Lehrstück fürs Content-Marketing: „From Austria“ with Love

Aus der Not im Netz nicht gefunden zu werden, machte Zissa Grabner eine Tugend und baute ihren Onlineshop „From Austria“ rund um Geschichten über Händler und Produkte auf. Ein Lehrstück für den LongTail.

Zum neunten Mal vereint die Webinale Fachkompetenz aus Business, Design und Coding zu einer von Deutschlands wichtigsten CrossOver-Konferenzen. UserExperience-Spezialisten treffen App-Designer, Marketer diskutieren mit Experten für agile developement. Zum Auftakt präsentierte Zissa Grabner aus Wien ihr Lehrstück in Sachen Content-Marketing: „From Austria“. Absatzwirtschaft protokolliert die Geschichte des Projekts.

Eine naheliegende Idee mit Schwierigkeiten

Der Selbstgebrannte vom Tiroler Bauern, ein Original-Dirndl für die Kleinste oder einfach nur Mozartkugeln. Fast jeder Österreich-Tourist verspürt nach Ende des Urlaubs irgendwann ein kleines Bisschen Fernweh und will sich eine Prise Urlaubsgefühl nach Hause holen. Anrufen könnte man freilich, aber noch besser wäre doch eine komfortable Onlinebestellung vom heimischen Rechner aus.

So oder so ähnlich sah das erste gemeinsame Briefing aus, das Zissa Grabner und ihre Co-Gründerin Alexandra von Quadt zur Grundlage ihrer Geschäftsidee machten. Und wie bei so vielen war zwar das Grundkonzept schlüssig und die Macherinnen willig, aber viele kleine Teufel steckten in den Details, bevor der Onlineshop From Austria zu funktionieren begann.

Wer nicht bei Google ist …

Das erste Problem stellte sich den beiden Macherinnen bereits bei der Akquise des notwendigen Traffics. Mangels Werbebudget sollte möglichst viel Besuchsverkehr organisch – sprich über Google – hergestellt werden. Die Qualität des Angebots würde sich dann – so das Kalkül – schon in den Sozialen Netzwerken herum sprechen, sobald eine kritische Masse an Besuchern erreicht worden war.

Doch die kritische Masse kam nicht. „Bei den Topsellern wie Mannerschnitten oder Mozartkugeln haben wir natürlich jeden Lebensmittelhändler als Konkurrenten bei Google, vor allem die großen Ketten“, erläutert Zissa Grabner. Gleichzeitig gab es im LongTail, der eigentlichen Stärke des Angebots, kaum Suchanfragen. „Die Leute wissen ja gar nicht, nach was sie bei Google suchen sollen“. Auf ein Memo-Spiel „Wienerisch-Deutsch“ gab es im Monat gerade einmal 10 Suchen.

Und so viel hätten die Nutzer in der Anfangsphase auch gar nicht finden können, denn das zweite Problem für From Austria war der Mangel an Content. „Einer von zwanzig Herstellern hatte fertige Produktbeschreibungen und brauchbare Fotos zur Verfügung“, sagt Grabner. Die Folge: Die beiden Gründerinnen begannen selbst Fotos zu schießen und neue Produkttexte zu schreiben.

Content als Marketing und Business

Was als Notlösung für eine Übergangszeit gestartet war, entpuppte sich für FromAustria schnell als Glücksfall. Mit den individuell angefertigten Produkttexten und Bildern erzeugten die Gründerinnen ein unverwechselbares und kaum zu kopierendes Angebot. Schnell dehnten sie das Storytelling aus und begannen ein redaktionelles Umfeld für ihre Produkte zu schaffen. Neben klassischen Reportagen über Österreich und seine Regionen schrieben sie auch immer häufiger Porträts über einzelne Hersteller, nicht selten ein kauziger Landwirt oder eine rüstige Rentnerin mit einer spannenden Idee.

Was den beiden jetzt noch fehlte, war Reichweite. Und die versuchte man mit klassischer aber eben doch etwas ungewöhnlicher PR aufzubauen. Grabner und Von Quadt klapperten Redaktionen von Magazinen ab, die sich mit Lifestyle- und Reisethemen aber auch mit Landleben und Natur beschäftigten. Denen bot man die eigenen Geschichten als redaktionelle Inhalte an und wurde mit offenen Armen empfangen. „Aus einer Kooperation wurde sogar zeitweise ein festes Vertragsverhältnis und wir wurden für die Texte honoriert“, sagt Zissa Grabner. 12 neue Geschichten versuchen die beiden jeden Monat online zu stellen.

Auch die Produktbeschreibungen und Produktfotos weckten Begehrlichkeiten, doch damit gingen die beiden Gründerinnen weit weniger freizügig um. „Das ist schon unser USP, wir schauen uns sehr genau an, wem wir welche Daten überlassen“.

Aus dem Büroflur ins Logistikzentrum

Eineinhalb Jahre nach Gründung hat die gebürtige Wienerin Zissa Grabner über 1500 Produkte von 170 Herstellern in ihrem Onlineshop gelistet. 40 000 Facebook Fans folgen dem Treiben des in Wien ansässigen Unternehmens und 20 000 Nutzer besuchen den Shop jeden Monat. Der durchschnittliche Warenkorb beträgt 48 Euro und insgesamt ist der Umsatz im letzten Jahr jeden Monat um rund 15 Prozent gewachsen.

Das ist zu viel für den Büroflur und das Treppenhaus, wo man einen Teil der Produkte zwischenlagerte. Das erste angemietete Lager ist inzwischen zu klein geworden. In einem Jahr haben die Wienerin und ihre beide Mitarbeiter 3000 Pakete verschickt. Von Meiko bis Neuseeland.

Aus Marketing-Perspektive liegt der Fokus derzeit auf dem Ausbau von Kooperationen. Neben den Printmagazinen hat Zissa Grabner auch eine Reihe von Online-Medien für sich entdeckt, zum Beispiel Hausbrot.at oder Mozart.com. Am Wertvollsten hat sich aber die Platzierung in zwei Newslettern erwiesen. DailySecret richtet sich an 30 000 Hedonisten in Wien und Vienna Unwrapped erreicht 8000 Touristen in den USA und Großbritannien. „Die haben beide sehr hohe Klickraten zwischen fünf und zehn Prozent“, freut sich Grabner.

Und wohin soll das Ganze gehen? Auf die Frage nach einer Wachstumsstrategie lachen die beiden Gründerinnen: „Wir haben doch gerade erst angefangen“. Der Ausbau des Angebots in Österreich steht oben auf der Agenda, dann kommt die Ergänzung weiterer Kategorien. Einen Lizensierungsansatz lehnen beide ab. „Wir möchten die Qualität in der Hand behalten“, sagt Zissa Grabner, „From Croatia klingt doch ganz spannend, oder?“