„Bin seit 1994 bei der Bundespolizei“, „Krass, da wurde ich geboren“: Wie Influencer-Marketing zur Geheimwaffe fürs Recruiting wird

Mittlerweile beschäftigen sich die Personalabteilungen immer intensiver mit dem Thema Influencer-Marketing: Reichweite und Authentizität der meist jungen Meinungsmacher sollen beim Nachwuchs das Interesse für bestimmte Berufe wecken. Die Polizei, auch schon auf Twitter Vorreiter der öffentlichen Dienste, macht das nun vor. Vor allem YouTube könnte dabei zukünftig zur digitalen Jobbörse werden.

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„Guten Morgen, ich bin Thomas und bin hier Ausbilder bei der Polizei Berlin im mittleren Dienst. Wir haben uns mal den Aaron als Praktikanten für einen Tag geholt“, ruft der Polizist in die Kamera. Währenddessen schlurft Aaron ins Bild. „Ich musste heute um 5 Uhr aufstehen. Es ist jetzt 7.10 Uhr und ich bin todmüde.“ In dem 15-minütigen Video begleitet Aaron den Ausbilder einen Tag lang als angehender Polizist, übt sich an der Waffe, muss im Gleichschritt mit den echten Jungpolizisten marschieren und versucht sich an Personenkontrollen.

Aaron Troschke ist eigentlich Influencer und betreibt bei YouTube den Kanal „Hey Aaron!!!“. Dort postet er in regelmäßigen Abständen Videos, in denen er beispielsweise auf Fitness- und Bootmessen unterwegs ist, bei einem RTLII-Casting teilnimmt oder wie bei der Berliner Polizei für einen Tag in andere Berufe schaut. Rund 828.000 Nutzer folgen ihm dabei. Mit einigen Inhalten erreicht Aaron Troschke mehr als eine Millionen Zuschauer.

Influencer Marketing wird gerade sehr interessant für das Personal-Recruiting. So ist es 2018 aus dem Media-Mix kaum noch wegzudenken. So ergeben sich aus der Meinungsbildung mit relevanten Influencern reihenweise neue Ideen und Chancen, unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen. Es ist eine neue Methode Bewerber für einen bestimmten Beruf zu begeistern.

Egal ob Polizei oder Fluglotse: Durch einen lebensnahen Einsatz von Influencern lässt sich Recruiting auf eine ganz neue Art erleben. „Die Organisationen merken langsam, wie Social Media funktioniert. Früher haben sie das oft nur als klassische PR gesehen“, sagt Marketingprofessor Florian Haumer, der an der Macromedia School in München lehrt und zum Thema Influencer forscht. „Diese Sicht ändert sich derzeit. Das liegt wahrscheinlich auch am Nachwuchs, der nun in leitende Positionen kommt“, vermutet der Wissenschaftler.

Aaron Troschke bei der Polizei Berlin

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Valeri Biljuk ist Senior Sales Manager & Influencer Recruiting Experte bei ReachHero und brachte den Influencer und die Polizei Berlin zusammen. „Um die Zielgruppe von morgen zu erreichen, gibt es aktuell kaum effektivere Methoden. Die etablierten Influencer, wie beispielsweise Aaron Troschke, werden von ihrem Publikum als nahbar und authentisch empfunden. Er arbeitet hochprofessionell und verfügt über ein gutes Gespür für seine Zielgruppe. So setzt er Kooperationen in dem Rahmen um, der ihm weiterhin die Akzeptanz seiner Community verleiht. Aaron denkt sich sehr gut in Dinge hinein und schaut über den Tellerrand hinaus.“

In weniger als 24 Stunden erreichte das Video mehr als 520.000 Kontakte zur Zielgruppe und erzielte über 34.000 Reaktionen. Aaron Troschkes Ausflug in die Ausbildung bei der Polizei wurde von YouTube als relevanter Content bewertet und landete so innerhalb eines Tages unter den Top 3 Trends auf YouTube„Gerade Videonutzung als Informationsquelle auf YouTube nimmt sehr zu“, erläutert Haumer. „Es hat sich vom Katzen-Entertainment-Kanal zu einem professionellen Kanal entwickelt, wo gute Inhalte zu finden sind.“

Wie sehr der Polizei YouTube und Influencer-Marketing hilft, weiß Benjamin Raschke. Er arbeitet beim Social Media Management des Polizeipräsidiums Berlin. Statistisch lässt sich eine Erfolgsmessung allerdings nicht ganz festhalten, so Raschke:Insbesondere deshalb nicht, weil rund um den Erscheinungstermin auch unser Bewerbungsfenster öffnete und unseren Kollegen des Referats für Werbung und Einstellung umfangreiche weitere Werbemaßnahmen ergriffen haben, die auch über die Social Media Accounts der Polizei Berlin veröffentlicht wurden. Das Video bestätigt unseren Weg einer dialogbasierten Kommunikation auf den Plattformen, wo sich unsere Zielgruppen befinden. Auch diese erstmalige Zusammenarbeit mit einem YouTuber bekräftigte uns auf diesem Weg, den wir seit 2014 auf den sozialen Medien gehen.“

Authentisch sei das Video von der Berliner Polizei mit Aaron Troschke allemal, so Experte Haumer. „Die Polizei versucht schon länger, anders aufzutreten, als man es von ihr gewohnt ist.“

Auch Bundespolizei startet Influencer-Offensive

Auch die Bundespolizei hat sich 2017 um neue Nachwuchswerbung gekümmert und ist mit Youtuber Felix von der Laden eine Kooperation eingegangen. Er begleitete die Beamten am Bahnhof und beim Helikoptereinsatz und hatte die Aufgabe die Bundespolizei als attraktiven Arbeitgeber bei Jugendlichen noch bekannter zu machen. Herausgekommen ist ein Video, dass rund 35.000 Mal angesehen wurde und dem Kanal Bundespolizei Karriere einige Follower schenkte. Mehr als 3.000 Kommentare mit vielen Fragen kamen zusammen und die Bundespolizei konnte ihre Aufklärungsarbeit leisten und somit unter Jugendlichen ihre Bekanntheit erhöhen.

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Dass sich in Zukunft weitere Berufszweige oder Organisationen wie die Feuerwehr oder Müllabfuhr mit Influencern zusammen tun, hält Florian Haumer für denkbar Die Authentizität der Influencer macht die Kommunikation erfolgreicher. „Ein altes Rezept, das schon immer funktioniert hat.“ Gleichwohl könne es auch nach hinten losgehen. „Nämlich dann, wenn die Nutzer das Gefühl haben, dass eine Organisation nur auf cool machen will. Wenn also Akteure und Werbeumfeld nicht zusammenpassen, kann es anbiedernd wirken. Und das wird extrem negativ angenommen.“