Künstliche Intelligenz und Karriere 

Der Siegeszug der Künstlichen Intelligenz ist auch im Marketing nicht mehr aufzuhalten. Was aber heißt das eigentlich für Ausbildung und Karriere?
Larissa Pohl, GWA-Präsidentin und CEO von Wunderman Thompson in Deutschland
Larissa Pohl schreibt in dieser Kolumne über den Einfluss der KI auf die Berufswelt. (© Cecil Arp, Montage: Olaf Heß)

Will man den traditionellen Blick auf Ausbildung und Karriere auf einen einfachen Nenner bringen, könnte dieser etwa so lauten: Je mehr Expertise, desto besser. Wer während der Ausbildung und in der Berufspraxis Wissen, Fähigkeiten und Erfahrungen ansammelt, steigt dadurch in den Hierarchien auf und darf sich über ein stetig steigendes Gehalt freuen. Doch nun kommt die KI ins Spiel und damit ein gewichtiger Faktor, der die Gültigkeit dieser Formel infrage stellt. 

Schon heute verändert KI die (Hochschul-)Ausbildung und Berufspraxis gerade junger Talente. An den Hochschulen gerät bisher vor allem die gängige Prüfungspraxis durch neue Täuschungsmöglichkeiten unter Druck. Es ist aber zu erwarten, dass dort auch über die zu vermittelnden Inhalte und die Art der Wissensvermittlung völlig neu nachgedacht werden muss. In der Berufspraxis wird KI vor allem Tätigkeiten unterstützen und teilweise auch ersetzen, die bisher tendenziell von Junior*innen verrichtet wurden. Daraus ergeben sich viele Fragen, für die es, Stand heute, teils nicht einmal Ansatzpunkte zu einer Lösung gibt.

Beeinflusst KI die Karriere?

Zwei Beispiele mit Blick auf die Berufspraxis möchte ich mal herausgreifen. 

Erstens: Wie verlaufen eigentlich Karrierewege künftig? Wenn jungen Mitarbeitenden in Agenturen und im Marketing durch KI sehr viele Tätigkeitsfelder entzogen werden, die früher geeignet waren, bestimmte Fähigkeiten zu entwickeln und sich darüber zu profilieren, stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage Aufstiege künftig möglich sind. Klar ist, es werden andere sein als heute. Ein Junior-Texter, der zu Beginn seiner Laufbahn kaum textet, weil die KI das übernimmt, wird ob seiner Texter-Qualitäten nicht Karriere machen können, schlicht, weil diese nicht sichtbar werden.  

Zweitens: Wie werden Arbeitsplätze mit Blick auf Entgelt und Karriereoptionen in Zukunft zu bewerten sein? Es wird Jobprofile geben, die an Bedeutung verlieren, und andere, die deutlich gewinnen oder die wir heute noch gar nicht auf dem Schirm haben. Wird dann nicht mehr der Star-Texter, sondern der Premium-Prompter den Weg an die Spitze nehmen? Und wer von beiden ist besser bezahlt? Wer stiftet künftig in der Agentur den größten Kundennutzen und hat deshalb die besten Karriereoptionen? 

Richtige Angebote für junge Talente

Letztlich ist mit all dem die Frage verbunden: Wofür wollen eigentlich Agenturen künftig im Kern bezahlt werden? Das aber ist eine eigene Kolumne wert. Ich habe nicht auf alle genannten Fragen eine Antwort. Es ist aber wichtig, sich dieser Fragen bewusst zu sein und zügig Lösungen zu erarbeiten. Ansonsten wird sich der Fachkräftemangel in Agenturen und Marketing nochmals verschärfen, wenn jungen Talenten nicht die richtigen Angebote gemacht werden. 

Larissa Pohl ist GWA-Präsidentin. Die Kolumnistin schreibt im Wechsel mit Franziska Duerl und Sandra Harzer-Kux über die Zusammenarbeit von Unternehmen und Agenturen.