Marketing und Personal sind auf dem Weg, eine Abteilung zu werden

Die Weiterempfehlungquote war schon immer ein Indikator für den Erfolg einer Marketing- und Markenstrategie. In Zeiten der sozialen Medien hat dieser Key Performance Index (KPI) dramatisch an Bedeutung gewonnen. Zum einen, weil sich die Informationen um ein Vielfaches schneller umschlagen, zum anderen da sie für lange Zeit im Web dokumentiert werden. Personaler kommen also ohne Marketing nicht mehr aus. Wie dringend der Bedarf ist, zeigt eine aktuelle Studie, die Stepstone unter 6 000 Fach- und Führungskräften in 800 Unternehmen aus acht europäischen Ländern Ende 2011 durchgeführt hat. Ergebnis: Nur rund jeder siebte Mitarbeiter (14 Prozent) sein Unternehmen gegenüber der Familie und Freunden bedenkenlos als Arbeitgeber weiterempfehlen.

Von Christian Thunig

Das ist nicht nur schlecht und eine Herausforderung, sondern auch dramatisch. Wenn schon die eigene Mannschaft nicht hinter dem Unternehmen steht, warum sollten es Außenstehende tun? Insbesondere die deutschen Unternehmen wurden von ihren Mitarbeitern als mittelmäßig attraktiv bewertet.
Das hat zwei weitreichende Folgen: Nicht überzeugte Mitarbeiter können Kunden nicht überzeugen. Mittelmäßiger Service und mittelmäßige Stimmung erzeugen auch nur mittelmäßige Produkte und Dienstleistungen. Denn der Verkaufserfolg folgt unmittelbar aus den Überzeugungen der Mitarbeiter. Zum anderen wird im Kampf um Fach- und Führungskräfte, dasjenige Unternehmen verlieren, das keine Weiterempfehlung erhält. Und das verschärft sich gerade vor dem Hintergrund der sozialen Medien dramatisch: Denn Bewerber bilden sich gerade über ihr eigenes Netzwerk eine Meinung über einen potenziellen Arbeitgeber. Und das persönliche Netzwerk ist laut Studie sogar die mit Abstand glaubwürdigste Informationsquelle.

Wie können Unternehmen dagegen steuern? Erst einmal, in dem sie die eigenen Mitarbeitern zu Markenbotschaftern machen. Es gibt dafür sogar einen Fachterminus, nämlich Employer Branding, aber damit ist maximal die Aufgabenstellung umschrieben. Und die ist gewaltig: Denn ähnlich wie im Marketing ist auch die Führung von Mitarbeitern ein Verkaufsjob geworden. Dominierte früher die Anordnung als Koordinationsinstrument, ist es heute das Involvement und die Wertschätzung der Mitarbeiter. Und das hängt an vielen verschiedenen Aspekten: Wie ist die Arbeitsumgebung und -ausstattung (für 83 Prozent wichtig)? Werden Mitarbeiter bei Entscheidungen zumindest ausreichend informiert? Findet Personalentwicklung statt, oder aber mindesten Fort- und Weiterbildung (was häufig als Incentive gewertet wird)? Gibt es Aufstiegsmöglichkeiten (für 74 Prozent wichtig)? Sind die Prozesse rund Administration der Mitarbeiter sauber aufgesetzt, was mindestens bedeutet, dass die Entgeltabrechnung pünktlich und korrekt erstellt wird.

Das sind unter anderem die Fragen, an denen sich Mitarbeiterzufriedenheit entscheidet. Das erfordert insbesondere auch gute interne Kommunikation, die mindestens genauso gut sein muss, wenn nicht noch besser, als die externe. Häufig werden die Mitarbeiter aber kommunikativ links liegen gelassen, was dazu führt, dass Fremd- und Eigenbild des Unternehmens auseinanderfällt. Denn für 80 Prozent der befragten Arbeitnehmer stimmt das kommunizierte Arbeitgeberimage des Unternehmens nicht mit der Realität überein. Die Hälfte der befragten Arbeitnehmer meint sogar, die Arbeitsrealität sei in Wirklichkeit eher negativer als das Bild, welches das Unternehmen im Rahmen der Employer-Branding-Kommunikation nach außen darstelle.

Aber es kommt noch dicker: Die Mehrheit der befragten Arbeitgeber ist fest davon überzeugt, dass ihre Mitarbeiter die Arbeitgebermarke als attraktiv empfinden. Wenn man auf die Investments schaut, wird aber vieles klar. Employer Branding macht bei fast der Hälfte der befragten Personalverantwortlichen (48 Prozent) maximal 10 Prozent des Budgets aus. Und nur drei Prozent der Unternehmen beziehen ihre PR-Abteilung in
ihre Employer-Branding-Maßnahmen ein. Dabei halten 64 Prozent Bewerberkandidaten Presseberichte für besonders glaubwürdig. Und für Mitarbeiter ist es ebenfalls eine Bestätigung, wenn über das eigene Unternehmen positiv berichtet wird. Nicht umsonst möchten viele Absolventen zu den Top-100-Betrieben in Deutschland.
Diese Unternehmen haben es verstanden: Jede Handlung des Unternehmens in Richtung Mitarbeiter bedeutet ein Verkaufsprozess. Denn die eigenen Mitarbeiter sind die besten und wirksamsten Botschafter einer Arbeitgebermarke, wenn sie von der Qualität des eigenen Unternehmens als Arbeitgeber überzeugt sind. Marketing und Personal müssen daher ganz eng zusammenrücken.

Stichwort → Employer Branding aus dem markenlexikon.com auf absatzwirtschaft.de

beschreibt die markenstrategische Positionierung eines Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber. Ausgehend von der Unternehmensmarke lässt sich mit Hilfe einer glaubwürdigen und auf die Markenwerte basierenden Strategie eine Arbeitgebermarke entwickeln, die auf die Gewinnung neuer Mitarbeiter und auf die Bindung bestehender Mitarbeiter abzielt. Dabei wird zugleich die Unternehmenskultur aktiv gestaltet.

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