KI-Interaktion: Menschlicher durch Dialog  

Warum Prinzipien der Mensch-zu-Mensch Kommunikation in Chatbot-Interaktionen zu engeren Markenbeziehungen mit Konsumierenden führen, erläutert unsere Kolumnistin.
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Monika Imschloß ist Professorin für Marketing an der Leuphana Universität Lüneburg. (© Mark Elsner, Montage: Olaf Heß)

Neulich beim „Forschen“: Ich schreibe mit verschiedenen Unternehmens-Chatbots, um die Nuancen ihrer Dialoge zu erfassen. Von „Ludmilla“, der digitalen guten Fee des Schweizer Verkehrsunternehmens BLS, bis hin zu „Thies“, meinem selbsternannten digitalen Assistenten bei TUI Cruises: Jeder Chatbot ist einzigartig und keine Konversation gleicht der anderen. Doch warum wirken manche von ihnen menschlicher als andere? Und welche Auswirkungen hat dies auf Markenbeziehungen mit Konsumierenden? 

Anouk S. Bergner, Christian Hildebrand und Gerald Häubl (2023) postulieren drei Merkmale menschlicher Dialoge, die auch die Wahrnehmung von KI-Dialogen mit Chatbots beeinflussen können: Turn-Taking, Turn Initiation und Grounding. Dabei bezeichnet Turn-Taking den Wechsel der Sprecherrolle im Gesprächsverlauf, welcher die reziproke und aktive Beteiligung beider Kommunikationsparteien am Dialog erfordert. Turn Initiation beschreibt die Initiative ein neues Thema einzuführen, indem zum Beispiel nicht nur Fragen beantwortet werden, sondern beide Parteien durch neue Fragen die Konversation gestalten. Dies lässt Chatbot-Konversationen weniger skriptbasiert erscheinen. Eine weitere Eigenschaft von Mensch-zu-Mensch-Dialogen ist das Grounding, also das gegenseitige Signalisieren, dass der Beitrag des anderen verstanden wurde, etwa durch Paraphrasieren oder eine einfache Bestätigung wie „got it“. Dies stärkt die Beziehung mit dem Gegenüber, da es das gegenseitige Verständnis fördert. 

Markenloyalität durch menschlichere Chatbots

In Folgestudien untersuchte das Forschungsteam, wie sich diese Eigenschaften in Interaktionen mit Chatbots verschiedener fiktiver Marken auf die Markenbeziehungen auswirken. In mehreren Experimenten wurden hierfür die Reaktionen von Konsumierenden auf Chatbot-Interaktionen mit (versus ohne) Turn-Taking, Turn Initiation oder Grounding über verschiedene Kontexte hinweg analysiert. Dabei zeigt sich, dass Chatbots, die diese Prinzipien der Mensch-zu-Mensch-Kommunikation nutzen, als menschlicher wahrgenommen werden, was wiederum bei Konsumierenden zu enger empfundenen Markenbeziehungen führt und positive Effekte auf die Markenloyalität sowie Zahlungs- und Weiterempfehlungsbereitschaft hat. 

Für das Marketing verdeutlichen diese Erkenntnisse, wie entscheidend es ist, menschliche Kommunikationsprinzipien in die Interaktionen von Chatbots zu integrieren. Marken haben so die Chance, engere Kundenbeziehungen aufzubauen, besonders in komplexen Interaktionskontexten. Für mich zeigen diese Erkenntnisse die Notwendigkeit für weitere Forschung, um zu verstehen, welche anderen Eigenschaften die wahrgenommene Menschlichkeit von Chatbots erhöhen können. Melden Sie sich gerne, wenn Sie Interesse an einem gemeinsamen Feldexperiment haben! It’s your turn! 


Quelle: Bergner, A. S., Hildebrand, C., & Häubl, G. (2023). Machine talk: How verbal embodiment in conversational AI shapes consumer–brand relationships. Journal of Consumer Research, 50(4), 742-764. 

Monika Imschloß ist Professorin für Marketing an der Leuphana Universität Lüneburg. Die Kolumnistin forscht zu multisensorischem Marketing, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.