Wie KI-Suchmaschinen den Traffic von Marken verändern 

Künstliche Intelligenz verändert die Suche grundlegend: Statt Schlagwörtern zählen jetzt Kontext und Konversationen. Doch profitieren Marken wirklich oder droht der Verlust von Kontrolle über Inhalte?
Doch KI-Suchmaschinen wie ChatGPT, Microsoft Copilot und Google Gemini setzen auf eine ganzheitlichere, konversationsbasierte Interaktion.
Doch KI-Suchmaschinen wie ChatGPT, Microsoft Copilot und Google Gemini setzen auf eine ganzheitlichere, konversationsbasierte Interaktion. (© Imago / SOPA Images)

Die digitale Suche ist im Wandel. Wo früher Schlagwörter und klassische SEO-Strategien dominierten, rücken heute KI-gesteuerte Suchmaschinen in den Fokus. Doch wie verändert diese Entwicklung die Interaktion zwischen Marken und Verbraucher*innen? Und was bedeutet das für die strategische Ausrichtung von Unternehmen? 

Früher basierten Suchanfragen auf Schlagworten: Nutzer*innen tippten einzelne Begriffe ein und erhielten eine Liste von Links. Doch KI-Suchmaschinen wie ChatGPT, Microsoft Copilot und Google Gemini setzen auf eine ganzheitlichere, konversationsbasierte Interaktion. Nutzer*innen formulieren detaillierte Fragen oder sogar Absichten und die KI liefert kuratierte Antworten in einem natürlichsprachlichen Kontext. Für Marken bedeutet dies: Sichtbarkeit hängt nicht mehr nur von SEO-Strategien ab, sondern auch davon, wie gut Inhalte in kontextuellen KI-Szenarien performen. 

Der neue Kontext der Suche: Von Keywords zu Konversationen 

Ein Report von Modern Retail zeigt, dass Plattformen wie ChatGPT von OpenAI und Google Gemini bereits spürbaren Einfluss auf den Traffic und die Wahrnehmung von Marken haben. Besonders auffällig ist, dass dieser Traffic oft gezielter ist: Die Nutzer*innen kommen mit einer klaren Kaufabsicht oder spezifischen Fragen.  

So erlebte die Periodenpflege-Marke Viv im Juli einen Anstieg des monatlichen Traffics um 400 Prozent, hauptsächlich aufgrund von Suchanfragen zu nicht-toxischen Periodenprodukten. Diese Entwicklung wurde durch eine Studie ausgelöst, die Schwermetalle in Tampons aufdeckte (das Bundesinstitut für Risikobewertung gab kurz danach Entwarnung). Infolgedessen stiegen die Verkäufe von Viv-Produkten, die über diese Empfehlungen gefunden wurden, um 436 Prozent.  

Auch Daten von Adobe zeigen, dass der Traffic von generativen KI-Quellen zu Online-Händlern zwischen Juli und September letzten Jahres um das Zehnfache gestiegen ist.  

Kritische Stimmen: Bedrohung für Markenwebsites? 

Trotz der Potenziale gibt es auch kritische Stimmen, die die Rolle von KI-Suchmaschinen skeptisch sehen. So warnen Expert*innen, dass KI-gestützte Systeme langfristig Markenwebsites bedrohen könnten. Gerade weil Nutzer*innen immer häufiger die Antworten, die sie suchen, direkt innerhalb der KI-Plattformen finden, ohne jemals auf die Webseite der Marke zu gelangen. Dies könnte zu einem Rückgang des direkten Traffics führen und die Kontrolle der Marken über ihre Inhalte weiter einschränken. 

Ein weiterer Punkt, den Kritiker*innen hervorheben, ist die ungleiche Verteilung von Traffic. So haben insbesondere kleinere Marken Schwierigkeiten, von den neuen Suchgewohnheiten zu profitieren. Die Algorithmen priorisieren oft etablierte Marken oder Inhalte, die bereits hohe Autorität genießen. Dies führt dazu, dass kleinere Anbieter im Wettbewerb zurückfallen könnten. 

Schließlich birgt auch die Abhängigkeit von KI-Plattformen die Gefahr, dass Marken weniger Kontrolle über die Darstellung ihrer Inhalte haben. Marken sollten daher intensiv in die Optimierung ihrer Datenfeeds investieren und sicherstellen, dass Produktinformationen, Bewertungen und Unternehmenswerte in maschinenlesbaren Formaten vorliegen. 

Die Macht der Markenbotschaft im KI-Kontext 

Die Art und Weise, wie Marken ihre Botschaften kommunizieren, spielt in einer von KI dominierten Suche eine noch zentralere Rolle. Es geht nicht nur darum, präsent zu sein, sondern auch darum, als glaubwürdig und relevant wahrgenommen zu werden. KI-Systeme priorisieren Inhalte, die Nutzerfragen effizient beantworten und dabei eine vertrauensvolle Quelle darstellen. So priorisieren diese Systeme originelle, vertrauenswürdige Inhalte, die spezifische Nutzerbedürfnisse ansprechen. Dies hebt die Bedeutung klar definierter Inhalte hervor, die nicht nur einzigartig, sondern auch in hohem Maße relevant für die Zielgruppe sind. 

Hier bieten sich enorme Potenziale: Marken, die es schaffen, ihre Expertise klar und konsistent darzustellen, könnten sich als führender Player in ihrer Kategorie positionieren. Gleichzeitig wird es wichtiger denn je, die Nutzerperspektive einzunehmen und Inhalte nicht nur als Werbung, sondern als Mehrwert zu gestalten. 

(amx, Jahrgang 1989) ist seit Juli 2022 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Er ist weder Native noch Immigrant, doch auf jeden Fall Digital. Der Wahlberliner mit einem Faible für Nischenthemen verfügt über ein breites Interessenspektrum, was sich bei ihm auch beruflich niederschlägt: So hat er bereits beim Playboy, in der Agentur C3 sowie beim Branchendienst Meedia gearbeitet.