CSR und Nachhaltigkeit machen Unternehmen das Leben schwer

Deutsche Unternehmen sind nachhaltig: 98 Prozent der Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern engagieren sich bereits stärker für Umwelt und Gesellschaft, als es vom Gesetzgeber gefordert wird. Dies sind die Ergebnisse einer IHK-Untersuchung. Dem Vorhaben der Politik, das bisher freiwillige Engagement zu bürokratisieren, blicken die Unternehmen mit großer Sorge entgegen.

Von Anne-Kathrin Keller

Nachhaltigkeit ist längst in der deutschen Wirtschaft angekommen. Nahezu jedes Unternehmen engagiert sich über die gesetzlichen Anforderungen hinaus für die Gesellschaft und Umwelt. Das belegt eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zur Praxis der sogenannten Corporate Social Responsibility (CSR) unter 2 000 Unternehmen mit jeweils mehr als 20 Mitarbeitern.

Dennoch haben die Unternehmen Sorge, dass die zunehmende Bürokratisierung von CSR-Regeln auf europäischer Ebene es in Zukunft deutlich schwieriger machen wird, sich zu engagieren. Schlimmer noch: Mehr als jedes fünfte Unternehmen will sein Engagement reduzieren, sollte es rechtlich gezwungen werden, über seine CSR-Aktivitäten zu berichten.

EU verschärft Regelungen

Bisher sind Nachhaltigkeits- und CSR-Aktivitäten freiwillig. Die Brüsseler Kommission hatte im Herbst letzten Jahres die Zielrichtung ihrer „EU-Strategie für die soziale Verantwortung der Unternehmen“ für die Zeit bis zum Jahr 2014 neu definiert. Teil der EU-Strategie ist es, CSR stärker voranzutreiben, indem Unternehmen verpflichtet werden, über ihr Engagement zu berichten. Zudem sollen Unternehmen rechtlich gezwungen werden, soziale und ökologische Kriterien stärker in das öffentliche Auftragswesen einfließen zu lassen.

Unternehmer sehen derartige Regelungen als kontraproduktiv an. Sie können dann nicht mehr selbst entscheiden, in welcher Form sie sich engagieren wollen, sondern werden in eine bestimmte Richtung gezwungen. De facto engagieren sich deutsche Unternehmen heute schon mehr, als von Seiten der EU empfohlen wird.

Unter CSR versteht man jegliches unternehmerische Engagement für die Gesellschaft, es ist somit Teil der Nachhaltigkeitsstrategie eines Unternehmens. Das reicht von einer weitsichtigen Personalpolitik, kulturellem Engagement bis hin zur Förderung sozialer Projekte innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Kämen die neuen Verordnungen der EU, wären Unternehmen nicht mehr frei, ihre Ressourcen in Bereiche zu stecken, in denen sie besonders effektiv wirken, sondern müssten sich flächendeckender engagieren.

Zudem käme ein erhöhter Kostenaufwand auf die Unternehmen zu. Die DIHK-Umfrage zeigt, wie empfindlich die Wirtschaft gegenüber verschärften Berichtspflichten ist: Selbst vier Fünftel der größeren Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten beschweren sich über den „spürbaren finanziellen und bürokratischen Aufwand“, der ihnen damit drohe.

Bundesregierung hält an freiwilliger Regelung fest

Im Gegensatz zu Brüssel setzt die deutsche Regierung weiter stark auf das Freiwilligkeitsprinzip. Der „Nationale Aktionsplan CSR“ ist eines der Kernelemente der deutschen CSR-Regulierung. Das Dokument will CSR für Unternehmen verbindlicher machen. Dabei handelt es sich aber nicht um rechtlich bindende Vorgaben, sondern darum, das Bewusstsein zu schaffen, dass sich CSR für Unternehmen lohnt.

DIHK-Vizechef Achim Dercks betont, dass die Bundesregierung Betrieben, die sich stärker engagieren wollen, gerade dadurch helfe, Beispiele anderer Unternehmen hervorzuheben, diese zu fördern und Informationen zu verbreiten. Im Frühjahr hat die Bundesregierung zudem den deutschen Nachhaltigkeitskodex veröffentlicht. Dabei handelt es sich um ein sozial-ökologisches Regelwerk, dem sich Firmen freiwillig unterwerfen können.

Laut Umfrage streben 41 Prozent der Firmen an, künftig noch schonender mit natürlichen Ressourcen umzugehen. Zudem hat sich mehr als ein Drittel vorgenommen, die Gesundheitsvorsorge in ihrem Unternehmen zukünftig stärker zu fördern.

Konsequenzen für das Marketing

Härtere Regulierungen hätten auch Konsequenzen für das Marketing. Längst haben Marketer erkannt, dass ein grüner Scheinanstrich allein nur kurzfristig funktioniert und langfristig ein erheblicher Reputationsschaden in Kauf genommen werden muss. Dennoch sollte jedes Unternehmen, das etwas für Umwelt und Gesellschaft tut, auch darüber sprechen und dies in die Werbebotschaften mit aufnehmen. Bei vorgeschriebenen Maßnahmen ist das nicht mehr möglich.

Im Nachhaltigkeitsmarketing schlummert noch viel Potenzial. Darum hat sich die absatzwirtschaft in ihrer Septemberausgabe dem Thema angenommen. Mit der Titelstory „Aufruf zum Aufbruch“ lesen Sie, wie Unternehmensvertreter von Henkel, Metro und Vaude und Marketer mit dem Thema in ihrem Berufsalltag umgehen. Begleitend und ergänzend zum Heft ist in Zusammenarbeit mit Serviceplan ein Video rund um den Round Table entstanden. Alle Teilnehmer berichten in kurzen Interviews über ihre Definition von Nachhaltigkeit in Unternehmen, ihre Strategien und die größten Herausforderungen.

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Das Video ist unter folgendem Link abrufbar:
www.absatzwirtschaft.de/round-table-nachhaltigkeit

Die vollständige DIHK-Studie finden Sie hier: www.dihk.de/unternehmensbarometer-csr