Commerzbank und Deutsche Bank: harte Gegenwart zum 150.

Beinahe hätten sie ihren runden Geburtstag zusammen begehen können. Doch aus der Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank wurde nichts. Die Geschichte der Institute hat viele Parallelen - bis heute, dem Tag, an dem die Commerzbank 150 Jahre alt wird.
Die Commerzbank wurde am 26. Februar 1870 von hanseatischen Kaufleuten und Privatbankiers unter dem Namen “Commerz- und Disconto-Bank in Hamburg” gegründet. (© Kolar.io / Unsplash)

Von Jörn Bender, dpa

„Unsere Banksparbücher bringen hohe Zinsen“ – lange ist es her, dass die Commerzbank so um Kunden warb. Etwa 100 Jahre alt ist das goldumrahmte Reklameschild, das im Historischen Archiv des Instituts im Frankfurter Bahnhofsviertel hängt. Seither hat das 1870 gegründete Geldhaus einiges durchgemacht. Erst im vergangenen Jahr scheiterte der Versuch einer Fusion mit der Deutschen Bank. In diesem Jahr gibt es endlich mal wieder etwas zu feiern: Die beiden größten Privatbanken Deutschlands begehen ihr 150. Jubiläum. Den Anfang macht am Mittwoch die Commerzbank.

Dass in den ersten Monaten des Jahres 1870 Commerzbank und Deutsche Bank sowie 1872 die inzwischen von der Commerzbank geschluckte Dresdner Bank gegründet wurden, ist kein Zufall. „Man brauchte kapitalstärkere Institute. Es gab eine regelrechte Gründungswelle“, erklärt Detlef Krause, Leiter des Commerzbank-Archivs.

Die Commerzbank, am 26. Februar 1870 von hanseatischen Kaufleuten und Privatbankiers unter dem Namen „Commerz- und Disconto-Bank in Hamburg“ gegründet, beginnt am 25. April 1870 ihre Geschäftstätigkeit in der Hansestadt. Schon für die Gründerväter hat „die Verbindung von nationalem und internationalem Geschäft wie auch die Ausrichtung auf mittelständische Kunden eine zentrale Bedeutung“, wie der spätere Konzernchef Martin Blessing (2008 bis 2016) zum 140. Jubiläum erinnert.

Historische Kampagnenmotive aus den 60er (links) und 80er Jahren © Commerzbank

Deutsche Bank wirbt: „Wünsche werden Wirklichkeit“

Der Anfang im Kaiserreich ist schwer. Die Deutsche Bank erhält am 10. März 1870 von Wilhelm I. die Konzession und nimmt am 9. April 1870 in Berlin ihre Geschäftstätigkeit auf. Sie setzt sich zum Ziel, „Bankgeschäfte aller Art zu betreiben, insbesondere die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland, den übrigen europäischen Ländern und überseeischen Märkten zu fördern und zu erleichtern“. Doch im Bericht über das Geschäftsjahr 1871 räumt die Führung der Bank Schwierigkeiten ein: „Das commercielle und finanzielle Uebergewicht Englands verweiset den Kaufmannsstand der überseeischen Plätze fast allein auf London.“ Die Banker der Gründerzeit zeigen sich kämpferisch – und die Ausdauer zahlt sich aus: Bald nach ihrer Gründung finanziert die Deutsche Bank den Aufstieg der heimischen Industrie: Kohle, Stahl, Textil. Auch das deutsche Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg braucht starke Finanzierer. Die Deutsche Bank wirbt: „Wünsche werden Wirklichkeit“.

Prägend im 20. Jahrhundert zudem: Die deutsche Sparkultur. Sie bekommt in den 1970er Jahren tierische Unterstützung: Ein grüner Elefant namens „Drumbo“ wird 1972 zum Maskottchen der Dresdner Bank. Die Commerzbank schickt wenig später Hamster „Goldi“ auf Groschenfang: In Form von Schlüsselanhängern, Spardosen, Schneekugeln, aufblasbar oder aus Plüsch. Und natürlich als „Goldi“-Kostüm mit großer Hamstermaske, unter der sich mancher Azubi schwitzend bei einer Werbeveranstaltung etwas dazuverdiente.

Die Deutsche Bank macht sich über Beteiligungen an allen wichtigen deutschen Konzernen im Geflecht mit der Industrie über Jahrzehnte hinaus unverzichtbar, der spätere Vorstandschef Rolf Breuer (1997 bis 2002) gilt als „Strippenzieher der Deutschland AG“. Auf den internationalen Finanzmärkten spielt Deutschlands größtes Geldhaus über Jahre auch dort mit, wo später Aufseher und Juristen die Scherben zusammenkehren und Milliardenstrafen verhängen.

Rückbesinnung auf die Wurzeln

Die goldenen Zeiten für Banker sind vorerst vorbei. Die Deutsche Bank versucht seit mindestens zwei Jahrzehnten, die richtige Balance zwischen eher biederem Privatkundengeschäft und tendenziell riskanterem Kapitalmarkttreiben zu finden. Christian Sewing, jüngster Vorstandschef in der 150-jährigen Geschichte des Instituts, schrumpft den globalen Anspruch des größten deutschen Geldhauses. Sicherheitshalber spannt Sewing selbst den Bogen zu den Wurzeln der Bank, als er im Juli 2019 seinen über Monate ausgetüftelten radikalen Umbauplan präsentiert: „Die Bank fokussiert sich jetzt auf das, was sie wirklich gut kann.“ Kern der neuen Deutschen Bank soll die neue Sparte Unternehmensbank werden, die sich um Mittelständler, Familienunternehmen und multinationale Konzerne kümmert. Damit habe das Institut „endlich wieder eine Firmenkundenbank, die weltweit da ist“, schwärmt Sewing. „Das ist die DNA der Deutschen Bank, das ist das, wofür die Bank vor 150 Jahren gegründet worden ist.“

Wie so oft kommt die lange als Übernahmekandidatin gehandelte Commerzbank, deren größter Aktionär seit der Übernahme der kriselnden Dresdner Bank mitten in der Finanzkrise 2008 der deutsche Staat ist, nüchterner daher. „Commerzbank 5.0“ nennen die Manager um Vorstandschef Martin Zielke ihr Programm für die nächsten Jahre. Doch auch den Strategen in Deutschlands höchstem Bürogebäude fällt größtenteils kaum anderes ein als den Wettbewerbern in den nahen Zwillingstürmen der Deutschen Bank: Sparen, streichen, schrumpfen.

Ein Ende des Zinstiefs ist nicht in Sicht, der Heimatmarkt ist umkämpft, der Druck durch Tech-Unternehmen wächst. „Die Commerzbank hat in ihrer langen Geschichte mehrere Krisen überwunden“, erinnert Archivleiter Krause. „Vielleicht hilft dieses Wissen als Motivation dafür, auch künftige Herausforderungen zu bewältigen.“