AI Act gut, alles gut?

Am vergangenen Freitag haben die EU-Länder einem gemeinsamen Gesetzestext zur KI-Regulierung zugestimmt. Noch vor den Europawahlen soll der AI Act in Kraft treten. Doch ein Selbstläufer ist er nicht.
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Vergangenen Freitag wurde der AI Act der Europäischen Union von den Vertretern der EU-Mitgliedsländer einstimmig verabschiedet. (© Adobe Stock)

Erinnern Sie sich noch? Anfang 2023 war die Aufregung groß: Künstliche Intelligenz bedroht die gesamte Menschheit, war immer wieder zu lesen. Namhafte Persönlichkeiten warnten eindringlich vor den Gefahren. In einem offenen Brandbrief forderten Tesla-Chef Elon Musk, Apple-Mitgründer Steve Wozniak und KI-Pionier Yoshua Bengio gar eine halbjährige Entwicklungspause für Künstliche Intelligenz

Und was ist daraus geworden? Nicht viel. Außer, dass die breite Öffentlichkeit auf die Gefahren von KI auf diese Weise aufmerksam gemacht wurde, ist wenig passiert. KI wurde und wird rasant weiterentwickelt. Ein Umdenken scheint schwer, insbesondere wenn es sich um eine lukrative Technologie handelt, die in allen Bereichen unserer Gesellschaft und Wirtschaft Fuß fasst. KI-Chatbots werden mittlerweile so selbstverständlich genutzt, wie Social Media oder Google Maps.  

Softwareanbieter sind größte KI-Profiteure 

Zwar widmen sich viele kleine Start-ups der Entwicklung von KI-Tools, doch vom Run auf KI könnten in erster Linie die großen Softwarekonzerne profitieren. So prognostiziert ein aktueller KI-Trendreport, dass der KI-Hype insbesondere Betreibern von Standardsoftware wie Microsoft, Salesforce und SAP zugutekommt, weil sie die Schnittstelle zu den Endnutzer*innen besetzen und kein KI-Anbieter an ihnen vorbeikommt.

Statworx, ein Beratungs- und Entwicklungsunternehmen für Data Science und KI, hat den Report in Zusammenarbeit mit dem AI Hub Frankfurt veröffentlicht. In Bezug auf Daten und Technologie prognostiziert der Trendbericht, dass in der KI-Entwicklung die Qualität von Daten – anstelle der Quantität – in den Fokus rückt. Der Zugang zur Rechenleistung bleibe dabei erfolgsentscheidend. Gleichzeitig könnten Open-Source-Modelle zur ernstzunehmenden Konkurrenz für die großen Anbieter werden, da sie flexibel und transparent sind und vom AI Act begünstigt werden. 

Der AI Act der Europäischen Union – ein knapp 900 Seiten langer Gesetzestext – ist vergangenen Freitag von den ständigen Vertretern der EU-Mitgliedsländer einstimmig verabschiedet worden. Abschließend müssen noch Ministerrat und Europaparlament zustimmen. Das Gesetz soll für einen einheitlichen und sicheren Umgang mit KI in Europa sorgen und das Vertrauen der Verbraucher*innen in diese neuen Technologien stärken. 

Zustimmung nach Kompromiss

Die deutsche Bundesregierung haderte mit ihrer Zustimmung, unter anderem hatte man Bedenken, dass die Hürden für eine biometrische Überwachung zu niedrig liegen. Doch man fand einen Kompromiss und stimmte dem Regelwerk ebenfalls zu. Der Digitalverband Bitkom reagierte erleichtert, warnte aber gleichzeitig, dass sich bei der Umsetzung die Fehler der DSGVO nicht wiederholen dürften.

„Die Umsetzung des AI Acts entscheidet über Europas Chancen bei KI“, lässt der Verband verlauten. Bürokratische Hürden müssten vermieden und bereits existierende Gesetze beachtet werden. Ausdrücklich warnt der Bitkom vor unterschiedlichen Auslegungen des AI Acts innerhalb der EU. Insbesondere Startups und kleine und mittlere Unternehmen würde dies vor kaum lösbare Probleme stellen. In den kommenden Monaten wird sich nun zeigen, wie praxistauglich das Regelwerk ist. Noch vor der Europawahl soll es in Kraft treten. 

Schon gehört? 

Bei Chrome-Nutzer*innen, für die Google die Drittanbieter-Cookies bereits ausgeschaltet hat, zeigen erste Analysen der Werbeplattform Assertive Yield, dass für Publisher der Anzeigenumsatz pro eintausend Impressionen um 45 Prozent niedriger ist als üblicherweise bei User*innen mit aktivierten Cookies. Eingeschaltet werden hingegen immer öfter Streaming-Kanäle. Eine Studie von Samsung Ads hat jetzt ergeben, dass 82,4 Prozent der deutschen Samsung-Smart-TV-Besitzer*innen streamen. Ebenfalls bemerkenswert: Fast ein Drittel (28 Prozent) der Streamer wechseln während einer einzigen TV-Sitzung zwischen drei verschiedenen Apps

Streaming gilt auch als neues Wachstumsfeld für digitale Werbung. Verbraucherschützer wollen jetzt allerdings gegen Amazon wegen der Ausweitung seines Prime-Werbeangebotes klagen, weil dies ohne Zustimmung der Nutzer*innen erfolgen soll. Zuschauer, die Streams weiterhin werbefrei schauen möchten, müssen 2,99 Euro pro Monat extra zahlen. Aus Sicht der Verbraucherzentrale ist dies eine versteckte Preiserhöhung. 

In diesem Sinne. Bleiben Sie inspiriert! 

(kaz) ist Fachjournalist für digitales Marketing. Seit Mitte der Nullerjahre begleitet er mit seinen Artikeln die rasanten Entwicklungen der Online-Werbebranche. Der Maschinenraum der Marketing-Technologien fasziniert ihn dabei ebenso wie kreativ umgesetzte Kampagnen. Der freie Autor lebt und arbeitet in Berlin.