„Die Marke Bodystreet ist heute stärker als vor der Corona-Krise“

Viele Fitnessstudios kämpfen ums Überleben. Die Franchise-Kette Bodystreet hingegen investiert und stellt Mitarbeiter ein. Im Interview verrät Gründer Matthias Lehner, welche Strategie dahinter steckt und wie seine Studios während der Pandemie Kundenvertrauen gewannen.
Bodystreet
Bodystreet-Gründer Lehner: "Auch für 2021 erwarten wir ein moderates Wachstum." (© Bodystreet)

Die Fitnessbranche hat eine schwere Zeit hinter sich. Ist Bodystreet als Marktführer im EMS-Training, bei dem Stromimpulse die Muskelkontraktionen verstärken, besser durch die Corona-Krise gekommen als die Konkurrenz?

MATTHIAS LEHNER: Ich denke schon. Natürlich gibt es Mitbewerber, die einen tollen Job machen, einfach weil sie gute Personal Trainer sind. Aber wir drehen mit rund tausend Mitarbeitern unserer Franchise-Partner und 40.000 Mitgliedern ein großes Rad, und deshalb haben wir etwas, was während der Pandemie besonders wichtig wurde: Standards, die die Sicherheit erhöhen. Ich glaube, dass wir als Marke stärker aus der Krise herausgekommen als hineingegangen sind.

Im Mai machten Sie Schlagzeilen mit einer Klage vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gegen den Lockdown: Die Mikrostudios von Bodystreet, so die Argumentation, könnten nicht mit traditionellen Fitnessstudios gleichgesetzt werden. Die Richter gaben Ihnen recht.

Das hat einen immensen Vertrauensschub bei den Kunden ausgelöst. Wobei wir schon immer sehr hohe Hygieneanforderungen hatten. Unsere Personal Trainer arbeiten nah am Kunden, da ist Sicherheit Pflicht. Das Equipment wird nach jedem Einsatz desinfiziert. Das ist vollkommen anders als in einer Riesenhalle, wo Dutzende unkontrolliert vor sich hin trainieren.

Wo stehen Ihre Studios heute?

Unsere Franchise-Partner haben hervorragende Arbeit geleistet. Einige haben die Umsatzdelle bereits überkompensiert. Das ist nicht so erstaunlich, weil viele Menschen während des Lockdown gemerkt haben, wie wichtig Sport und Bewegung sind. Wir haben auch Partner, die noch dabei sind, ihre Umsatzeinbußen aufzuarbeiten, aber Land am Horizont sehen. Und dann gibt es einige wenige, für die Corona ein Anlass zum Exit ist. Sie waren meist vorher schon nicht so stark ausgelastet. Insgesamt sind wir auf einem guten Weg und gehen davon aus, dass wir zum Jahreswechsel so dastehen wie ein Jahr zuvor.

Keine Zuwächse, aber auch keine Verluste?

Bei vielen unserer Franchisepartner wird das so sein. Das verdanken wir der Loyalität unserer Kunden. Wir haben sie, noch bevor es Gutschein-Lösungen in der Touristik gab, um folgendes gebeten: Ihr überweist weiterhin den monatlichen Beitrag und bekommt jede ausgefallene Trainingsstunde gutgeschrieben. Knapp 90 Prozent haben das akzeptiert. Das hat sehr geholfen.

Wie haben Sie in der Zentrale auf die Krise reagiert? Gespart?

Im Gegenteil. Für die Zukunft aufstellen, das war die Devise. Wir haben sechs zusätzliche Stellen geschaffen, etwa für den IT-Bereich und den Markteintritt in Frankreich. Vor allem aber bringen wir die Transformation vom Walk-in-Business zur digitalaffinen Firma voran.

Was bedeutet das?

