Technologie im Zeitverlauf

Was für uns Erwachsene noch neu ist, wird für die Gen Alpha bereits selbstverständlich sein. Der Blick auf aktuelle Technologien bietet die Chance, Perspektiven unterschiedlicher Generationen einzuordnen. Denn die driften nur allzu oft weit auseinander.
Der Kolumnist Jan Hansen sitzt im Vorstand für die Marketing Pioniere im DMV und ist Mitglied im MC Hamburg. (© privat (Montage: Olaf Heß))

Mit welchen Technologien wird die sogenannte Generation Alpha aufwachsen und wie wird ihr Verhältnis dazu sein? Klar ist, dass Geräte mit Touch-Displays (Smartphones, Tablets et cetera) schon von Geburt an zu ihrem Leben gehören. Mein Neffe beispielsweise konnte kaum laufen, hatte aber schon völlig verinnerlicht, an welcher Stelle des Smartphone-Bildschirms er drücken musste, um die Werbung in YouTube zu überspringen.

Ich bin Jahrgang 1985 und befinde mich ungefähr in der Mitte zwischen der Generation der ab 2010 Geborenen und meinen Eltern, den sogenannten Babyboomern. Ich bin mit Computern aufgewachsen, weiß, was DOS ist und wie man aus vielen Einzelteilen einen PC zusammenbaut.

Liederwünsche via ICQ

Als Jugendlicher bedauerte ich, nicht noch drei bis zehn Jahre früher geboren zu sein, denn in jener Zeit wurden die vermeintlich wahren Pioniere im Anwenden von Computern und Nutzen des Internets geboren, mein Jahrgang gehörte gerade noch so dazu. Das Internet war für uns ein Raum der Freiheit, wir tauschten in Foren nicht nur Erfahrungen, sondern auch Programme, Musik und Filme aus. Im Zusammenhang mit dem Stichwort „Raubkopie“ wurde vieles von dem, was für uns Ausdruck von grenzenlosem Austausch und Freiheit war, kriminalisiert und verleumdet.

Im Vordergrund stand für die meisten jedoch nicht, sich zu bereichern, sondern sich gegenseitig zu befruchten. Selten gab es vorgefertigte Lösungen, meist musste man lange Anleitungen befolgen und sich in neue Gebiete einarbeiten, um von den neuesten Entwicklungen zu profitieren. So lernte ich, mein eigenes Internetradio zu betreiben, Mitschüler*innen waren Zuhörer*innen und konnten sich via ICQ Lieder wünschen, bis meine Mutter den Stecker zog und mich ins Bett schickte.

Kommt die Menschlichkeit abhanden?

Die Kinder von heute wachsen technologisch gesehen in einer völlig anderen Welt auf. Schon heute ist absehbar, dass sich künstliche Intelligenz rapide entwickelt und dem Menschen in einer zunehmenden Anzahl von Disziplinen überlegen ist. Seit einigen Jahren sind computergenerierte Bilder von echten Fotos nicht mehr zu unterscheiden, mittlerweile können Stimmen täuschend echt imitiert werden. Spätestens seit GPT-3 sind künstliche neuronale Netze in der Lage, kreative Texte zu verfassen.

Mein erster Gedanke: Ich habe Angst davor, dass die Menschlichkeit abhandenkommt, und möchte die nächste Generation davor bewahren, sich der künstlichen Welt vollends hinzugeben. Aber wer weiß: Vielleicht spricht aus mir nur der Reflex eines verständnislosen Erwachsenen, der seinem Kind am liebsten den Stecker ziehen würde.

Jan Hansen sitzt im Vorstand für die Marketing Pioniere im DMV und ist Mitglied im Marketing Club Hamburg. Diese Kolumne erschien zuerst in der April-Printausgabe der absatzwirtschaft.