Kleine Onlinehändler wenig kulant bei Retouren

Die meisten kleinen und mittleren E-Commerce-Anbieter in Deutschland übernehmen die Kosten für Warenrücksendungen nicht – anders als viele große Onlineshops. Deshalb schicken nur wenige Onlinekäufer ihre Waren zurück. Durch geringere Retourenquoten könnten die Gewinne der Händler steigen

Die Einführung der neuen Verbraucherrechte am 13. Juni 2014 ist die umfassendste Gesetzesreform im Onlinehandel seit Einführung des Fernabsatzrechts im Jahr 2000. Im Vorfeld wurde viel über die Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) prognostiziert und spekuliert. Wie sieht also – nach 100 Tagen – die erste Bilanz aus? Trusted Shops hat Händler befragt.

Bestellmengen unverändert

Zwei Drittel der kleinen und mittleren Onlinehändler in Deutschland nutzen die neuen Regelungen und übernehmen keine Rücksendekosten für ihre Kunden. Von diesen stellten 26 Prozent einen Rückgang bei den Rücksendungen fest und machen dafür die neuen Verbraucherrechte verantwortlich. Jean-Marc Noël, Gründer und Geschäftsführer von Trusted Shops, erläutert die Ergebnisse: „Für einen Teil der KMUs im Onlinehandel ist die neue Gesetzeslage durchaus eine reelle Chance, um den Anteil an Retouren zu senken und somit ihre Marge zu erhöhen.“

Durch das neue Gesetz werden laut Noël die Unterschiede zwischen KMUs und den Großunternehmen der Branche noch einmal deutlich: „Für die Big Player ist die Übernahme der Rücksendekosten aus Wettbewerbsgründen alternativlos, selbst auf Kosten hoher Retourenquoten. KMUs wiederum können von der neuen Regelung durchaus profitieren.“ Auf die Bestellmengen hat das neue Verbraucherrecht bisher allerdings kaum Auswirkungen. Nur jeder zehnte Onlinehändler führt Veränderungen in diesem Bereich auf die neuen Regelungen zurück.

Unterschiedliche Bewertung der neuen Verbraucherrechte

Neben der vieldiskutierten neuen Regelung zur Übernahme der Retourenkosten mussten sich Onlinehändler und Verbraucher auf weitere Rechte und Pflichten einstellen, etwa das Verbot kostenpflichtiger Kundenhotlines, Informationen über Lieferbeschränkungen, die Kosten nach Zahlungsart, das Zurückbehaltungsrecht und die Erklärung des Widerrufs. Dementsprechend unterschiedlich fällt auch die Bewertung aus:

23 Prozent der kleinen und mittleren E-Commerce-Unternehmen sind der Meinung, dass das neue Verbraucherrecht eindeutig den Onlinekäufer bevorzugt und damit den Onlinehändler schlechter stellt. 42 Prozent sehen das ausgeglichen und sagen, dass Kunden und Händler beiderseitig vom neuen Verbraucherrecht profitieren. Und eine Stärkung der Rechte der Onlinehändler gegenüber den Onlineshoppern haben 34 Prozent der Befragten erkannt.

Geringer Einfluss auf grenzüberschreitenden Handel

Beim Cross-Border-Geschäft lässt sich 100 Tage nach Inkrafttreten der neuen Verbraucherrechte nur ein leichtes Plus verzeichnen: Gut jeder siebte Onlinehändler, der bereits ins Ausland verkauft, konnte eine Zunahme bei den Bestellungen aus dem Ausland in seinem Shop feststellen. Für die kommenden zwölf Monate sieht die Prognose ebenfalls verhalten aus: Gut jeder sechste Shopbetreiber rechnet mit einer Steigerung bei den grenzüberschreitenden Verkäufen.

(Trusted Shops/asc)