Wie Rotbäckchen den Weg in den Shots-Markt angeht

Klaus-Jürgen Philipp, Geschäftsführer, und Silke Reuter, Marketingleiterin bei Haus Rabenhorst, erklären im Interview den Sprung der Marke Rotbäckchen in den Shots-Markt.
Handliche Energiespender: Convenience ist bei den "Kraftpaketen" das oberste Gebot. (© Rabenhorst)

Rotbäckchen ist mit gesunden Direktsäften bekannt geworden, später kamen Nahrungsergänzungsmittel dazu. Diese bieten Sie nun unter dem Titel „Kraftpakete“ als Shots an. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

KLAUS-JÜRGEN PHILIPP: Wir sind ja in vielen europäischen und asiatischen Ländern tätig und haben dadurch ein Gespür für neue Trends. Shots wurden vor ungefähr vier Jahren in Großbritannien sehr populär. Da haben wir uns natürlich gefragt: Wird es auch in Deutschland einen Boom geben? Können wir daran teilhaben?

SILKE REUTER: Wir haben dann versucht, Daten für eine entsprechende Prognose zu bekommen, die gab es aber nicht. Also haben wir gesagt: Gut, unsere „Mini“-Variante in der 125-Milliliter-Flasche läuft bereits sehr gut. Also trauen wir uns auch an ein noch kleineres Gebinde mit 60 Millilitern.

Shots gelten als modern und trendy. War es von vornherein klar, dass Sie mit dem traditionellen Markenbild auftreten?

REUTER: Marke und Logo standen nicht infrage. Wir wollen ja von der Fröhlichkeit und Familienorientierung profitieren, für die Rotbäckchen steht. Wir haben das Produkt aber nicht „Shot“ genannt – „Kraftpaket“ passt viel besser zur Marke.

Haben Sie auch Risiken gesehen?

PHILIPP: Es besteht bei derartigen Produkteinführungen immer die Gefahr der Kannibalisierung im bestehenden Sortiment. Das haben wir mit der Marktforschung geprüft und als begrenzt eingestuft. Was hilft: Die „Kraftpakete“ stehen ja im Mitnahmebereich oder bei den Shots, nicht in der Nachbarschaft unserer sonstigen Produkte.

Zielen Sie mit den „Kraftpaketen“ auf die Stammkundschaft? Oder wollen Sie neue Zielgruppen ansprechen?

REUTER: Wir sprechen traditionell Familien mit Kindern bis elf oder zwölf Jahre an. Wenn diese in die Pubertät kommen, finden sie die Säfte, die ihre jüngeren Geschwister bekommen, uncool. Wir haben immer schon überlegt, was wir diesen Jugendlichen anbieten, damit sie nicht gleich zum Energydrink greifen. Die „Kraftpakete“ sind die richtige Antwort. Gekauft werden sie natürlich weiterhin von den Müttern. Die verwenden sie aber auch selbst. Die Rotbäckchen-Zielgruppe reicht in etwa bis zum Alter von 45 Jahren, dann wechselt man gern zu Rabenhorst. Unsere Marken sind ziemlich trennscharf.

Hat Corona den „Kraftpaketen“ Rückenwind gegeben? Eine Variante soll ja gezielt beim ­“Immunschutz“ helfen.

PHILIPP: Natürlich hat uns die Pandemie bestärkt, das richtige Produkt zu haben. Allerdings basierte unser Kommunikationskonzept stark auf Samplings am PoS. Die Kunden waren aber in der Corona-Hochphase sehr distanziert und vorsichtig.

REUTER: Wir haben als Alternative dann Produktproben und anderes in Kochboxen eingesetzt, was natürlich ungleich teurer und aufwendiger ist.

Rabenhorst-Marketingchefin Reuter: „Marke und Logo standen nicht Infrage.“ (Foto: Rabenhorst)

Sie haben nun im Shots-Markt den Fuß in der Tür. Wie geht es weiter?

REUTER: Die dritte Variante ist gerade auf den Markt gekommen, der „Kraftpaket Vitaminkick“ mit zwölf Vitaminen. Wir denken auch in Richtung Multipackungen und Kuren – wobei der Begriff natürlich tabu ist. Aber es gibt Produkte, die man längerfristig einnehmen sollte, um einen Depoteffekt zu erzielen.

PHILIPP: Die Marke Rotbäckchen ist sehr ausbaufähig. Ich kann mir sogar eine Rotbäckchen-Klinik vorstellen.

Welche hauseigenen Produkte gönnen Sie sich selbst?

REUTER: Ich trinke den Frühstückssaft „Morgenstark“ am liebsten, und von Rabenhorst „Schwarze Johannisbeere“.

PHILIPP: Ich bekomme ständig Muster aus der laufenden Produktion, probiere also regelmäßig alles. Häufiger nehme ich „Rotbäckchen Immunstark“.

Rotbäckchen wurde beim Marken-Award 2021 in der Kategorie Beste Markendehnung“ ausgezeichnet.

(kj, Jahrgang 1964), ewiger Soul- und Paul-Weller-Fan, hat schon für Tageszeitungen und Stadtmagazine gearbeitet, Bücher über Jugendkultur und das Frankfurter Bahnhofsviertel geschrieben und eine eigene PR-Agentur betrieben. 1999 zog es ihn aus dem Ruhrgebiet nach Frankfurt, wo er seitdem über Marketing-, Medien- und Internetthemen schreibt, zunächst als Ressortleiter bei „Horizont“, seit 2008 als freier Journalist und Autor. In der Woche meist online, am Wochenende im Schrebergarten.