Operation Thusnelda: Rethink, Reuse, Repurpose

Mobilität und Logistik spielen eine Schlüsselrolle beim Umbau zur grünen Volkswirtschaft. Ansätze gibt es viele – von der innovativen Kabinenbahn über biogasbetriebene Lkw bis zu einer neuen Infrastruktur zum Einsammeln von Mehrwegbechern.
Gänseblümchen
Mobilität, aber nachhaltig: dafür sprießen gerade mehrere Ideen in die Höhe. (© Unsplash/Aaron Burden)

Sage keiner, die Provinz sei nicht erfinderisch. Anfang Oktober wurde im lippischen Bergland das erste Monocab auf die Schiene gesetzt. Und zwar im Wortsinn: Die Kabinenbahn soll Bahnstrecken wiederbeleben, die auch deshalb stillgelegt wurden, weil sich ihr Betrieb im Einbahnverkehr nicht lohnte. Monocab hingegen fährt auf einer Einzelschiene, „kreiselstabilisiert“ nennen Techniker*innen die Methode. Das Versuchsfahrzeug heißt – kein Witz – „Thusnelda“. Beim Test zwischen Lemgo und Extertal im östlichen Nordrhein-Westfalen musste Thusnelda allerdings noch gestützt werden, wie ein sympathisch authentischer Live-Bericht der Schaumburger Zeitung dokumentiert.

Das Monocab reiht sich ein in eine ganze Reihe von Versuchen, Mobilität umweltfreundlich neu zu erfinden. Der Hyperloop von Elon Musk zählt ebenso dazu wie eine KI-gesteuerte Schwebebahn, die das Münchner Start-up Ottobahn entwickelt. „Wir haben eine Zusage für ein Gelände nordwestlich von München, wo wir einen ein Kilometer langen Rundkurs bauen wollen“, verriet Geschäftsführer Marc Schindler vergangenes Jahr im Interview der absatzwirtschaft. Inzwischen hat der Bau der Teststrecke in Taufkirchen begonnen.

Der Charme des Monocab indes liegt darin, dass die Infrastruktur – alte Bahngleise und Bahnhöfe – lediglich reaktiviert werden muss. Neu ist nur der Überbau: Die Kabinen fahren automatisiert, Fahrgäste sollen sie per App individuell anfordern können, wie ein Taxi. Ob das in der Praxis alles so funktioniert und sich über Ostwestfalen-Lippe hinaus durchsetzt, wird sich zeigen. Respekt hat die Innovation allemal verdient. Selbst wenn Thusnelda am Ende vor allem das Tourismusmarketing im Lipperland beleben sollte.

Erster Lebensmittelgroßhändler liefert klimaneutral

Von der Mobilität zur Logistik: Transgourmet, eine Tochter der Schweizer Coop, teilte jetzt mit, dass es seine Kund*innen als erster großer Lebensmittelgroßhändler Deutschlands klimaneutral beliefert. Der Logistiker folgt dem Dreiklang „Vermeiden – Reduzieren – Kompensieren“: Er bietet Händlern eine Vereinbarung an, mit der Lieferstopps eingespart werden sollen, und stellt bis 2026 ein Drittel seiner Lkw-Flotte auf Biogas um. Zu spät? Nicht genug? Immerhin, ein Anfang ist gemacht. Der Rest wird via Ausgleichszahlungen an Klimaprojekte kompensiert, ein Verfahren, das bekanntlich nicht unumstritten ist. Immerhin zeigt Transgourmet, in welche Projekte genau das Geld fließt.

Arvato Supply Chain Solutions, Lieferketten-Spezialist des Dienstleistungskonzerns Arvato aus Gütersloh, hat aus dem Dreiklang einen Zehnklang gemacht: beginnend mit „refuse“ (Zurückweisen überflüssiger Produkte und Verpackungen) über „rethink“ (Neuorganisation von Lieferketten) bis zu „repurpose“ (Kisten und Container neu nutzen, etwa als Möbel oder Gebäude). Wie man diese Veränderungen im Unternehmen praktisch anpackt, steht in dem Whitepaper „Circular Economy in Logistics“, das sich kostenlos herunterladen lässt und über die Branche hinaus für viele interessant sein dürfte.

Neues Rückgabesystem für Mehrwegbecher startet in Deutschland

Und auch dies hat mit Logistik zu tun: Das Züricher Start-up Kooky will kommende Woche mit einem Mehrwegsystem für Take-Away-Getränke auf dem deutschen Markt starten. USP ist eine eigene Rückgabe-Infrastruktur: Kund*innen scannen einen QR-Code auf ihrem Becher und werfen ihn nach Gebrauch in eine sensorgestützte Rückgabebox, die das Pfand automatisch gutschreibt. In Basel und Zürich läuft das System bereits. In Deutschland wollen die Schweizer von einer Neuregelung im Verpackungsgesetz profitieren, die von 2023 an Mehrwegbehälter für Mitnahme-Food vorschreibt. Frage an Kooky-Gründer Torge Barkholtz: Ist der Markt hierzulande nicht schon gut besetzt? (Eines der Unternehmen – Recup – gehört dieses Jahr zu den Nominierten für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis.) „Anbieter von Mehrweggeschirr gibt es mittlerweile viele“, antwortet er. „Wir von Kooky wollen sie zusammenbringen und sie auf der Kooky-Plattform integrieren.“ Mal sehen, wie die Resonanz ausfällt.

Eine gute Woche noch, und behalten Sie die Zukunft im Blick!

(mat) führte ihr erstes Interview für die absatzwirtschaft 2008 in New York. Heute lebt die freie Journalistin in Kaiserslautern. Sie hat die Kölner Journalistenschule besucht und Volkswirtschaft studiert. Mag gute Architektur und guten Wein. Denkt gern an New York zurück.