Endmark gibt dem „Kind“ einen Namen

Die Agentur Endmark betreibt strategisches Benennungsmarketing für internationale Märkte. Dabei sind in 30 Jahren mehr als 2500 neue Markennamen entstanden. Folge 4 unserer Serie zu Spezialagenturen.
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Die Spezialagentur Endmark wurde 1994 in Köln gegründet und kümmert sich seitdem um Markennamen und -sprache. (© Olaf Heß)

„Was kann ich mit Worten erreichen?“ Die tägliche Arbeit von Christine Stark und ihrem Team dreht sich um diese eine Frage. Auf dem Weg zur richtigen Antwort brauche es Mut zum Anderssein und zur Alleinstellung, so die Geschäftsführerin der Kölner Agentur Endmark. Vor 30 Jahren von Bernd M. Samland als Agentur zur Entwicklung neuer Marken- und Unternehmensnamen gegründet, hat sich Endmark mittlerweile auf das Thema Markensprache im ganzheitlichen Sinne spezialisiert, erläutert Stark, die selbst seit rund 20 Jahren dabei ist. 

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“Wir machen alles, was ein Unternehmen im Bereich Naming und Wording braucht”, sagt Endmark-Geschäftsführerin Christine Stark. (© Endmark)

Die Agentur hat den Begriff des „strategischen Benennungsmarketings“ eingeführt. Dieser umfasst Marken- und Namensarchitekturen, ganze Markensysteme, Benennungsebenen und Markensprachen. „Alles, was ein Unternehmen im Bereich Naming und Wording braucht“, sagt Stark. Der Name bilde den Grundbaustein jeder Marke und die Beratungsleistung von Endmark sei deswegen zu einem sehr frühen Zeitpunkt gefragt. Die Arbeit setze oftmals schon ein, wenn das Produkt erst auf dem Reißbrett existiert, oder wenn ein Zusammenschluss mehrerer Marken erst erwogen wird. Endmark wird in den Prozess eingebunden, wenn „das Kind einen Namen braucht“, sagt Stark. Ist der Kern in Worte gefasst, übernehmen Spezialisten für Design, Kommunikation und Vermarktung. 

Das Ziel der Arbeit ist schon im Agenturnamen verankert. Der bedeute nämlich, dass „am Ende eine gute Marke steht“. Und ebenfalls wichtig für Markennamen: Endmark ist im Deutschen wie im Englischen sprechbar. 

So entsteht ein neuer Markenname 

Die Geschäftsführerin beschreibt den typischen Ablauf eines Naming-Projekts: „Ohne Positionierung kein Naming.“ Dafür wird ein Wirkungsprofil für den neuen Namen entwickelt; nicht zuletzt auch, um die Arbeitsergebnisse später daran messen zu können. Und natürlich bedarf es einer klaren Definition und Beachtung formaler Anforderungen, die in einzelnen Branchen wie zum Beispiel Pharma sehr komplex sein können.  

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Für diese Unternehmen hat Endmark bereits gearbeitet. (© Endmark)

Dann beginnt die Kreativarbeit: Internationale Muttersprachler*innen geben ihren Input. Es werden Gedanken geteilt, Silben verarbeitet, Erfahrungen aus früheren Projekten eingebracht – was hat funktioniert? Was nicht? Was macht der jeweilige Wettbewerb? Linguist*innen beurteilen jede Idee: Was hat einen angenehmen Sprachfluss, welche Silben, Klänge, Abfolgen wirken im Sinne der neuen Marke? Markenrechtsexpert*innen prüfen und bewerten Vorschläge. Ein erster „Blick“ auf Typografie und grafische Einbindung darf auch nicht fehlen. Im Verlauf dieses Prozesses entsteht eine Bandbreite an potenziellen Namen. Jeder Begriff könnte grundsätzlich funktionieren und hat seine eigene Herleitung. Am Ende entscheidet der Kunde. Stark sagt auch offen: „Unsere Namen machen ein Produkt nicht besser. Aber ein Gutes attraktiver.“ 

Hohe Spezialisierung als Wettbewerbsvorteil 

Darauf vertrauen unter anderem Auftraggeber wie Lufthansa, ABB, Otto, die Schwarz Gruppe, Bertelsmann, Bayer, Nestlé, Siemens, Haribo, Mercedes-Benz, Rewe und dm. Zu den prominentesten Produkt- und Markennamen, die die Kölner Naming-Agentur ersonnen hat, zählen die Automodelle Tiguan (von VW) und Mokka (von Opel), die Dating-Plattform Parship, die Raststätten-Marke Serways, der TV-Sender Vox, die TV-Formate Taff (von ProSiebenSat1) und Toggo (von Super RTL), das Modelabel Lascana und ganz junge Marken wie Lufthansa Allegris und Schwarz Digits. Beispiele für Umbenennungen sind der Entsorgungs- und Recyclingkonzern Remondis, die Bertelsmann-Logistiksparte Arvato oder der führende Schweizer Engergiekonzern Alpiq – allesamt Kreationen von Endmark. 

