Eingefrorene Konten: Amazon bezahlt Online-Händler nicht

Immer mehr Händler berichten, dass Amazon ihr Geld einbehält. Geld, das ihnen fehlt, um Mieten und Mitarbeiter zu bezahlen. Der Bundesverband Onlinehandel (BVOH) besteht auf eine schnelle Lösung.

Statt das Geld für ausgelieferte Waren auszuzahlen, friert Amazon die Konten vieler Händler ein. Und das seit mittlerweile gut einer Woche. Ist ein Konto erstmal eingefroren, kann der Händler seine Amazon-Einnahmen nicht mehr abrufen. In der Regel nutzt der Online-Riese diese Methode als Druckinstrument für Händler, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Agieren sie wieder korrekt, erhalten sie wieder Zugang zu ihren Einnahmen. Doch genau das – nämlich das Fehlverhalten der Händler – ist momentan nicht der Grund für die Nichtauszahlungen, sondern laut Amazon eine „technische Panne“. Auch des Bundesverband Onlinehandel (BVOH) erhielt nach wiederholter Kontaktaufnahme mit Amazon nur den Hinweis, dass eine Technik-Panne vorliege. Eine Lösung, wie Abschlagszahlungen etc. werden nicht angeboten. In Großbritannien berichten Händler laut BVOH von demselben Problem. Wie viele Händler betroffen sind, ist bislang unklar. Auf Nachfrage von Bild.de behauptet Amazon, dass es sich lediglich um „eine kleine Anzahl“ handele.Der BVOH befürchtet hingegen, dass tausende Händler betroffen sein könnten.

Kein Interesse an Aufklärung

An der Aufklärung hat Amazon offensichtlich kein großes Interesse. So ist im „Seller Central Portal“, über das Amazon normalerweise mit den Händler kommuniziert, bislang keine entsprechenden Informationen veröffentlicht worden. Und auch per schriftlicher Nachfrage speist Amazon die Händler nur mit einer pauschalen Mail ab:

„Guten Tag liebes S*** Team Deutschland, ich danke Ihnen, dass Sie sich für Ihre Anfrage an mich wenden. Sie haben sich an uns gewandt, da die manuelle Auszahlung zur Zeit nicht möglich ist. Es handelt sich um ein technisches Problem, welches derzeit unter Hochdruck bearbeitet wird, da uns bewusst ist, dass es sich um Ihr Guthaben handelt. Wir entschuldigen uns dafür, dass nicht schon jetzt alles genau so funktioniert, wie Sie es sich vorstellen.“

Kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber den Verkäufern

Grundsätzlich darf Amazon die Gelder gar nicht einbehalten, da es kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber den Verkäufern habe: „Amazon hat kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Verkäufer, so lange und so weit der Verkäufer seine Verpflichtungen gegenüber Amazon und dem Endkunden erfüllt (§ 273 Abs. 1 BGB). Wird ein Zurückbehaltungsrecht grundlos und noch dazu von einem wirtschaftlich Überlegenen gegenüber einem von ihm Abhängigen ausgeübt, kann darin ein rechtswidriger Eingriff in die Rechtsposition des Händlers gesehen werden, die dieser nicht hinnehmen muss. Amazon muss auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen seiner gewerblichen Verkäufer Rücksicht nehmen (vgl. § 241 Abs. 2 BGB). Die Freigabe einer Abschlagszahlung und die proaktive Kommunikation des Problems gegenüber dem Verkäufer sind das Minimum dessen, was von Amazon verlangt werden kann, selbstverständlich neben dem ernsthaften Bemühen um die sofortige Abstellung des rechtlich unhaltbaren Zustands“, erklärt Wolfgang Wentzel, Justitiar BVOH. Der BVOH fordert Amazon auf, eine schnelle Lösung herbeizuführen, bevor Existenzen gefährdet werden.