5 Fragen an … Florian Haller (Serviceplan) 

Nivea, L’Oreal, Nike und Dyson heißen die Gewinner der Best Brand Awards 2024. Im Interview spricht Serviceplan-CEO Florian Haller über Werbebudgets in Krisenzeiten, Post-Corona-Gewinner und unterschiedliche Sneaker-Strategien.
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"Smartes Marketing ist antizyklisch, denn in Zeiten der Krise bewegen sich Marktanteile besonders schnell", sagt Florian Haller, CEO der Serviceplan Group. (© Thorsten Jochim)

Herr Haller, der Gewinner in der Hauptkategorie der Best Brands 2024 heißt Nivea. Eine Marke, die in früheren Jahren regelmäßig unter die Top 10 gelangte, seit 2018 aber nicht mehr darin zu finden war. Was hat die Beiersdorf-Marke im vergangenen Jahr richtig gemacht? 

Nivea hat es geschafft, sich innovativ weiterzuentwickeln und dabei die Stärken einer Traditionsmarke beizubehalten. Die Marke wird als beständig, erreichbar, immer wieder frisch und nicht abgehoben wahrgenommen. Die blaue Nivea-Dose ist ja schon eine Produktikone. Dabei transportiert Nivea auf moderne Art Werte und Haltung, was auch besonders bei jüngeren Zielgruppen gut ankommt. Gerade in den Bereichen Nachhaltigkeit und Diversität ist das sehr überzeugend, sowohl bei den Produkten als auch in der Kommunikation. Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass Nivea im vergangenen Jahr stark in Kommunikation investiert hat. 2023 sind die Werbeinvestitionen im Vergleich zu 2022 um 34 Prozent gestiegen. Das schafft Präsenz. Das Resultat all dieser Faktoren war ein wirtschaftlich unglaublich erfolgreiches Jahr mit mehr als zehn Prozent Umsatzwachstum für Beiersdorf – das größte Plus seit 20 Jahren. 

Sämtliche Top-10-Platzierten haben im vergangenen Jahr trotz eines von Krisen geprägten Umfeldes ihre Marketingbudgets aufgestockt, Sie sagen sogar, „mehr denn je ins Marketing investiert“. Ist diese Tatsache schon das Erfolgsgeheimnis? 

Gerade in Krisenzeiten erwarten Konsument*innen, dass Marken nicht aufhören, mit ihnen zu kommunizieren. Smartes Marketing ist antizyklisch, denn in Zeiten der Krise bewegen sich Marktanteile besonders schnell. Der Markt konsolidiert sich, da gilt es zu investieren. Aber allein das Marketingbudget aufzustocken, reicht natürlich nicht aus. Starke Marken kommunizieren nicht nur taktisch, sondern investieren in Kommunikation, die Vertrauen schafft, Emotionen weckt und nah am Markenkern ist. Sonst werden sie von Verbraucher*innen als austauschbar wahrgenommen. Und das sollte mit bedarfsorientierter und effizienter Always-On-Kommunikation kombiniert werden, die aktiviert und nah an den Alltagsbedürfnissen der Konsument*innen ist.  

Die beiden Category-Awards wurden in diesem Jahr an Marken aus den Bereichen Fashion und Beauty vergeben. Wieso gerade diese? 

Sowohl Fashion- als auch Beauty-Produkte haben nach Corona eine neue Relevanz erfahren. Wir gehen alle wieder mehr raus, ins Büro, ins Restaurant, auf Veranstaltungen. Wir sitzen nicht mehr so viel in Jogginghose vorm Laptop. Damit kommt auch wieder vermehrt das Bedürfnis, sich über Kleidung oder auch Kosmetik auszudrücken. Und in Zeiten von Krisen, wie im letzten Jahr, tendieren Menschen vermehrt dazu, sich belohnen und sich etwas gönnen zu wollen. Das passiert auch über Fashion- oder Beauty-Produkte. 

L’Oreal (Beauty) und Nike Sneakers (Fashion) haben sich gegenüber ebenfalls erfolgreichen Wettbewerbern durchgesetzt. Wie gelingt es diesen beiden Marken, sich von der Konkurrenz abzuheben? 

Nike schafft durch starke Markenerlebnisse eine hohe Konsument*innen-Bindung und weckt Begehrlichkeit. Es ist inzwischen ein regelrechtes Statussymbol, beim Produkt Drop ein Paar der neuesten Limited Edition ergattert zu haben. Nike gilt als innovativ, als eine Marke, der bei ihren Produkten immer wieder etwas Neues einfällt. Dabei ist sie bunt und vermittelt Spaß, ist nah an der Pop Culture, siehe zum Beispiel die Ted Lasso Kollektion im letzten Jahr. Und das verbindet die Marke mit einer starken Haltung und sehr starkem Storytelling in der Kommunikation. 

Der Claim von L’Oréal sagt schon sehr viel: “Weil ich es mir wert bin“. Die Marke bedient passgenau das erwähnte Bedürfnis nach „sich etwas gönnen und sich verwöhnen“, und das in jedem Alter. Sponsorings beim Festival de Cannes und der Paris Fashion Week transportieren Glamour. Ihre Testimonials von Kendall Jenner über Viola Davis bis Helen Mirren sind nicht nur glamourös, sondern decken eine breite Zielgruppe ab. In der Kommunikation folgt L’Oréal dem Trend nach mehr Authentizität, setzt Verbraucherinnen als Testerinnen und Testimonials ein, und verschläft auch das Bedürfnis nach digital-innovativen Angeboten nicht. Für dieses Gesamtpaket werden auch die etwas höheren Preise im Vergleich zu anderen Beautymarken akzeptiert. 

Nike steht im stetigen Wettstreit mit dem deutschen Sportartikelriesen Adidas. Wieso gelingt es den Amerikanern aktuell offensichtlich besser, sich mit ihrer Markenarbeit bei der jungen Zielgruppe zu positionieren? 

Zuerst einmal: Beides sind starke, gut geführte Marken und Adidas ist auf Platz 4 unseres Best Brands Fashion Rankings, was auch ein sehr gutes Ergebnis ist. Generell kann man sagen, Adidas setzt bei seinen Sneakern auf sein Klassiker-Image. Ein Stan Smith oder Samba kommt und kam nie komplett aus der Mode und erfährt immer wieder ein Revival in sehr fashionbewussten Zielgruppen. Nike fährt hier eine andere Strategie. Der Fokus liegt stark darauf, produktseitig immer wieder innovativ etwas Neues zu entwickeln. Gerade bei der Gen Z scheint das sehr gut anzukommen, die Marke ist aktuell dort extrem beliebt und wird als cool und visionär empfunden.  

Die Fragen wurden schriftlich gestellt.

(tht, Jahrgang 1980) ist seit 2019 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Davor war er zehn Jahre lang Politik- bzw. Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung. Der Familienvater hat eine Leidenschaft für Krimis aller Art, vom Tatort über den True-Crime-Podcast bis zum Pokalfinale.