Heute schon programmiert?

Geben Sie die Suche nach teuren Software-Entwickler*innen auf. Mittlerweile können Sie viele Marketing-Anwendungen per Drag & Drop selbst zusammenklicken. Das spart Zeit und liegt im Trend.
Die Anwendung von Marketing Tech wird immer vielfältiger und einfacher. (© IMAGO/Westend61)

Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal etwas programmiert? Nein, nicht die Heizungsanlage und auch nicht den Staubsauger-Roboter, sondern Software. Oder wenigstens eine kleine App für ihr Marketing. Falls nicht, sind Sie noch nicht im neuen Trend angekommen, denn der geht hin zu Low-Code und No-Code-Tools. Darunter verstehen (IT-)Fachleute Lösungen, mit denen die Anwender*innen ihre eigenen Tools und Applikationen selbst erstellen – und das mit wenigen oder sogar komplett ohne Programmierkenntnisse.

Landingpages, Chatbots, E-Mail-Lösungen, mobile Applikationen: Was zuvor nur Spezialist*innen vorbehalten war, kann nun jeder Marketer aufsetzen. Auf einer grafischen Benutzeroberfläche müssen dazu lediglich Programm-Bausteine und Logiken per Drag & Drop zusammengeklickt werden. Auch die gewünschten Dashboard-Ansichten und Workflows kann das Marketing selbst definieren. Unter Expert*innen gilt der Do-it-Yourself-Ansatz als eine der bedeutendsten Entwicklungen in der MarTech-Branche. Für Marketing-Tech-Guru Scott Brinker ist „No-Code“ sogar der wichtigste MarTech-Trend dieses Jahrzehnts!

Programmieren nach dem Baukastenprinzip

Warum also noch länger auf das Service-Ticket aus der IT-Abteilung warten? Selbst ist die Frau – oder der Mann. Der Bitkom sieht das Programmieren nach dem Baukastenprinzip ebenfalls als Trend. Der Digitalverband hat jetzt das Diskussionspapier „Programmieren für Dummies“ veröffentlicht, das sich mit der Auswirkung von Low-Code-Plattformen auf die Entwicklung von ERP-Systemen beschäftigt. Im Marketing haben Low- und No-Code Hochkonjunktur. Bekannte Tools wie Wix, WordPress oder Canva werden schon heute gern genutzt, um Onlineauftritte oder Marketingmaterialien selbst zu gestalten. Mit Low-Code-Plattformen wie Microsoft Power Apps, Mendix oder Google AppSheets können sogar Apps ohne große Programmierkenntnisse entwickelt werden.

Technologien beizubringen, was sie tun sollen, ist leichter denn je. Zusätzlichen Drive erhält die Entwicklung durch den Siegeszug der Künstlichen Intelligenz. Dort gilt das richtige „Prompting“ – also die passende Textanweisung – als wesentlicher Erfolgsfaktor, damit eine KI die gewünschten Logo-Entwürfe, Text-Ideen oder Problemlösungen liefert. Es gibt bereits einen Online-Marktplatz, der vorgefertigte Prompts für verschiedene KIs zum Kauf anbietet. Doch auch im Selbstversuch kann man schnell zum Prompt-Profi werden. Die gesamte Entwicklung zeigt, dass die Möglichkeiten, Marketing Tech einzusetzen, nicht nur vielfältiger, sondern auch einfacher werden. Das ist – wie ich finde – eine doppelt gute Nachricht.

Schon gehört?

Microsoft hat es getan, Google auch: Sie haben in Künstliche Intelligenz investiert. Jetzt suchen sie Möglichkeiten, dieses Engagement zu monetarisieren. Microsoft hat die KI bereits in seine Suchmaschine integriert. Dem US-amerikanischen Fachmagazin Adweek zufolge stehen Vermarkter der Werbung in Chat-basierten Suchmaschinen aber skeptisch gegenüber. Insbesondere das von Microsoft vorgeschlagene Anzeigenformat am Ende einer Chatbot-Anfrage kann Marketingexperten bisher wohl kaum begeistern.

Ebenfalls wenig überzeugend ist bislang das Mateverse, die Nutzer*innen reagieren eher verhalten. Professionelle Einkäufer*innen bleiben hingegen optimistisch. Wie das britische Magazin Marketing Tech News berichtet, wollen mehr als zwei Drittel der B2B-Käufer*innen über einen Avatar im Metaverse einkaufen. Stellt sich nur die Frage, warum sie für ihren Online-Einkauf einen Avatar benötigen … Bodenständiger scheint es dann doch zu sein, das eingangs skizzierte Thema Low-Code mit KI zu verbinden. Genau das hat Pegasystems jetzt getan. Der Tech-Anbieter hat seine Low-Code-Plattform Pega Infinity mit einer Reihe generativer KI-Funktionen erweitert. Künftig sollen einfache Befehle in natürlicher Sprache wie „Schreibe einen Report“ ausreichen, damit das Tool gewünschte Aufgaben erledigt.

Übrigens: Falls Sie noch mehr über die Möglichkeiten von Low- und No-Code im Marketing erfahren möchten, sollten Sie die aktuelle Ausgabe #3 der Absatzwirtschaft lesen. Autor Jonas Stark hat dort weitere spannende Hintergründe für Sie zusammengetragen.

In diesem Sinne. Bleiben Sie inspiriert!

(kaz) ist Fachjournalist für digitales Marketing. Seit Mitte der Nullerjahre begleitet er mit seinen Artikeln die rasanten Entwicklungen der Online-Werbebranche. Der Maschinenraum der Marketing-Technologien fasziniert ihn dabei ebenso wie kreativ umgesetzte Kampagnen. Der freie Autor lebt und arbeitet in Berlin.