DMP-Gewinner Strauss: „Marketing ist bei uns Chefsache“ 

Engelbert Strauss gewinnt den Deutschen Marketing Preis 2023 für die beeindruckende Transformation von der Workwear- zur Lifestyle-Marke. CEO und Markenchef Henning Strauss im Interview.
Pressefoto Henning Strauss_CEO und Markenchef Engelbert Strauss GmbH & Co. KG
Henning Strauss (im Bild) führt das Familienunternehmen gemeinsam mit seinem Vater Norbert und seinem Bruder Steffen. (© Engelbert Strauss)

Herr Strauss, herzlichen Glückwunsch zum Deutschen Marketing Preis 2023! Von Ihnen stammt der Satz „Eine Marke projiziert Gefühle auf ein Logo.” Wie soll sich Engelbert Strauss denn anfühlen? 

Vielen Dank, wir freuen uns sehr über die Auszeichnung! Strauss vermittelt ein Gefühl von Verlässlichkeit, Qualität und Innovation. Die Marke steht für Vertrauen und Zugehörigkeit, sowohl im Berufsleben als auch im Alltag. Unser Ziel ist es, dass die Menschen sich mit Strauss identifizieren und die Marke als Teil ihres Lebens sehen. Um diese Art von emotionaler Bindung zu schaffen, müssen wir Erlebnisse kreieren und besondere Aufmerksamkeit auf scheinbar kleine Details legen, sei es ein herausragendes Produkt, ein einzigartiges Einkaufserlebnis im Geschäft oder die Gestaltung des Versandkartons. Kurz gesagt: Marke programmiert Gefühle auf ein Logo. Marketing ist bei uns Chefsache. Will heißen: Damit alles zusammenpasst, muss Marketing hoch aufgehängt sein, im Idealfall auf Strategieebene. Dann klappt’s auch mit hohen Absätzen. 

Kaufen kann man die Kollektion von Engelbert Strauss in vier Läden in Deutschland: allesamt in kleineren deutschen Städten. Darüber hinaus kann man die Arbeitsbekleidung nur über den Printkatalog bestellen (macht 20 Prozent aus) und natürlich im eigenen Onlineshop kaufen (70 Prozent). Das beschert Ihnen jede Menge spannende Daten. Wie hilft Ihnen dieses enorme Wissen über Ihre Kund*innen dabei, die Marke weiterzuentwickeln? 

Diese Daten sind von unschätzbarem Wert. Sie ermöglichen es uns, das Einkaufsverhalten und die Vorlieben unserer Kunden zu verstehen. Mit diesen Erkenntnissen können wir gezielt neue Produkte entwickeln, Marketingkampagnen optimieren und den Service verbessern. Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Wir gehören seit Jahren zu Deutschlands führenden Online-Playern und schätzen die Vorzüge des Online-Marketings: starke Segmentierung der Zielgruppen, hohe Interaktivität, präzise Steuerung unserer Werbebotschaften, gezielte Analyse der Kampagnen. Digitale Kompetenz steht bei Strauss über allem. Dennoch haben wir einen fast romantischen Bezug zu unseren Printmedien und spüren, dass viele unserer Kunden diese analoge Sehnsucht teilen. Für uns ist der Katalog Kult. Und wir bleiben dabei, unsere Produkte live und in Farbe in unseren Stores und bei Pop-ups in europäischen Metropolen zu präsentieren. Denn Handwerk ist haptisch, greifbar, erlebbar. 

Engelbert Strauss betreibt mit mehr als 35.000 Produkten im Sortiment den fünftgrößten Onlineshop in Deutschland. 75 Prozent des Umsatzes entfällt auf den Bereich B2B. In welchen Segmenten sehen Sie das größte Wachstumspotenzial? 

Das B2B-Segment ist nach wie vor ein wichtiger Teil unseres Geschäfts, und wir sehen und generieren hier weiterhin großes Wachstumspotenzial. Insbesondere in Branchen wie Bau, Handwerk und Industrie, wo hochwertige Arbeitsbekleidung unverzichtbar ist. Gleichzeitig erkennen wir auch im B2C-Segment ein wachsendes Interesse. Hier ist uns der Shift zur Outdoor- und Lifestyle-Marke schon längst gelungen.  

Ähnlich wie es Carhartt oder Dickies gemacht haben?  

