Was kommt nach Data-driven Marketing?

Data-driven Marketing ist das Wort der Stunde. Und danach? Gut getarnt erlebt die gute alte Customer Journey ein Comeback, meint unsere Kolumnistin Kerstin Clessienne.
Kerstin Clessienne, Managing Partner Marketing Tech Lab
Kerstin Clessienne, Managing Partner Marketing Tech Lab: (© Carolin Thiersch)

Die Bandbreite für die Gewinnung von Marketingdaten ist groß – aber die Integration der Daten ist das Problem. Alles explodiert: die Möglichkeiten, die Anbieter, die Nischen, die Expert*innen, die Plattformen, die Chancen und die Risiken. Händeringend suchen Marketingverantwortliche mit dem Fokus, die Zielperson wirklich zu verstehen und deren Verhalten zu verändern, nach Ordnung und Orientierung in den Datenschnipseln. Ihre Arbeit ist gespickt mit ID-Management, Microprozessen, Micro­zielgruppen, Micro­moments und der omnipräsenten Vision vom 1:1-Targeting.

Über allem steht das Ziel der uneingeschränkten datenbasierten Optimierung des allgegenwärtigen Paradigmas, das mit dem allseits beliebten Überbegriff der Kundenzentrierung beschrieben wird. Ausdefiniert und anfass­bar ist dieser Begriff nicht, eher universal verwendbar und schwammig. Doch eines ist klar – ohne Marktforschung, Analytics, Data Science geht nichts. Sonst bleibt es bei den „allwissenden Datenmüllhalden“.

Aufgabe: Unsichtbares, nicht Fühlbares fassbar machen

Wir bewegen uns mit moderner Marktforschung inklusive großvolumiger Verarbeitung von biometrischen Daten, Gehirnanalysen mithilfe von KI und anderen Methoden tatsächlich immer mehr dahin, zu verstehen, was Kund*innen wirklich antreibt. Die Aufgabe, Unsichtbares, nicht Fühlbares fassbar zu machen, gelingt immer besser. Und doch, die Problematik, der sich die Marktfor­schung stellen muss, ist eine andere, nämlich die Herausforderung der Prozessintegration: Insights zu generieren, die angewendet werden und nicht als schöne Folien nach dem Meeting vergessen werden.

Forschung lebt davon, dass Daten in Prozesse integriert werden und diese aktiv verändert werden. All die kleinen Einzel-Insights müssen miteinander in Beziehung gesetzt werden. Das nennt sich neudeutsch „Customer Experience Management“. Nur wer es schafft, Ordnung in seine Daten und die teils automatisiert ablaufenden Prozesse zu bringen, der wird die Budgets sinnvoll einsetzen und besser sein als die Konkurrenz.

Gut getarnt erlebt so die gute alte Customer Journey ein Comeback und Marketingverantwortliche kommen vom Channel- über das Data- hin zum Journey-getrie­be­nen Marketing. In 2023 und den folgenden Jahren wird es darum gehen, hoch digitalisiert (und als Custo­mer Experience Management getarnt) der wiederauferstandenen Forschung zu neuem Glanz zu verhelfen. Weg von Methoden, hin zu Insights, weg von allwissenden unzugänglichen Datenmüllhalden, hin zu prozessgetriebenen Steuerungslogiken für Kund*innen.