Brief an mein jüngeres Ich, Folge 2: Steffen Hopf

Steffen Hopfs Vita ist lang und bunt. Er hat unter anderem schon in führenden Positionen für GMX, Yahoo und Getty Images gearbeitet. Seit 2020 ist Hopf CEO des Podcast-Vermarkters Julep Media. In seinem Brief an sein jüngeres Ich blickt er für die absatzwirtschaft in seine eigene Vergangenheit.
Steffen Hopf kannte in Berlin "nahezu jede gute Diskothek". (© privat (Montage: Olaf Heß))

Dear Me,

mehr als 20 Jahre sind vergangen und wenn ich Dich heute sehe, fällt mir zuerst einmal auf – Du wirst noch froh sein, dass in wenigen Jahren Deine Haare ausgehen und Du ganz und gar auf „Glatze“ umsteigen wirst. 

So viele Dinge, die ich Dir gern sagen würde – aber dann könntest Du nicht mehr unvoreingenommen all die Erfahrungen machen, die in Summe das darstellen, was Du heute bist. Oder ich bin. Oder wie auch immer. 

Rückblickend möchte ich Dir raten, 99 Prozent der Dinge, die Du getan hast, wieder zu tun. Das eine verbleibende Prozent könntest Du allerdings „richtiger“ machen. Such Dir Deine Freunde besser aus – nicht jeder, der vorgab, Dein Bestes zu wollen, tat dies mit guten Absichten. Du hast einiges Dummes getan, nur um anderen zu gefallen. Das hast Du nicht nötig.

Es war eine wilde Zeit damals und ich verstehe sehr gut, wie Du Dich damals gefühlt hast. Aufgewachsen in Ostberlin, bist Du als Teenager in einen geschichtlichen Moment geworfen worden, der viele überfordert hat. Die Mauer fiel, Länder wurden vereinigt, Systeme kapitulierten. Und mittendrin ein 14-Jähriger mit Hoffnungen und Träumen, die wohl jeder Jugendliche in diesem Alter hat.

Du kanntest in Berlin nahezu jede gute Diskothek (ja, so hieß das damals noch) und ich kann Dir sagen, Dein Musikgeschmack war schon damals brillant. Du würdest Dich wundern, welche Art der elektronischen Musik heute im Jahr 2022 wieder total en vogue ist.

Und noch ein Tipp: Geh zu diesem George-Michael-Gig 1994 am Brandenburger Tor – man sollte manche Dinge nicht aufschieben. Irgendwann ist es zu spät …

In Summe bin ich stolz auf Dich – die Art, wie Du durch diese einschneidende und verrückte Zeit Anfang der 90er gegangen bist, und was aus Dir wurde. Am Ende hast Du Dich fast ausnahmslos für die richtige Richtung entschieden und bist Deinen Weg gegangen. Na ja, Du wolltest Werber werden. Aber so weit davon entfernt bist Du heute ja nicht. Mit Julep ein Tech-Start-up zu rocken, es in drei Jahren mit Deinem Team zum Marktführer aufzubauen – das wird einmal eine der prägendsten Stationen Deines Berufslebens sein.

Also, mach weiter, sei etwas achtsamer mit Deinen Mitmenschen, aber halte den Kurs, den Du eingeschlagen hast. Denn der bringt Dich letztendlich zu etwas ganz Wundervollem. Einer tollen Familie mit wunderbaren Kindern und einer fantastischen Frau.

Dein Steffen (the older version)

Diese Kolumne erschien zuerst in der April-Printausgabe der absatzwirtschaft.