Sind Super Apps die Zukunft?

Während in Europa und den USA immer noch Single Purpose Apps entwickelt werden, boomen in Schwellenländern sogenannte Super Apps. Sie bündeln Dienste und Funktionen, optimieren ihr Angebot für Konsumenten und motivieren Händler zusammenzuarbeiten.
Super App
Super Apps: Schwappt der Boom in Schwellenländern auf andere Märkte über? (© Leon Liu / Unsplash)

Mit derzeit 3,8 Milliarden Internetnutzern ist ungefähr die Hälfte der Weltbevölkerung online. Das sind fast 50 Prozent mehr Menschen als noch im Jahr 2017. Smartphones sind für die meisten der Zugang zum Internet. Das gilt umso mehr für Schwellenländer. Diese sind für Technologieunternehmen noch ein größtenteils unerschlossener Markt. Aufgrund der Bevölkerungsgröße sind sie aber in Zukunft der relevanteste und vor allem der Markt, der international die Trends festlegt. Sie geben vor, welche Produkte und Anwendung genutzt und weiterentwickelt werden. Aktuell zeigt sich dies in der App-Welt besonders deutlich.

Das Modell aus dem Silicon Valley ist seit 20 Jahren die Single Purpose App. Wie der Name schon sagt, sind diese Apps nur für einen Zweck gedacht und konzentrieren sich auf die Lösung eines einzelnen Problems des Verbrauchers. Sie verfügen über eine klare, benutzerfreundliche Oberfläche. Die Apps sind so konzipiert, dass sie auf globaler Ebene skalierbar sind. Ziel ihrer Architektur ist es, global zu expandieren – ohne viel zu verändern.

Super Apps auf dem Vormarsch

In den vergangenen fünf Jahren kam in China der Trend der Super Apps auf. China hat eine schnell wachsende, dicht besiedelte, städtische Mittelschichtbevölkerung. Diese ermöglicht den Technologieunternehmen nicht nur einen großen Markt, sondern gibt ihnen auch Erkenntnis darüber, was am massentauglichsten ist. Asiatische Verbraucher schätzen Unternehmen, die einen Dienst mit einer klaren und intuitiven Benutzeroberfläche anbieten können. Dieser Dienst wird dann durch Hinzufügen weiterer Dienste oder Funktionen ergänzt. Dies ermutigt andere Händler, mit der App zusammenzuarbeiten und ihre Dienste auch in der App bereitzustellen. Chinesische Benutzer sind es gewohnt, eine umfangreichere Benutzeroberfläche zu sehen und schätzen den „One-Stop-Shop“.

Die Nutzer halten denjenigen Apps die Treue, die einfach zu bedienen, reibungslos und funktional sind, gute Services bietet und ein facettenreiches Erlebnis ermöglichen. Ein Beispiel für eine Super App ist eine App, mit der sie Ihre Lebensmittel bestellen, Reisen buchen und ein Konzertticket in einer Anwendung kaufen können. Diese Super App schafft ein Ecosystem, in dem die Zeit des Benutzers monopolisiert ist und er keine Vielzahl von Apps verwenden muss.

Indische Internetnutzer setzen auf Super Apps. Der Anbieter Truecaller bündelt ganz nach dem chinesischen Vorbild WeChat von Tencent Finanzfunktionen und Kommunikation; Quelle: Facebook Truecaller

Super Apps wachsen in Indien, Südamerika und Südostasien

Das Super-App-Modell wächst aktuell besonders schnell in aufstrebenden Märkten wie Indien, Südamerika und Südostasien. Der Fokus der Super-App-Unternehmen liegt auf einer aggressiven horizontalen Expansion und der Beherrschung einer bestimmten Region. Die aufstrebenden Märkte bieten Unternehmen, die von Anfang an ausschließlich digital tätig sind, die größten Chancen. In den Märkten der Schwellenländer ist keine veraltete Infrastruktur zu überwinden. Alles kann auf eine neue Generation von Internetnutzern zugeschnitten werden.

Das prominenteste Beispiel für eine Super App ist WeChat von Tencent. Was als Messaging-Dienst begann, wurde sie den vergangenen Jahren zu einer Komplettlösung für eine Reihe von Funktionen: Spiele, Zahlungen, Social Commerce und Publishing-Plattform. WeChat ist im chinesischen Internet-Ecosystem zu einem so dominanten Akteur geworden, dass es effektiv als Betriebssystem fungiert. Der Dienst unterhält einen eigenen „App Store“, in dem Mini-Apps gehostet werden.

Trotz der Dominanz in China hat sich WeChat als Marke anderswo schwergetan, Fuß zu fassen. Aber das Modell ist in anderen Märkten prominent zu sehen. In südostasiatischen Märkten sind „Grab“ und „Go-Jek“ am bekanntesten für die Vermittlung von Mitfahrgelegenheiten. Die Apps bieten jedoch inzwischen auch eine Reihe anderer Funktionen an, darunter Essenslieferung, Unterhaltung, digitale Zahlungen, Finanzdienstleistungen und Gesundheitswesen. In Indien ist die App Truecaller, ursprünglich eine Massaging-App, mit Funktionen wie dem Aufnehmen von Anrufen, mobilem Bezahlen und der Vergabe von Kleinkrediten auf dem Weg zur Super App.

Ziel der Super Apps: Aufmerksamkeit monopolisieren

Ziel der Super Apps ist es, die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich zu ziehen und die Aktivitäten eines Nutzers auf ihren Mobilgeräten zu monopolisieren. Ein höheres Engagement in einer App führt zu höheren Werbeeinnahmen. Der Schlüssel in Schwellenländern sind Finanzdienstleistungen. Allerdings lässt sich mit Zahlungen selbst kein Geld verdienen. Zum Geschäftsmodell wird eine App dann, wenn Finanzdienstleistungen mit Inhalten wie Unterhaltung, Lifestyle und Handel kombiniert werden.

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