Mit ihrer Beratungsleistung agieren die Kölner in einem wettbewerbsintensiven Umfeld: Fast alle großen Agenturen in der Branche haben Naming im Portfolio. Daneben gibt es kleinere Konkurrenten, regional wie international. Dennoch besitze das Unternehmen durch seinen Track-Record und seine langfristigen Verbindungen zu großen Agenturen, die Endmark als Berater hinzuholen, eine herausgehobene Position, wie die Agenturchefin erläutert: „Wir werden häufig als Naming-Partner angefragt, wenn die Namen nicht nur in einer bestimmten Region, also etwa in einem Land, sondern europa- oder weltweit funktionieren sollen.“ 

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Diese Markennamen (nicht die Designs) wurden von Endmark entwickelt. (© Endmark)

Autobauer lagen mehrfach mit Namen daneben 

Bei der strategischen Entwicklung eines Namens oder Slogans spielt die Sicherheit eine zentrale Rolle. Alle potenziellen Namen werden schon in der Entwurfsphase genauestens geprüft. Ein klassisches KO-Kriterium für einen neuen Markennamen ist dabei, wenn es bereits eine identische Marke in den relevanten Markenklassen und Ländern gibt. Um diese nicht zu übersehen, reichen weder eine Google-Suche noch eine Recherche beim Deutschen Patent- und Markenamt, betont Stark. Zahlreiche internationale und EU-Register müssten geprüft werden. Dabei gehe es um Ähnlichkeitsprüfungen, phonetische Identitäten, freihaltungsbedürftige, generische, beschreibende Begriffe und vieles mehr. Dazu kommen die sprachlich-kulturellen Prüfungen. „Gerade die Automobilindustrie hat uns mehrfach vorgemacht, dass der beste Name nichts funktioniert, wenn er im Kernmarkt etwas Negatives bedeutet“, sagt die Markenexpertin mit Blick auf Beispiele wie den Mitsubishi Pajero (spanisch: „Wichser“) oder den Toyota MR2 (französisch nah an „merde“). „Wir kennen das Konfliktpotenzial und können es ausloten.“ 

Die Zahlen, die Endmark auf der eigenen Homepage präsentiert, sprechen für den Erfolg der Agentur: „Mehr als 2500 entwickelte Markennamen weltweit, 756 zufriedene Kunden in 56 Ländern und 0 Marken mit markenrechtlichen Problemen.“ Diese 0 sei eine zentrale Erfolgskennzahl für die Agentur, erklärt Stark. Weitere KPIs seien die Weiterempfehlungsquote und die langfristige Kundenbindung. Allein der gute Ruf führe zu neuen Aufträgen, so die Geschäftsführerin: „Wir betreiben weder aktive Akquise noch schalten wir Werbung.“ 

KI einsetzen, aber durch menschliche Erfahrung prüfen 

Die immense Zahl an entwickelten Markennamen ist umso erstaunlicher, wenn man erfährt, dass die Agentur schon lange nur gut zehn festangestellte Mitarbeitende umfasst. Darüber hinaus beschäftigt sie freie Mitarbeiter, vor allem Muttersprachler für verschiedene Märkte sowie auf Markenrecht spezialisierte Rechts- und Patentanwälte. Und natürlich setzt Endmark längst auch auf KI: „Wir werden in letzter Zeit oft gefragt, ob wir mit KI arbeiten und nicht kurz über lang von ihr ersetzt werden“, merkt Stark an und antwortet: „Wir nutzen KI täglich. Gepaart mit der Erfahrung und dem Wissen unserer Mitarbeitenden entstehen dadurch neue Ideen und Impulse.” 

Das beste Beispiel für den Mut zum Anderssein bei der Benennung ist für die Agenturchefin bis heute übrigens Apple, eine der wertvollsten Marken der Welt: Hätte Steve Jobs seine Kunden befragt, ob er sein Unternehmen nach einem Obst benennen sollte, hätte es eine so starke Marke niemals gegeben. 

(tht, Jahrgang 1980) ist seit 2019 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Davor war er zehn Jahre lang Politik- bzw. Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung. Der Familienvater hat eine Leidenschaft für Krimis aller Art, vom Tatort über den True-Crime-Podcast bis zum Pokalfinale.