Vor zehn Jahren brauchten viele unserer Franchisepartner weder Werbung noch eine Website. Sie öffneten ein Studio an der Main Street, Passanten schauten herein, alles weitere lief über Empfehlungen. Das ist nicht mehr so. Heute stehen die Leute mit dem Smartphone vor dem Laden und schauen sich auf dem Bildschirm an, was es drinnen gibt. Deshalb investieren wir 200.000 Euro in einen neuen Online-Auftritt.

War die Pandemie auch Anlass, die interne Kommunikation auf Videokonferenzen umzustellen?

Nein, da hatte ich das Glück des Dummen (lacht). Vor zwei Jahren habe ich noch gesagt, was soll so ein Blödsinn? Glücklicherweise hat sich die jüngere Generation gegen mich durchgesetzt. Wir hatten die neue Infrastruktur mit MS Teams schon Ende Februar ausgerollt, vor dem Lockdown.

Spricht für Ihre Führungskultur.

Du kannst nicht immer nur Nein sagen, sonst machen die Mitarbeiter Dienst nach Vorschrift.

Bodystreet ist in den Städten optisch sehr präsent. Half das bei der Krisenbewältigung?

Ja, sehr. Es ist interessant: Wir gelten in der Fitnessbranche als innovativ und technologiegetrieben, aber die Markenbildung wird nicht durchs Internet geprägt, sondern weil wir stationär stark sind. Das schafft Vertrauen. Wir haben in Deutschland über 250 und international über 300 Standorte, und die Leute denken zu Recht, wenn die so groß sind, kann nicht alles verkehrt bei denen sein.

Wie gestalten Sie jetzt, im Aufschwung, das Marketing?

Die Fitnessbranche hat ihre klassischen Werbezyklen: Sie startet nach den Sommerferien. Wir beginnen später, Anfang November, wenn die meisten anderen Studios ihre Budgets schon verballert haben. Dann bieten wir einen „Muskelkater auf Probe“ an: Sechs Wochen trainieren, und wenn es nicht gefällt, können die Neukunden jederzeit abbrechen.

Üblicherweise müssen sie sich für sechs bis zwölf Monate verpflichten.

Wir glauben, dass wir auf diese Weise Leute ansprechen, die ihr Radl in die Garage stellen, weil sie sagen, jetzt wird’s mir ein bissel frisch. Und auch diejenigen, die feststellen, dass das klassische Studiokonzept nichts für sie ist.

Wie setzen Sie die Kampagne um?

Als Kombination zwischen PoS-, Online- und Printwerbung. Die Studios werden mit Plakaten, Aufstellern und Flyern dekoriert, die Franchisepartner gestalten ihre Web-Präsenzen entsprechend. Die Zentrale unterstützt mit Online-Anzeigen sowie Social-Media-Aktivitäten. Darüber hinaus schalten viele Franchisenehmer lokal Inserate, online und offline. Dieser Mix funktioniert hervorragend, das zeigen die Erfahrungen der vergangenen Jahre.

Trotz Pandemie erwarten Sie in diesem Jahr ein Wachstum bei den Studios, von 307 auf 320. Wie sind die Perspektiven für 2021?

Natürlich haben während des Lockdown nicht von morgens bis abends Interessenten angerufen, die Studios eröffnen wollten. Aber es ist nicht so, dass gar nichts passiert. Auch für 2021 erwarten wir ein moderates Wachstum. Erst vergangene Woche haben wir in Düsseldorf einen Vertrag unterzeichnet. Die neue Franchisepartnerin fand, es sei genau der richtige Zeitpunkt, weil sie einen guten Mietvertrag aushandeln konnte. Außerdem sagte sie: Es war immer mein Traum, vom Angestelltendasein in die Selbständigkeit zu wechseln, irgendwann muss man es halt machen. Fand ich gut.

(mat) führte ihr erstes Interview für die absatzwirtschaft 2008 in New York. Heute lebt die freie Journalistin in Kaiserslautern. Sie hat die Kölner Journalistenschule besucht und Volkswirtschaft studiert. Mag gute Architektur und guten Wein. Denkt gern an New York zurück.