI-Tools

KI ist laut einer CMO-Umfrage die oberste Priorität für viele Marken. Das macht deutlich: Künstliche Intelligenz wird alles verändern. Sind wir bereit dafür?
Nina Haller, Geschäftsführerin Mediamonks
Nina Haller, Geschäftsführerin der Agentur Mediamonks, über KI-Tools: "Viele Fragen zu ethischen und rechtlichen Standards sind ungeklärt." (© Raimar von Wienskowski)

Im digitalen Zeitalter müssen sich Marketingexpert*innen und CMOs ständig mit neuen Technologien auseinandersetzen. Eines der neuesten Buzzwords ist künstliche Intelligenz (KI). KI, die nichts Geringeres verspricht, als Marketing zu revolutionieren, indem sie Kampagnen und deren Inhalte automatisiert, perso­nalisiert, Kosten senkt und Effizienz verbessert. KI im Marketing wird unbestritten alles verändern, wirft aber viele Fragen auf.

Eine der größten Kontroversen besteht über die ­Verwendung personenbezogener Daten. Um sinnvolle Customer Experiences zu schaffen, müssen sich Werbetreibende zunehmend auf eigene Daten verlassen. Nur wer endgültig den systemischen Bruch zwischen Marketing-, Analytics- und CRM-Daten überwindet, kann überhaupt individuelle Kundenerfahrungen ­schaffen. Ohne Datenintelligenz gelingt echte Personalisierung nicht. Dabei könnten die Grenzen der Privatsphäre überschritten oder gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen werden.

Eine weitere Sorge ist Diskriminierung. Wird zum Beispiel ein bereits voreingenommener Datensatz zum Trainieren eines KI-Tools verwendet, kann das zu voreingenommenen Empfehlungen und damit weiterer Diskriminierung führen. So fasziniert die ganze Branche von ChatGPT, Midjourney, Copy.ai etc. auch sein mag – viele Fragen zu ethischen und rechtlichen Standards sind ungeklärt.

KI als oberste Priorität für Marken

Trotz des Potenzials haben viele Organisationen Schwierigkeiten, selbst Verantwortung für Daten, Marketing-Tools und Ad Tech zu übernehmen. Sie lagern Verantwortung stattdessen gerne an Agenturen aus. Laut dem „Global Trends Report“ von WARC benennen CMOs künstliche Intelligenz als die wichtigste neue Technologie und oberste Priorität für ihre Marken. Während 93 Prozent der CMOs Personalisierung als Kernthema auf ihrer Agenda haben, nutzen nur 38 Prozent Kaufhistorie und nur 20 Prozent Session-Clickstream-Daten. Dieses „Know-Do-Gap“ ist eine der größten Herausforderungen für modernes Marketing.

KI verspricht, Routineaufgaben im Marketing zu automatisieren, zum Beispiel bei Kundensegmentierung, Budget-Allokation und Content-Optimierung. Gleichzeitig erfordert die Technologie erhebliche Investitionen in IT, Dateninfrastruktur, Talente und Schulungen. Viele Unternehmen verfügen nicht über die Ressourcen, das Fachwissen und das Vertrauen in Daten, um KI effektiv zu implementieren und nutzbar zu machen. CMOs müssen jetzt wichtige Grundlagen für modernes Marketing schaffen, indem sie in den Aufbau von digitaler Reife investieren und gleichzeitig Standards schaffen. Nur so können moderne Marketingorganisationen aufgebaut werden.

Nina Haller ist Chief Marketing Officer von Experience One. Die Kolumnistin leitet außerdem als Vorständin des GWA das Ressort Technologie. In ihrer Kolumne blickt sie hinter die Kulissen von CX & MarTech.