Es gibt da einen deutlichen Unterschied. Wir haben uns bewusst dazu entschieden, die DNA Arbeitskleidung sehr stark in den Vordergrund zu stellen und nur über die Präsentation ein Lifestyle-Element einzubinden, sprich das Lebensgefühl unserer Zielgruppe. Unsere Arbeitskleidung ist eben nicht nur funktional, sondern auch modisch und alltagstauglich. Aus Markensicht geht es darum, Produkte zu schaffen, die die Marke zusätzlich emotional aufladen und dem Kunden einen Mehrwert bieten. Wir haben es geschafft, dass Strauss nicht nur im Arbeitsumfeld, sondern auch darüber hinaus für die Zielgruppe relevant ist. 

Gezielte Partnerschaften, wie die mit der UEFA, Metallica oder Nintendo gehören zu dieser Strategie dazu. Was ist Ihnen bei den Partnerschaften besonders wichtig? 

Bei unseren Partnerschaften sind uns vor allem Authentizität und Relevanz sehr wichtig. Wir suchen Partner, die unsere Werte teilen und zur Marke passen. Unsere Partnerschaften sollen einen Mehrwert für unsere Kunden bieten und die Identifikation mit unserer Marke fördern. Live-Sportevents zum Beispiel ermöglichen es uns, eine große Zielgruppe auf einmal zu erreichen, da viele unserer Kunden begeisterte Sportfans sind. Im Laufe der Jahre hat Strauss viele spannende Kooperationen gelauncht: UEFA und DFB, die Stuntmen´s Association in Hollywood, der FC Bayern München, die Nationalmannschaften der Männer und Frauen im Fußball, Metallica, die Kansas City Chiefs, Nintendo oder zuletzt die Produktionscrew am Set von Fast & Furious.  

Inwiefern ist die Kinderkollektion mit Nintendo als Kundenbindungsinstrument konzipiert? Inwiefern sind Sie damit den Wünschen Ihrer Kund*innen nachgekommen? 

Wir haben inzwischen viele junge Strauss-Fans. Unsere Kinderkollektionen, wie jene mit Nintendo, die noch dieses Jahr gelauncht wird, sind in erster Linie eine Antwort auf die Wünsche unserer Kunden. Und für uns eine Möglichkeit, unsere Marke noch stärker in die Familien einzubinden. Die Kinder sind gewissermaßen Sympathieträger und Markenbotschafter. 

Das Thema Nachhaltigkeit ist Ihnen ein Anliegen. Alte Kataloge haben Sie im Sinne der Circular Economy zu Geschäftspapier recycelt. 

Nachhaltigkeit ist für uns seit jeher von größter Bedeutung. Wir setzen uns aktiv dafür ein, unseren ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Die Umwandlung alter Kataloge in Geschäftspapier ist nur ein Beispiel dafür. Besonders bedeutsam für uns ist auch das Umfeld, in dem unsere Produkte entstehen. Unserer Überzeugung Ausdruck verleihen wir mit besonderen Projekten in Bangladesch, einem unserer wichtigsten Produktionsländer: mit der CI Factory Chattogram, unserem Design- und Entwicklungscampus für Berufskleidung im Süden des Landes, der Implementierung des weltweit ersten Lehrstuhls für Nachhaltigkeit und textile Innovation an der Ahsanullah University in Dhaka oder dem Bau einer Schule gemeinsam mit Don Bosco Mission. Wir engagieren uns aber auch lokal, wie beispielsweise in Nordhessen, wo wir 1000 Baumriesen schützen. 

Können Sie zum Abschluss noch etwas zu den Plänen für 2024 sagen? 

Details kann ich noch nicht enthüllen, aber 2024 verspricht, äußerst spannend zu werden. Als Workwear-Partner der UEFA EURO 24 haben wir einige aufregende Projekte in der Pipeline. Aber es wird nicht nur um Fußball gehen … 

(ccm, Jahrgang 1984) ist seit Oktober 2021 Chefredakteurin der absatzwirtschaft. Neben der Weiterentwicklung der journalistischen Marke verantwortet sie für die crossmediale Themenplanung sowie die Konzeption und Pilotierung neuer Formate mit Schwerpunkt Digital Storytelling. Aufgewachsen zwischen Südamerika und Deutschland lebt sie aktuell mit Freund und Kater in Köln.