Die Konkurrenz schläft nicht: Laut Studie halten 83 Prozent die Strategie ihrer Mitbewerber für überlegen

Die deutsche Konsumgüterindustrie hat ein Problem: Sie schafft es in Zeiten der Digitalisierung immer noch nicht, das Potenzial der neuen Technologien auszuschöpfen. So liegen Wunschleistungen und tatsächliche Ergebnisse der Marketing- und Vertriebsabteilungen stark auseinander. Das sind die Hauptergebnisse der neuen Roland Berger-Studie "CatchTheWaves".

Das Potenzial der Digitalisierung wird in Marketing und Vertrieb längst noch nicht ausgeschöpft und das trotz der Innovationsmöglichkeiten, die sich durch digitale Technologien ergeben. Da wundert es nicht, dass die Studie auch einen großen Mangel in strategischen Fragen zeigt. So ist nicht einmal jeder zweite Marketing- und Vertriebsverantwortliche zufrieden mit der eigenen Strategie. Satte 83 Prozent der befragten Firmen sind sogar der Meinung, dass ihre eigenen Marketing- und Vertriebsstrategien nicht in der Lage sind, den Mitbewerbern Paroli zu bieten. Damit verbunden ist auch die effiziente Nutzung der entsprechenden Budgets: Ein Viertel der Firmen ist gar nicht in der Lage, die Auswirkungen ihrer Marketing- und Vertriebsmaßnahmen zu quantifizieren. Und rund 70 Prozent der Befragten sind überzeugt, dass die Mitbewerber ihre Marketing- und Vertriebsbudgets deutlich effizienter einsetzen.

Für die Konsumgüterindustrie ein dramatisches Ergebnis: „Die Branche leidet unter massiven Disruptionen durch Digitalisierung und steigende Konzentration im Handel“, erläutert Tobias Göbbel, Partner von Roland Berger. „Umso wichtiger ist es, jetzt die Chance zu nutzen und sowohl Marketing als auch Vertrieb für eine stärkere Kundenorientierung neu zu gestalten. Denn an diesen beiden Funktionen wird sich die Zukunft vieler Unternehmen in den kommenden Jahren entscheiden.“

Unklare Zuständigkeiten beeinträchtigen die Leistung

Besonders großen Handlungsbedarf identifizieren die Experten vor allem den vier Bereichen Organisation, Strategie, Digitalisierung und Performance. Der erste wichtige Punkt sind die nicht deutlich definierten Zuständigkeiten im Unternehmen: „In der Hälfte der Fälle ergeben sich keine klar abgestimmten Verantwortungsprofile von Marketing und Vertrieb“, hält Göbbel fest.

 

Schwach ausgeprägt sind vor allem die Sammlung und die Nutzung von Kundendaten: Nur 16 Prozent der Marketing-Verantwortlichen und gerade mal 8 Prozent der Vertriebsmanager wollen für die Entwicklung und Monetarisierung von datenbasierten Geschäftsmodellen zuständig sein. „In Zeiten digitaler Geschäftsmodelle ist das ein besorgendes Ergebnis“, warnt Göbbel. „Wenn Firmen zu wenige Kundendaten gewinnen oder sie nicht gezielt auswerten und Strategien daraus ableiten, haben sie heute keine Chance mehr auf dem Markt.“

Digitalisierung macht Angst

Alles wird Digital und so gut wie jeder muss damit umgehen lernen. Aber was bedeutet es für die Konsumgüter? In der Umfrage sagten 73 Prozent der Entscheidungsträger im Marketing und 79 Prozent im Vertrieb, dass sie sich unter Druck gesetzt fühlten, ihre Firma „digital zu verändern“. Der Druck kommt von Konkurrenten, die neue Technologien einführen, neue Geschäfte aufbauen. Aber auch von den Kunden, die zunehmend anspruchsvollere digitale Innovationen erwarten. Insgesamt sagen mehr als ein Drittel der Konsumgüterunternehmen, dass die digitale Transformation die wichtigste Herausforderung ist, um weiter zu wachsen und nicht unterzugehen. Trotz des großen Drucks glauben unter 10 Prozent der Marketing-Manager und 20 Prozent der Vertriebsleiter  dass sie aktuell ein „hohes“ und „sehr hohes“ Niveau im digitalen Bereich besitzen. Das bedeutet: Konsumgüterunternehmen sind sich bewusst, dass sie ihre digitalen Fähigkeiten weiter ausbauen müssen, um das Niveau zu halten.

Konsumgüterindustrie braucht Transformation

Die neuen Anforderungen an Marketing und Vertrieb in der Konsumgüterindustrie setzen auch eine entsprechende Anpassung der Ressourcen und Strukturen voraus. Doch das ist in vielen Fällen noch nicht der Fall. So gibt jeder Dritte an, dass die Vertriebs- und Marketingorganisation seines Unternehmens reformiert werden müssten, um fit für die Zukunft und deutlich kundenorientierter zu werden.

Im Bereich Big Data fehlt qualifiziertes Personal

Große Herausforderungen ergeben sich auch aus der Kluft zwischen dem heutigen Personalstand und den künftig benötigten Mitarbeiterprofilen. Vor allem in der Automatisierung von Marketing- und Vertriebsprozessen sowie im Bereich Big Data fehlt qualifiziertes Personal. „Nicht einmal jeder zehnte Konsumgüterhersteller hat einen Chief Digital Officer oder eine klare Verantwortung für die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle“, fasst Roland Berger-Partner Göbbel zusammen. „Doch gerade die Digitalisierung bietet Konsumgüterherstellern große Chancen, näher an den Kunden zu kommen und wichtige Informationen für die Entwicklung von Innovationen und Strategien zu gewinnen.“